Apple und Amazon Maue Nachfrage und hohe Kosten belasten US-Techriesen
Hohe Investitionen und maue Nachfrage bei Amazon, schwache iPhone-Einnahmen und regulatorischer Druck bei Apple: Die US-Techriesen haben die Investoren enttäuscht. Das hat Folgen für den Gesamtmarkt.
Getrübte Aussichten hier, steigende Kosten für Künstliche Intelligenz (KI) dort: Mit ihren aktuellen Quartalsergebnissen sorgen die großen US-Technologiekonzerne weltweit für Enttäuschung. Amazon und Apple konnten mit ihren gestern veröffentlichten Zahlen die hochgesteckten Markterwartungen nicht erfüllen. Bei Intel hellte selbst ein zehn Milliarden US-Dollar schweres Sparprogramm die Stimmung der Investoren nicht auf, da es als Verzweiflungstat betrachtet wurde.
Kurseinbruch bei Tech-Werten macht Börsen zu schaffen
Die Intel-Aktien rauschten im vorbörslichen Handel an der Wall Street zeitweise um 20 Prozent ab, so stark wie zuletzt vor 24 Jahren. Während die Amazon-Papiere um mehr als elf Prozent nachgaben, drehten auch die Apple-Aktien nach anfänglichen Gewinnen gestern Abend schnell ins Minus. Die Nachrichten der US-Konzerne zogen den gesamten Technologie-Sektor nach unten.
Am deutschen Markt verloren Infineon und Aixtron heute zwischen zwei und drei Prozent. Für Süss Microtec ging es um mehr als acht Prozent bergab. Der europäische Technologiesektor fiel auf den tiefsten Stand seit Januar zurück und lag zuletzt mit vier Prozent im Minus. Neben den Halbleiterwerten waren auch die Leitindizes wie DAX und EuroStoxx50 betroffen. Der japanische Nikkei-Index verzeichnete den größten Tagesverlust seit März 2020.
Dabei seien die gemeldeten Zahlen "unter dem Strich nicht schlecht", sagte Stratege Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets. "Aber wenn immer noch hohe Erwartungen auf nervöse Anleger treffen, reicht schon das berühmte Haar in der Suppe, um Verkaufsdruck aufkommen zu lassen." Die enttäuschenden Berichte trafen jedoch auf eine ohnehin schlechte Stimmung am Aktienmarkt, getrübt durch wieder aufgeflammte Rezessionsängste.
Amazons Cloud-Wachstum hat seinen Preis
Der Lichtblick der Amazon-Bilanz war derweil das auf 19 Prozent beschleunigte Wachstum der Cloud-Sparte Amazon Web Services (AWS). Allerdings seien hier steigende Investitionen zu erwarten, da der KI-Boom den Bedarf an Rechenzentren in die Höhe treibe, gab Analyst Rohit Kulkarni von der Investmentbank Roth zu bedenken.
Er rechne für das laufende Jahr mit konzernweiten Investitionen von 65 Milliarden US-Dollar, von denen 44 Milliarden US-Dollar an AWS flössen. Außerdem wolle Amazon gegen Jahresende Hunderte Kleinsatelliten in eine Umlaufbahn schießen, um dem Internetdienst Starlink von Elon Musk Konkurrenz zu machen.
Trotz des starken Cloud-Geschäfts lieferte Amazon einen verhaltenen Ausblick auf das laufende Quartal und stellte einen Konzernumsatz von 154 bis 158,5 Milliarden US-Dollar in Aussicht. Die verschärfte Preissensibilität seiner Kunden macht dem weltgrößten Online-Händler weiter zu schaffen. Verbraucherinnen und Verbraucher achteten auf das Preis-Leistungs-Verhältnis und entschieden sich häufiger für günstigere Artikel anstelle von Markenprodukten, erklärte Konzernchef Andy Jassy. Dieser Trend dürfte auch in den kommenden Monaten anhalten.
Der konservative Quartalsausblick und die anhaltende Konsumschwäche dürften Pessimisten in der Annahme bestätigen, dass Amazon noch mehr Rabatte gewähren muss, um überhaupt Kunden anzulocken, schrieb RBC-Analyst Brad Erickson. Allerdings habe das Management betont, dass sich die Situation nicht verschlechtert habe, sondern das Preisniveau seit vergangenem Jahr niedrig sei. Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst des Online-Brokers CMC Markets, wies zudem auf den wachsenden Konkurrenzdruck im Cloud-Geschäft hin, was Bedenken hinsichtlich der Wachstumsaussichten von AWS aufwerfe.
Apple gut, aber nicht gut genug
Der Wermutstropfen bei den insgesamt leicht über den Erwartungen ausgefallenen Apple-Zahlen war der erneute Rückgang der iPhone-Einnahmen um ein knappes Prozent auf 39,3 Milliarden US-Dollar. In China, dem drittwichtigsten Absatzmarkt des US-Konzerns, fiel das Minus wegen einer erstarkten lokalen Konkurrenz mit 6,5 Prozent fast dreimal so hoch aus wie gedacht. Er gehe aber davon aus, dass die angekündigte KI-Offensive zahlreiche Nutzer dazu bewegen werde, auf neuere Geräte umzusteigen, um diese Funktionen nutzen zu können, kommentierte Analyst Thiago Alves Kapulskis von der Bank Itau BBA.
Unabhängig davon bereitet der hohe regulatorische Druck in der Europäischen Union einigen Anlegerinnen und Anlegern Kopfzerbrechen. Wegen des Digital Markets Act (DMA) musste Apple bereits seine Bezahl-Technologie für Drittanbieter öffnen, um eine milliardenschwere Strafe abzuwenden. Außerdem könnten gesetzliche Auflagen die Einführung von KI-Funktionen in Europa verzögern.
Der Star des Quartals in Apples Produktpalette war indes das iPad - nachdem der Konzern ein neues leistungsstarkes Pro-Modell und eine Neuauflage des iPad Air auf den Markt gebracht hatte. Der Umsatz mit dem Tablet sprang im Jahresvergleich um fast ein Viertel auf 7,16 Milliarden US-Dollar hoch. Analysten hatten im Schnitt eine halbe Milliarde US-Dollar weniger erwartet. Auch die Mac-Computer waren ein Lichtblick mit einem Zuwachs von 2,4 Prozent auf gut sieben Milliarden US-Dollar Umsatz. Apple betont dabei, dass es noch einen großen Markt zu erschließen gebe: Sowohl beim iPad als auch beim Mac habe mehr als die Hälfte der Käufer zum ersten Mal eines der Geräte erworben.