Tarifkonflikt bei der Bahn Die Signale stehen auf Streik
Die Lokführergewerkschaft GDL hat vor Gericht einen Etappensieg errungen: Sie darf streiken. Die Bahn will zwar in Berufung gehen, doch laufen alle Vorbereitungen für den bislang längsten Ausstand. Für Bahnreisende dürften es stressige Tage werden.
Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) darf den Schienenverkehr in Deutschland bestreiken. Versuche der Bahn und des ebenfalls betroffenen Wettbewerbers Transdev, den Ausstand juristisch stoppen zu lassen, scheiterten am Montagabend vorerst vor dem Arbeitsgericht Frankfurt. Die Bahn kündigte an, in Berufung zu gehen und das Urteil in der zweiten Instanz vom Hessischen Landesarbeitsgericht (LAG) überprüfen zu lassen.
Wie das LAG Hessen mitteilte, soll am späten Nachmittag über den Eilantrag beraten werden. Die Berufungsverhandlung werde um 17 Uhr beginnen, erklärte das Gericht. Ungeachtet der juristischen Auseinandersetzung laufen die Vorbereitungen für den Streik, der heute Abend kurz nach Verhandlungsbeginn ab 18 Uhr im Güterverkehr starten soll.
Ab Mittwochfrüh um 2 Uhr will die Gewerkschaft dann auch den Personenverkehr der Deutschen Bahn und weiterer Bahnunternehmen weitgehend lahmlegen. Der Ausstand soll laut GDL voraussichtlich bis Freitagabend um 18 Uhr andauern, bis dahin ist mit massiven Beeinträchtigungen des Bahnverkehrs zu rechnen.
Bahn reagiert mit Ersatzfahrplan
Die Bahn kündigte für Mittwoch bis Freitag einen Ersatzfahrplan mit stark eingeschränktem Angebot an. "Für diese Fahrten setzt die DB längere Züge mit mehr Sitzplätzen ein, um möglichst viele Menschen an ihr Ziel bringen zu können. Dennoch kann eine Mitfahrt nicht garantiert werden", teilte das Unternehmen mit. Nach Einschätzung der Bahn trifft der Lokführerstreik Millionen Kundinnen und Kunden.
Bei den GDL-Warnstreiks im vergangenen Jahr musste die Bahn jeweils rund 80 Prozent des Fernverkehrsangebotes streichen. In manchen Bundesländern fuhr so gut wie kein Zug mehr. Sofern sich die Streikbeteiligung nicht grundlegend unterscheidet, sind nun ähnliche Auswirkungen zu erwarten.
Fahrgäste seien gebeten, während des Streiks auf nicht unbedingt notwendige Bahnreisen zu verzichten oder die Reise zu verschieben. Es werde deutschlandweit große Unterschiede geben, wie viele Züge im Regionalverkehr fahren könnten. "Auch im Schienengüterverkehr wird es zu massiven Einschränkungen für Industrie und Wirtschaft kommen", hieß es in der Mitteilung.
Landesarbeitsgericht Hessen berät kurz vor Streikbeginn
Wie das Landesarbeitsgericht Hessen bekannt gab, will berät am späten Dienstagnachmittag kurz vor Streikbeginn in zweiter Instanz über den Eilantrag der Deutschen Bahn gegen den Arbeitskampf der Lokführergewerkschaft GDL. Die Berufungsverhandlung werde um 17.00 Uhr beginnen, erklärte das Frankfurter Gericht. Der Streik beginnt planmäßig um 18.00 Uhr im Güterverkehr, der Personenverkehr soll ab Mittwochfrüh um 02.00 Uhr bestreikt werden.
Keine Einigung im Tarifstreit in Sicht
Vorbehaltlich der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist es der dritte und bisher längste Arbeitskampf im laufenden Tarifkonflikt. Seit Anfang November streitet die GDL mit der Bahn und weiteren Unternehmen um mehr Geld. Die Verhandlungen mit der Bahn hat die Gewerkschaft bereits für gescheitert erklärt. Zwei Mal kam es dabei bisher zu Warnstreiks von maximal 24 Stunden. Im Dezember stimmten die Gewerkschaftsmitglieder per Urabstimmung unbefristeten Streiks zu.
Die Bahn hatte am Freitag ein neues Angebot vorgelegt und erklärt, Streiks damit verhindern zu wollen. Die GDL lehnte das Angebot als substanzlos ab. "Dieser Streik ist nicht nur absolut überflüssig, sondern wir halten ihn auch rechtlich für nicht zulässig" sagte Bahn-Personalvorstand Martin Seiler.
Streitpunkt: Arbeitszeitverkürzung
Größter Streitpunkt im andauernden Tarifkonflikt ist die von der Gewerkschaft geforderte Arbeitszeitverkürzung von 38 auf 35 Stunden pro Woche für Schichtarbeiter bei vollem Lohnausgleich. Die Bahn hält diese Forderung für unerfüllbar. Sie ist lediglich bereit, mit der Gewerkschaft über die Ausweitung bereits bestehender Arbeitszeit-Wahlmodelle zu reden. Dazu verlangt die GDL 555 Euro mehr im Monat sowie eine Inflationsausgleichsprämie von 3.000 Euro.
Die Deutsche Bahn forderte in ihrer Pressemitteilung die GDL auf, den Streik abzusagen und stattdessen den von der DB vorgeschlagenen Verhandlungstermin am 10. Januar wahrzunehmen. "Lösungen kann es nur am Verhandlungstisch geben", sagte Bahn-Personalvorstand Seiler.