Neues Betriebsmodell geplant Bayer streicht zahlreiche Stellen in Deutschland
Der Umbau von Bayer unter dem neuen Konzernchef Bill Anderson wird wie erwartet viele Mitarbeiter den Job kosten. Bis Ende 2025 soll der Personalabbau beim Pharma- und Agrarkonzern abgeschlossen sein.
Der Bayer-Chef Bill Anderson treibt seine Pläne für eine neue Organisationsstruktur des Leverkusener Pharma- und Agrarkonzerns voran. Im Zuge der geplanten Verschlankung der Verwaltung und der angestrebten Beschleunigung von Entscheidungsprozessen dürfte es zu einem erheblichen Personalabbau in den Konzerngesellschaften in Deutschland kommen, teilte das Unternehmen mit.
Konzernvorstand und Arbeitnehmervertretung im Aufsichtsrat hätten sich auf Grundsätze für die Zukunft von Bayer verständigt. "Unser neues Betriebsmodell soll Bayer schneller und innovativer machen. Seine Einführung wird jedoch zulasten vieler Führungskräfte gehen", erklärte Barbara Gansewendt, Vorsitzende des Konzernsprecherausschusses.
Mehr als 22.000 Bayer-Mitarbeiter in Deutschland
Die allgemeine Beschäftigungssicherung, die die Angestellten in Deutschland vor betriebsbedingten Kündigungen schützt, wurde nur um ein weiteres Jahr bis Ende 2026 verlängert. Mit Abfindungen und Unterstützungsmaßnahmen will Bayer aber schneller zum Ziel kommen. "Der Stellenabbau soll in den kommenden Monaten zügig umgesetzt werden und spätestens Ende 2025 abgeschlossen sein", hieß es.
Bayer beschäftigt hierzulande rund 22.200 Mitarbeiter, weltweit waren es Ende September knapp 100.900. Betriebsbedingte Kündigungen gab es in den vergangenen 27 Jahren bei dem Aspirin-Hersteller nicht. Wie viele Beschäftigte nun genau betroffen sein werden, ist unklar, auch wie viel das Abfindungsprogramm kosten wird.
"Um die Leistungsfähigkeit unserer Organisation und unseren Handlungsspielraum schnell und nachhaltig zu verbessern, sind jetzt einschneidende Maßnahmen notwendig. Wir wollen Bayer zügig wieder in die Erfolgsspur bringen", erklärte Heike Prinz, Vorstandsmitglied und Arbeitsdirektorin von Bayer.
Anderson will "radikale Neuausrichtung"
Der Schritt kommt nicht unbedingt überraschend. Konzernchef Anderson, der das Unternehmen seit Juni 2023 führt, ist ein bekennender Anhänger einer schlanken Unternehmensverwaltung. Bereits zum Start seiner Tätigkeit im Vorstand im April 2023 hatte er vor Journalisten seine Vorstellungen erläutert und dabei auch das Managementbuch "Humanocracy" gelobt. Darin geht es darum, Mitarbeitern möglichst viele Freiheiten, aber auch Verantwortung zu geben, ohne Gängelei durch überbordende Managementebenen.
Im November hatte Anderson schließlich gesagt, dass Bayer eine "radikale Neuausrichtung" bevorsteht. Mehrere Führungsebenen sollten danach gestrichen und Koordinationsprozesse vereinfacht werden. Zwölf Ebenen zwischen ihm und den Kunden sei "einfach zu viel", hatte der US-Amerikaner moniert und angedeutet, dass sich die Belegschaft erheblich verringern werde.
Der Betriebsrat von Bayer steht hinter der neuen Struktur, das Anderson "Dynamic Shared Ownership" nennt. "Wir sehen mit dem neuen Betriebsmodell eine große Chance, unsere wirtschaftliche Situation deutlich zu verbessern", sagte Heike Hausfeld, Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats. "In der angespannten wirtschaftlichen Lage des Unternehmens reichen die bereits laufenden Programme und Maßnahmen nicht aus, weshalb wir schweren Herzens weiteren Einschnitten zugestimmt haben."
Zahlreiche Probleme bei Bayer
Die Arbeitnehmervertretung setze sich "energisch" für den Fortbestand des Konzerns mit allen seinen drei Divisionen ein, so Hausfeld weiter. Der Stellenabbau solle so sozialverträglich wie möglich gestaltet werden. Weitere Einzelheiten zum Konzernumbau will Bayer am 5. März bei seinem Kapitalmarkttag bekanntgeben. Angesichts zahlreicher Probleme ist auch eine Aufspaltung nicht mehr ausgeschlossen.
Bayer steht aktuell unter Druck. Im Pharmageschäft fehlen noch große Blockbuster, die - wegen nach und nach auslaufender Patente - wegbrechende Erlöse mit den Milliardenmedikamenten Eylea und Xarelto vollständig kompensieren können. Das Agrargeschäft leidet unter schwachen Preisen für den Unkrautvernichter Glyphosat und Milliardenkosten für die US-Rechtsstreitigkeiten rund um angebliche Krebsrisiken glyphosathaltiger Mittel.
Ende des vergangenen Jahres kam zudem noch ein herber Flop in einer klinischen Studie mit Bayers größtem Pharma-Hoffnungsträger, dem Gerinnungshemmer Asundexian, hinzu. Das Medikament galt als eines der wichtigsten, das der Konzern entwickelt hat, erwies sich aber als weniger wirksam als erhofft.