LNG-Terminals DIW sieht entspannte Lage auf dem Gasmarkt
Aus Sicht des Forschungsinstituts DIW sind die Pläne für den Ausbau von LNG-Infrastruktur überzogen. Die Experten raten, diesen nicht weiterzuverfolgen. Es sei an der Zeit, den Gasnotfallplan aufzuheben.
Zwei Jahre nach dem russischen Überfall auf die Ukraine und dem Beginn der Energiekrise hat sich aus Sicht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) die Lage auf dem Gasmarkt entspannt. Eine Gasmangellage, mit der der beschleunigte Ausbau von Flüssigerdgas-Infrastruktur seit Sommer 2022 gerechtfertigt werde, sei zu keinem Zeitpunkt eingetreten, schreiben die Experten in einer aktuellen Studie.
Der geplante Ausbau von LNG-Importkapazitäten sei in diesem Umfang nicht mehr nötig. "Der überdimensionierte LNG-Infrastrukturausbau ist nicht erforderlich, um eine potenzielle Gasmangellage zu vermeiden und sollte daher nicht weiterverfolgt werden", lautet die Einschätzung der Fachleute. Zuvor hatte die Funke Mediengruppe berichtet.
Für den Winter 2023/24 bestand demnach zu keinem Zeitpunkt die Gefahr einer Gasknappheit. Die aktuellen Füllstände der Gasspeicher in Deutschland und der EU reichten aus, um auch in möglicherweise noch sehr kalten Monaten Februar und März 2024 sowohl Deutschland als auch Osteuropa ausreichend zu versorgen.
Rückläufiger Erdgasverbrauch erwartet
Die drei bestehenden schwimmenden LNG-Terminals in Deutschland sind laut DIW nur zur Hälfte ausgelastet gewesen. Alle Terminals in Deutschland, Polen, Belgien, den Niederlanden und Italien zusammen seien zu etwa zwei Dritteln ausgelastet. Selbst bei hoher Nachfrage wegen extremer Kälte hätte demnach durch eine höhere Auslastung der Terminals und aus den Reserven in den Speichern genug Gas bezogen werden können.
Angesichts des zu erwartenden rückläufigen Erdgasverbrauchs in Deutschland und der Stabilisierung der Versorgung scheint es aus Sicht des DIW angebracht, die im LNG-Beschleunigungsgesetz angedachten Vorhaben und Standorte auf den Prüfstand zu stellen. Dabei sollte die Bundesregierung von der Entwicklung landseitiger LNG-Terminals absehen und die schwimmenden Regasifizierungsanlagen neu bewerten.
"Zwei bis drei temporäre Terminals könne man nutzen, um die Versorgungssicherheit zu sichern, sagte DIW-Expertin Claudia Kemfert gegenüber der Funke Mediengruppe. "Aber jetzt werden dauerhafte Terminals gebaut. Das halten wir für völlig überdimensioniert, und andere Analysen bestätigen das."
"Gasnotfallplan aufheben"
Mit Blick auf den umstrittenen geplanten Standort Mukran auf Rügen schreiben die Experten, es bestünden keine strukturellen Netzengpässe, die ein Terminal auf Rügen rechtfertigten. Der Aufbau von Importinfrastrukturen dort sei weder notwendig noch kosteneffizient.
Kemfert fordert angesichts der Versorgungslage ein Ende der Alarmstufe des Notfallplans Gas, die die Bundesregierung im Sommer 2022 ausgerufen hatte. "Eine Gasmangellage liegt nicht vor und ist auch nicht absehbar", sagte sie den Funke-Zeitungen. "Es ist an der Zeit, den Gasnotfallplan aufzuheben."
"Zwei bis drei temporäre Terminals könne man nutzen, um die Versorgungssicherheit zu sichern, so Kemfert. "Aber jetzt werden dauerhafte Terminals gebaut. Das halten wir für völlig überdimensioniert, und andere Analysen bestätigen das."
Auch Biden stoppt LNG-Ausbau
Ende Januar hatte US-Präsident Joe Biden angeordnet, Bauprojekte für neue LNG-Terminals in den USA vorerst zu stoppen. Zur Begründung verwies er allerdings auf den Klimawandel und die möglichen Auswirkungen fossiler Brennstoffe auf die Umwelt. Das aus den USA nach Deutschland gelieferte LNG wird zu einem großen Teil durch die umstrittene Fracking-Methode gewonnen.
Die aktuell gute Versorgungssituation Deutschlands mit Gas lasse vermuten, dass durch das US-amerikanische Moratorium kurzfristig keine gravierenden Auswirkungen auf den deutschen Gasmarkt zu erwarten seien, heißt es dazu vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW).
BDEW-Angaben zufolge stammten 2023 durchschnittlich 6,4 Prozent des in Deutschland verbrauchten Gases aus LNG-Lieferungen über die neuen inländischen Terminals. Rund 80 Prozent davon hätten die USA geliefert. Der Hauptteil des deutschen Gasverbrauchs sei im vergangenen Jahr durch norwegisches Pipeline-Gas gedeckt worden mit einem Anteil von 36 Prozent.