Photovoltaik-Boom Riesige Nachfrage nach Solaranlagen
Seit Russlands Angriff auf die Ukraine und den stark gestiegenen Energiepreisen wollen noch mehr Hausbesitzer eine Photovoltaikanlage für ihr Dach. Es gibt lange Wartelisten. Für wen lohnt sich der Einbau?
Im hessischen Niddatal installiert Yves Leonard gerade 36 Photovoltaik-Module auf das Dach eines Einfamilienhauses. Das kostet die Hausbesitzer inklusive Stromspeicher rund 30.000 Euro. Trotz der hohen Kosten ist die Nachfrage hoch. Nur rund ein Fünftel der Aufträge kann der Solartechnikanbieter suntec aus Friedberg annehmen. Nicht anders geht es Leonards Kollegen deutschlandweit.
Laut einer Umfrage des Hamburger Marktforschungsinstituts Appino wollen 25 Prozent der deutschen Hauseigentümer in diesem Jahr in eine Photovoltaikanlage investieren. Das wäre ein Markt von 3,5 Millionen Anlagen - 17,5 Mal mehr als 2021. Die riesige Nachfrage ist ein Grund, warum die Preise für Solarmodule innerhalb eines Jahres um rund zehn Prozent gestiegen sind. Ein anderer sind Lieferengpässe, ausgelöst durch die Corona-Pandemie, die internationale Lieferketten ins Wanken brachte.
Lukrativ bei hohem Eigenverbrauch
"Anschaffung und Installation sind teuer und die Wartung oft aufwendig", sagt Corinna Kodim, Energieexpertin des Hauseigentümerverbandes Haus und Grund. Lohnt sich eine Photovoltaikanlage also finanziell überhaupt? Haus und Grund hat das für einen Vier-Personen-Haushalt mit einem Stromverbrauch von 4000 Kilowattstunden im Jahr durchgerechnet: Eine Photovoltaikanlage, die diese Menge Strom erzeugt, kostet mit einem Akku, der die Energie für die dunkle Zeit speichert, rund 15.000 Euro. Legt man für die Ersparnis den aktuellen durchschnittlichen Strompreis von 40 Cent pro Kilowattstunde zu Grunde, würde sich die Anlage nach 15 Jahren amortisieren. Je mehr Strom erzeugt und auch verbraucht wird, desto schneller fallen Renditen ab.
Das heißt, dass sich Anlagen für Haushalte ab einem Verbrauch von etwa 4000 Kilowattstunden im Jahr finanziell gesehen durchaus lohnen. Sie sind umso rentabler, je mehr Elektrogeräte laufen, wenn in der Garage ein E-Auto geladen wird und im Haus eine Wärmepumpe steht. Denn nur wer den erzeugten Strom auch selbst verbraucht, kann langfristig sparen.
Solarstrom-Vergütung unter Marktwert
Inzwischen sind deutschlandweit über zwei Millionen Photovoltaikanlagen in Betrieb, die meisten davon auf Dächern von Privathaushalten. Das wichtigste Instrument, um den Ausbau der Photovoltaik zu fördern, war viele Jahre lang die Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Also der garantierte Erlös pro Kilowattstunde Solarstrom, die ins Stromnetz eingespeist wird. Der lag 2004 noch bei 57 Cent pro Kilowattstunde. Photovoltaik galt somit als eine hoch subventionierte Form der Stromerzeugung.
Das hat sich geändert. Inzwischen bekommen Besitzer neuer Anlagen mit sechs Cent weniger Förderung für ihren eingespeisten Strom, als er am Markt eigentlich wert ist. Aktuell liegen die durchschnittlichen Preise bei 40 Cent pro Kilowattstunde.
Neue Regeln für die Förderung geplant
Doch genau das soll sich wieder ändern: Im Januar stellte Wirtschaftsminister Robert Habeck seine Pläne für den Ausbau von Photovoltaikanlagen vor. Der Grünen-Politiker kündigte für Ostern einen Photovoltaik-"Booster" an. Die wichtigste Neuerung: eine deutliche Anhebung der Einspeisevergütung. Die soll auf bis zu 12,5 Cent pro Kilowattstunde mehr als verdoppelt werden. Das wird mit Sicherheit zu einem weiteren Boom bei den privaten Solaranlagen führen.
Die Wartelisten reichen allerdings schon jetzt teilweise bis 2023. Yves Leonard aus Friedberg muss aktuell vielen absagen. Seine Kunden kann er sich aussuchen: Im Visier hat er vor allem Besitzer von Einfamilienhäusern mit großen Dächern, deren Bewohner viel Strom verbrauchen. Doppelhaushälften oder Reihenhäuser sind für ihn weniger lukrativ - solche Anfragen haben wenig Aussicht auf Erfolg.