Azubis im Handwerk Energiewende macht "Klimaberufe" attraktiv
Für die Energiewende werden Hunderttausende neue Fachkräfte gebraucht. Und Handwerksbetriebe brauchen Ideen, um junge Menschen für eine Ausbildung zu begeistern. Die Aussichten in den "Klimaberufen" waren nie besser.
Luke Wübbe aus Hennef wollte eigentlich Bundespolizist werden. Jetzt macht der 17-Jährige eine Ausbildung zum Dachdecker und montiert unter anderem Photovoltaikanlagen. Denn hier ist die Nachfrage gerade riesig. Den Auszubildenden macht es stolz, in einem "Klimaberuf" zu arbeiten. Aber er weiß auch, dass sich diese Botschaft nicht von alleine verbreitet. "Vom Handwerk kommt leider viel zu wenig Werbung, also von den Betrieben selber. Und das, was kommt, hat mich damals einfach nicht angesprochen - weil es oft veraltete Klischees des Handwerks zeigt", sagt Wübbe.
Dabei ist das Handwerk gerade mehr als zukunftsfähig. Denn durch die geplante Energiewende werden klassische Handwerksberufe plötzlich zu "Klimaberufen": Elektriker, Mechatronikerinnen, Installateure - und eben auch Dachdecker. Eine Studie im Auftrag der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen ergab, dass bis zum Jahr 2030 etwa 440.000 zusätzliche Fachkräfte benötigt werden, um die Energieziele der Bundesregierung zu erreichen. Solar- und Windanlagen müssen gebaut und gewartet, Elektroautos fachkundig repariert und Gebäude klimafreundlich saniert werden.
Weniger Azubis, mehr Hochschulabsolventen
Aber der Trend in Deutschland geht längst in Richtung höherer Bildungsabschlüsse, während gleichzeitig die Zahl der Auszubildenden seit Jahren sinkt. Laut dem Bundesinstitut für Berufsbildung gab es 2010 noch 1,51 Millionen Auszubildende in Deutschland - 2020 waren es nur noch 1,21 Millionen.
Luke Wübbe kam vor zwei Jahren auf einer Berufsmesse in seiner Schule mit seinem jetzigen Ausbildungsbetrieb in Kontakt. "Davor hat mir niemand wirklich das Handwerk schmackhaft gemacht. Bei meiner Firma war das anders, die hatten einen coolen Stand und etwas zum Ausprobieren dabei", erinnert er sich. "So habe ich gemerkt, dass das ja vielleicht etwas für mich sein könnte." Trotzdem trug er die Visitenkarte erst eine ganze Weile mit sich herum, bis er sich für die Ausbildung entschied. Heute sagt er: "Ich fühle mich pudelwohl. Und ich habe auch wirklich Lust, nach der Ausbildung weiterzumachen."
Alle Ausbildungsplätze besetzt - eine Seltenheit
Die Strategie, aktiv auf Jugendliche zuzugehen, zahlt sich für Geschäftsführer Tobias Setz aus. Er ist stolz, dass er und sein Geschäftspartner bisher immer alle Ausbildungsplätze besetzen konnten. Mehr noch: Es gehen sogar deutlich mehr Bewerbungen ein als es überhaupt Plätze gibt. In der Branche eigentlich eine Seltenheit, besonders im Bundesland Nordrhein-Westfalen, wo es eine hohe Dichte an Handwerksbetrieben gibt.
"Dazu muss man aber erwähnen, dass wir vom ersten Tag an in den Schulen bei Berufsmessen präsent waren und immer schon im Betrieb eine freundlichere Unternehmenskultur gelebt haben, als wir beide sie in unseren Ausbildungsbetrieben erlebt haben", so Setz.
Meisterschule im Blick
Trotz des Mangels an Fachkräften blickt Setz optimistisch in die Zukunft. "Ich gehe davon aus, dass die komfortable Situation auf dem Arbeitsmarkt von den nächsten Abschlussjahrgängen bemerkt werden wird und dadurch wieder vermehrt Ausbildungsstellen besetzt werden", so der Dachdeckermeister. Aber: "Für mich ist ganz klar: Wer als Betrieb jetzt an alten Konventionen festhält und sich nicht auf die Interessen der nächsten Generationen einlässt, wird in absehbarer Zeit das Nachsehen haben."
Luke Wübbe lässt sich seit neuestem sogar zum sogenannten Ausbildungsbotschafter ausbilden. Ab dem Sommer wird er Schulen besuchen, um auch andere Schülerinnen und Schüler für das Dachdeckerhandwerk zu begeistern. Und auch für seine eigene Zukunft hat er Pläne: "Wenn man hungrig ist auf Handwerk, dann will man mehr. Dann will man auf die Meisterschule."