EU-Kommission will Stromkonzerne entflechten Glos wehrt sich gegen "Zwangsenteignung"
Energie soll billiger werden. Darum will die EU-Kommission die Energiekonzerne zwingen, ihre Leitungsnetze abzugeben. Gegen diese "Enteignung" wehrt sich nicht nur der deutsche Wirtschaftsminister. Am Ende könnte ein Kompromiss stehen. Ob die Preise dann aber wirklich fallen, ist fraglich.
Von Michael Becker, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
Eigentlich wollen alle dasselbe - das behaupten sie zumindest: Energie soll billiger werden, es soll mehr Wettbewerb geben und die Verbraucher sollen von all dem profitieren durch günstigere Energiepreise. Soweit so gut. Nur über den Weg wird gestritten, und zwar leidenschaftlich.
Glos will "Zwangsenteignung" verhindern
In Deutschland ist der Markt aufgeteilt zwischen den Energiemultis RWE, E.on, Vattenfall und EnBW. Sie erzeugen Energie und sie besitzen auch die Strom- und Gasnetze, um die erzeugte Energie zu verteilen. Und genau da scheiden sich die Geister: Brüssel will den Konzernen diese Netze wegnehmen, damit ihre Konkurrenten besseren Zugang bekommen - es also mehr Wettbewerb und günstigere Preise gibt. Die Bundesregierung wiederum hält davon gar nichts: "Unsere klare Position heißt, dass wir keine Zwangsenteignungen hinnehmen", sagte Wirtschaftsminister Michael Glos heute zum Auftakt der Beratungen in Luxemburg.
Ausbau der erneuerbaren Energien kostet Geld
Glos ist nur dazu bereit, den Energiekonzernen die Hoheit über die Netze wegzunehmen - sie sollen aber Eigentum der Konzerne bleiben. Er befürchtet, dass andernfalls niemand mehr in diese Netze investieren wird: "Wir haben in Deutschland ein sehr gut ausgebautes Netz und wir wollen, dass das immer wieder ertüchtigt wird – und zwar von denen, die Geld haben." Und das seien nun einmal die Eigentümer, meinte Glos.
Die Versorgungsnetze sollen im großen Stil ausgebaut werden, um Strom aus erneuerbaren Energien, also aus Wind, Sonne und Biomasse, zu verteilen. Große Windradparks, vor den Küsten beispielsweise, sollen zusätzliche, umweltfreundliche Energie liefern - die aber muss verteilt werden. "Dazu bedarf es hoher Netzinvestitionen", sagte Glos.
Keine fallenden Energiepreise in Sicht
Deutschland steht mit seinem Widerstand gegen die Brüsseler Pläne nicht alleine: auch die Franzosen wehren sich dagegen, ihren Energiekonzernen die Netze wegzunehmen, genau so wie eine handvoll anderer EU-Länder.
Allerdings: die Energiekonzerne lassen Glos im Regen stehen. E.on hat bereits angekündigt, sein Stromnetz verkaufen zu wollen, RWE will sich zumindest teilweise von seinem Gasnetz trennen. Glos will trotzdem hart bleiben – er gab sich aber optimistisch, dass man sich heute in Luxemburg einigen könne. Denkbar wäre, dass am Ende beide Varianten erlaubt werden. Niemand sollte aber glauben, dass dann sofort die Energiepreise fallen - weder mit der ganzen noch mit ein bisschen Entflechtung.