United-Airlines-Maschine Boeing-Jet verliert Rad beim Start
Eine Boeing 777 der Fluggesellschaft United Airlines hat beim Start in San Francisco ein Rad verloren. Wegen des Beinahe-Unfalls mit einer Maschine des Typs 737-9 MAX steht Boeing unter verschärfter Beobachtung.
Der Flugzeugbauer Boeing muss sich mit der nächsten Panne, die eine seiner Maschinen betrifft, auseinandersetzen: Eine Boeing 777 der Fluggesellschaft United Airlines verlor gestern beim Start in San Francisco ein Rad. Die Maschine hatte rund 250 Menschen an Bord und sollte nach Japan fliegen. Sie landete wenig später am Donnerstag (Ortszeit) problemlos in Los Angeles.
United betonte, dass Passagierflugzeuge darauf ausgelegt seien, mit fehlenden oder beschädigten Reifen zu landen. Eine Boeing 777 hat auf jeder Seite unter den Tragflächen jeweils sechs Räder. Am Boden beschädigte das abgerissene Rad mehrere Autos auf einem Parkplatz neben dem Flughafen, wie auf TV-Bildern zu sehen war. United teilte mit, das Unternehmen werde Kontakt zu den Besitzern aufnehmen und sich darum kümmern.
Probleme mit Reifen und Rädern gibt es allerdings immer wieder mal bei Flugzeugen verschiedener Hersteller und Airlines. So verlor im Januar eine Boeing 757 ein Rad kurz vor dem Start in Atlanta, und im Februar musste ein Airbus A319 in Brasilien mit einem fehlenden Rad landen.
Boeings Qualitätsmanagement wirft Fragen auf
Boeing steht aktuell jedoch verstärkt im Blickfeld, nachdem Anfang Januar eine so gut wie neue Maschine des Typs 737-9 Max im Steigflug nach dem Start ein Rumpfteil verlor. Die US-Unfallermittlungsbehörde NTSB geht nach ersten Untersuchungen davon aus, dass an dem herausgerissenen Rumpf-Fragment vier Befestigungsbolzen fehlten.
Die jüngste Kritik der NTSB wirft derweil neue Fragen zum Qualitätsmanagement bei Boeing auf. Die Untersuchungsbehörde versuche seit Wochen vergeblich, Unterlagen zu den Arbeiten an dem Rumpfteil zu bekommen, das Anfang Januar bei einem Flug herausriss, sagte ihre Chefin Jennifer Homendy bei einer Anhörung am vergangenen Mittwoch. "Entweder es gibt sie, und wir haben sie nicht, oder sie existieren gar nicht", betonte sie. In beiden Fällen drängten sich Fragen auf.
Von Boeing hieß es dazu lediglich, wenn die Arbeit "nicht dokumentiert worden wäre, gäbe es auch keine Unterlagen, die man teilen könnte". Ein Sprecher ließ unter Verweis auf die laufende NTSB-Untersuchung die Frage unbeantwortet, ob Boeing nun Aufzeichnungen zu den Arbeitsschritten habe oder nicht.
Wie wird im Werk in Renton gearbeitet?
Erste Ermittlungen zeigten, dass im Werk in Renton an dem fraglichen Teil gearbeitet worden sei. Die NTSB komme aber nicht an Details heran, beklagte sich Homendy in der Anhörung. "Wir denken, dass wir wissen, an welchen Tagen die Arbeit durchgeführt wurde" - aber nur, weil die Ermittler Informationen aus Bildern und E-Mails "zusammengepuzzelt" hätten.
Auch wisse die Behörde zwar, dass es in Renton ein Team aus 25 Leuten mit einem eigenen Manager gebe, das für Türen zuständig sei. Doch der Manager sei krankgeschrieben und man habe von Boeing nicht die Namen der 25 Mitarbeiter bekommen, um sie zu befragen.
"Es ist absurd, dass wir das nach zwei Monaten nicht haben", kritisierte Homendy. "Wir haben nun nach einer jüngsten Nachfrage die volle Liste der Personen in dem für Türen zuständigen Team zur Verfügung gestellt", teilte ein Sprecher wenige Stunden nach der Anhörung mit.
Boeing überarbeitet Prämiensystem
Boeing will laut einem Bericht des "Wall Street Journal" (WSJ) die Kriterien für die Auszahlung von Mitarbeiterprämien überarbeiten. Wie die Zeitung gestern berichtete, sollen Qualität und Sicherheit stärker in den Vordergrund rücken. Das Blatt berief sich auf ein Memo an die Mitarbeiter. Der Plan wird WSJ zufolge für die nicht gewerkschaftlich organisierte Belegschaft von Boeing mit mehr als 100.000 Mitarbeitern, Managern und Führungskräften gelten.
Die größte Veränderung soll es danach in der größten kommerziellen Einheit des Unternehmens geben, wo Sicherheits- und Qualitätskennzahlen nun 60 Prozent der jährlichen Boni ausmachen werden. Zu den Kriterien, nach denen sich die Prämien richten, gehören der Zeitung zufolge die Sicherheit der Mitarbeiter, Arbeiten am Fließband und so genannte Nacharbeiten, die zur Behebung von Problemen erforderlich sind.
In den beiden anderen Geschäftsbereichen von Boeing, Verteidigung und Dienstleistungen, werden 75 Prozent der Prämien nach wie vor anhand von Finanzkennzahlen ermittelt. Boeing reagierte nicht sofort auf eine Anfrage von Reuters nach einem Kommentar.