Griechenland will zurück an Kapitalmarkt Tsipras schickt Optimismus nach Brüssel
Griechenland kehrt 2017 an den Kapitalmarkt zurück, sagt Regierungschef Tsipras. Die Krisenjahre sollen bald vorbei sein. Tsipras deutete auch an, wie das gehen soll. In Brüssel wollte man sich von der Euphorie in Athen nicht anstecken lassen.
Das hochverschuldete Griechenland will sich ab dem kommenden Jahr wieder Geld auf dem freien Kapitalmarkt beschaffen. "Wir werden 2017 auf die Märkte zurückkommen", kündigte Ministerpräsident Alexis Tsipras in der Wochenzeitung "Realnews" an. Einen Schuldenschnitt als Lösung nannte er nicht. "Es gibt technische Lösungen, die zu einer substanziellen Reduzierung der Schulden führen", sagte Tsipras. Er denke an eine Verlängerung der Zahlungsfristen.
Vor rund einem halben Jahr hatte der griechische Finanzminister Euklid Tsakalotos schon einmal von einer Rückkehr seines Landes an den freien Kapitalmarkt gesprochen. Damals hatte er gesagt, er peile für diesen Schritt die zweite Jahreshälfte 2016 an.
Brüsseler Sachlichkeit
EU-Vizekommissionspräsident Valdis Dombrovskis dämpfte denn auch die Athener Erwartungen. Die Eurogruppe werde bei ihrer nächsten Tagung am 24. Mai weder über mittel- noch über langfristige Maßnahmen zur Reduzierung der griechischen Schulden entscheiden, sagte er der Athener Zeitung "Kathimerini".
Die Euro-Finanzminister hatten vor wenigen Tagen verabredet, möglichst noch im Mai den Weg für die Auszahlung weiterer Milliardenhilfen aus dem dritten Hilfspaket freizumachen. Zuvor hatte das Parlament in Athen für neue Sparmaßnahmen gestimmt, darunter Rentenkürzungen und Einkommenssteuererhöhungen von 3,6 Milliarden Euro. Dombrovskis kritisierte die Entscheidung der griechischen Regierung, die Steuern zu erhöhen anstatt die Ausgaben zu kürzen, wie es die EU-Kommission vorgeschlagen habe.
Athen erwartet bis zu zwölf Milliarden Euro
Er gehe davon aus, dass nach einer Einigung mit den Gläubigern neun bis zwölf Milliarden Euro nach Athen fließen könnten", sagte Vizeregierungschef Giannis Dragasakis der Athener Zeitung "Naftemporiki". Ein großer Teil davon werde die griechische Wirtschaft beleben.
In Brüssel wird ebenfalls von einer neuen Auszahlung in der Größenordnung von neun bis zwölf Milliarden Euro gesprochen. Beim Treffen der Eurogruppe am 24. Mai soll es aber neben Spar- und Reformauflagen auch eine Vereinbarung zu Schuldenerleichterungen geben. Das ist ein kompliziertes Thema: Denn der Internationale Währungsfonds (IWF), der bisher nicht beim dritten Griechenland-Hilfspaket mitzieht, fordert dem Vernehmen nach mehr Klarheit beim skizzierten Weg der Europäer. Sie schlagen für die Zeit nach 2018 - dann endet das Hilfsprogramm - unter anderem längere Rückzahlungsfristen für Hilfskredite vor. Ein Schuldenschnitt, bei dem Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten müssten, ist hingegen tabu.
Athen will "automatische Schuldenbremse"
In Athen soll nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur bereits Ende kommender Woche der dritte Teil eines harten Sparmaßnahmenbündels dem Parlament zur Billigung vorgelegt werden. Es geht um indirekte Steuern in Höhe von 1,8 Milliarden Euro. Zudem soll kommende Woche eine "automatische Schuldenbremse" gebilligt werden. Falls der Haushalt von den gesetzten Zielen abweicht, sollen dann automatisch und ohne weitere Verhandlungen Kürzungen von Renten und Löhnen sowie Einsparungen im staatlichen Bereich in Kraft treten. Genaue Details würden zurzeit mit den Gläubigern abgestimmt. Die Billigung dieser Gesetze durchs Parlament sind Voraussetzung für weitere Hilfen für Griechenland.
Drei Rettungspakete
Europäische Zentralbank (EZB), EU-Kommission und Internationaler Währungsfonds (IWF) bewahrten Griechenland mit insgesamt drei Rettungspaketen im Gesamtvolumen vor mehreren hundert Milliarden Euro vor dem Staatsbankrott. Dafür musste sich das Land aber unter anderem zu einschneidenden Sozial-Reformen, Ausgabenkürzungen und Steueranhebungen verpflichten. Sollte sich Griechenland wieder am freien Markt finanzieren, müsste es dafür keine solche Verpflichtungen eingehen. In den vergangenen Jahren konnte Griechenland diesen Weg aber nicht gehen, weil Investoren am freien Kapitalmarkt wegen des hohen Ausfall-Risikos bei Griechenland so hohe Zinsen für länger laufende Anleihen verlangt hätten, dass dies für die Regierung in Athen wirtschaftlich nicht tragfähig gewesen wäre.