Hauptversammlung der Deutschen Bank Aktionäre kritisieren Postbank-Debakel
Aktionäre der Deutschen Bank haben lautstarke Kritik an der Führungspitze des Konzerns geäußert. Die Bank habe mit den IT-Problemen bei der Postbank viele Kunden verärgert. Das Vorgehen sei eine "Blamage".
Auf der Hauptversammlung der Deutschen Bank hat es heftige Kritik am Management gegeben wegen der massiven Probleme mit dem Service der Tochter Postbank. "Die Probleme bei der IT-Migration der Postbank sind eine Blamage. Eine Bank darf ihre Kunden nicht so im Regen stehen lassen, wie das bei der Postbank geschehen ist", sagte Fondsmanagerin Alexandra Annecke von Union Investment bei dem virtuellen Aktionärstreffen.
Deka-Vertreter Andreas Thomae bilanzierte, in der Privatkundenbank habe es im vergangenen Jahr "lichterloh gebrannt": "Die vielen Kundenbeschwerden im Zuge der Postbank-Integration haben Sie nicht nur Geld, sondern auch Reputation gekostet."
"Qualitätsanspruch nicht gerecht geworden"
Die Übertragung des Kundengeschäfts der Postbank auf die Computersysteme der Deutschen Bank hatte im vergangenen Jahr zu erheblichen Problemen geführt. Kundinnen und Kunden konnten zeitweise nicht auf ihre Konten zugreifen, Baufinanzierungen verzögerten sich. Menschen mit Pfändungsschutzkonten kamen vorübergehend nicht an dringend benötigtes Geld.
Weil sich die Probleme häuften, schickte die Finanzaufsicht Bafin einen Sonderbeauftragten. Sowohl Aufsichtsratschef Alexander Wynaendts als auch Konzernchef Christian Sewing bekräftigten in ihren bereits vorab veröffentlichten Reden zur Hauptversammlung, die Bank sei in diesem Fall ihrem Qualitätsanspruch nicht gerecht geworden und habe Kunden enttäuscht. Klar sei, dass die Bank "noch mehr Arbeit" vor sich habe, um ihren "Kundenservice weiter zu verbessern", so Sewing.
Erst jüngst war bekannt geworden, dass dem Finanzkonzern nun doch eine Milliarden-Nachzahlung an die ehemaligen Aktionäre ihrer Tochter droht. Die Deutsche Bank kündigte Rückstellungen von 1,3 Milliarden Euro an. "Diese Nachricht traf uns wie ein Donnerschlag", sagte Andreas Thomae von der Deka Investment auf der Hauptversammlung. "Damit ist wieder Vertrauen zerstört worden, was sich die Deutsche Bank nicht leisten kann."
Höhen und Tiefen der Deutschen Bank
An der Börse hingegen steht die Deutsche Bank seit einiger Zeit wieder gut da. Binnen zwölf Monaten ging es für die Aktie der Deutschen Bank um mehr als 60 Prozent bergauf. Aktionärsvertreter heben hervor, dass die Bank damit besser abgeschnitten habe als der Bankensektor insgesamt. Der Konzern will die Dividende nun kontinuierlich anheben.
Das größte deutsche Bankhaus ist seit der Gründung des DAX im Jahr 1988 im Leitindex vertreten. In dieser Zeit erlebte die Deutsche Bank Höhen, aber auch einige Tiefen. Nach der Finanzkrise reihte sich Skandal an Skandal: von Zinsmanipulationen bis hin zu Geldwäsche. Fünf Jahre in Folge, von 2015 bis 2019, machte der Konzern teilweise horrende Verluste.
Diese Zeiten aber seien vorbei, sagte Vorstandschef Sewing auf der heutigen Hauptversammlung der Deutschen Bank: "Wir mussten unsere Bank erst stabilisieren und dann neu aufstellen, um sie wieder auf die Kunden auszurichten. Wir mussten sie transformieren, um wieder profitabel zu wirtschaften. Das haben wir geschafft."
Zuletzt mit Milliardengewinn
Zuletzt liefen die Geschäfte so gut wie lange nicht. Die Deutsche Bank weist für 2023 einen Vorsteuergewinn von 5,7 Milliarden Euro aus. Es ist das beste Ergebnis seit 16 Jahren.
Anlegerschützer Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) sieht die Bank in allen Bereichen stabil. Der Konzern verdiene Geld: "Die Frage, die man stellen muss, ist: Wird sie dazu auch in der Lage sein, wenn die Zinsen jetzt möglicherweise peu á peu zurückgehen?" Im Moment aber, so Nieding, stehe die Bank gut da.
Von den besten Zeiten ist der Aktienkurs allerdings noch immer weit entfernt. Wer schon vor der Finanzkrise, etwa im Jahr 2007, Papiere der Deutschen Bank gekauft hat, sitzt weiterhin auf einem großen Verlust. Die Vergangenheit habe Bremsspuren hinterlassen, so Anlegerschützer Klaus Nieding: "nicht nur in der Bilanz - sondern auch im Aktienkurs".
Rückstand im europäischen Vergleich
Eines hat sich in den vergangenen Jahren nicht verändert - die Deutsche Bank gehört weiterhin nicht zu den ganz großen Playern im europäischen Bankengeschäft. Die britische HSBC, BNP Paribas aus Frankreich aber auch die Schweizer UBS haben die Nase deutlich vorn, wenn es um die Bilanzsumme oder die Marktkapitalisierung geht.
Im heimischen Markt konkurriert also die Deutsche Bank weiterhin vor allem mit der deutschen Nummer zwei - der Commerzbank. Können die Banken langfristig an die größten europäischen Geldhäuser herankommen? DSW-Anwalt Klaus Nieding betont, es komme darauf an, ob die Banken weiterhin eigenständig agieren: "Oder, wie beispielsweise im Fall der Commerzbank auch immer wieder gefragt wird, ob es nicht vielleicht eine europäische Fusion gibt."
Mit Material von Sebastian Schreiber, ARD-Finanzredaktion.