Tarifkonflikt bei Bahn EVG stimmt für Schlichterspruch
Die Mitglieder der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft haben die Schlichtung im Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn angenommen. Weitere Streiks sind somit abgewendet - doch Verhandlungen mit der Lokführergewerkschaft GdL stehen noch aus.
Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hat sich gegen weitere Bahnstreiks entschieden. 52,3 Prozent der EVG-Mitglieder hätten in der Urabstimmung die Schlichtungsvereinbarung im Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn (DB) angenommen und damit neue unbefristete Arbeitskämpfe abgelehnt, teilte die EVG mit.
EVG-Chef Martin Burkert sprach von einem "solidarischen Tarifabschluss". Die Wahlbeteiligung lag bei 65,3 Prozent.
Im seit Februar schwelenden Tarifkonflikt mit der DB hatte es mehrmals Warnstreiks gegeben. Ende Juli einigten sich beide Seiten dann auf ein Schlichtungsverfahren. Die EVG hatte ihren rund 103.000 befragten Mitgliedern danach empfohlen, den Schlichterspruch anzunehmen, auch wenn die Vereinbarung "Licht und Schatten" habe und der Kompromiss schwerfalle.
Lohnsteigerung plus Inflationsprämie
Demnach sollen die Löhne bei der Bahn - in zwei Schritten - monatlich um 410 Euro steigen. Ab Dezember gibt es dann 200 Euro brutto mehr, weitere 210 Euro mehr ab August 2024. Die Laufzeit des Tarifvertrags liegt bei 25 Monaten. Zudem soll es im Oktober eine steuer- und abgabenfreie Inflationsprämie von 2850 Euro geben.
Für einzelne Berufsgruppen wurden zudem strukturelle Erhöhungen in den Tariftabellen vereinbart, die nach der Vertragslaufzeit angewendet werden. Die Einkommen von gut 70.000 der rund insgesamt 180.000 Beschäftigten werden sich damit noch einmal deutlich erhöhen.
Neben mehr Geld für die Beschäftigten umfasst der Tarifvertrag auch Punkte, von denen sich der Konzern eine Steigerung der Produktivität erhofft. So wurde zum Beispiel ein flexibleres Arbeitszeitmodell bei DB Cargo vereinbart.
Schlichtungsergebnis im Vorfeld kritisiert
Die Gewerkschaft hatte zwölf Prozent mehr Lohn gefordert, mindestens aber 650 Euro im Monat mehr - bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. In den vergangenen Wochen hatten daher viele Mitglieder etwa mit Beiträgen in sozialen Netzwerken betont, dass sie mit dem Schlichtungsergebnis nicht einverstanden seien. Die Verhandlungsführer wurden zum Teil sehr deutlich kritisiert. Gewerkschaftskreisen zufolge hatten sich vor und während der Urabstimmung auch einige große Landesverbände skeptisch zum Schlichtervorschlag geäußert.
EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch sagte, dass die Sozialpartnerschaft zwischen DB und EVG "eine der stärksten Bewährungsproben nicht vollends bestanden" habe. Es müsse viel Zeit und Kraft investiert werden, um wieder aufzubauen, was bei der Tarifrunde kaputt gegangen sei.
Die Deutsche Bahn reagierte erfreut auf das Urabstimmungsergebnis. "Es ist für alle eine gute Nachricht, dass wir in diesen herausfordernden Zeiten eine Tarifeinigung erzielt haben. Mit diesem Abschluss erkennen wir die exzellente Leistung unserer Mitarbeitenden an. Auch wenn er uns wirtschaftlich sehr viel abverlangt", sagte DB-Personalvorstand Martin Seiler. Die vorherigen Warnstreiks hatten den Konzern mit 100 Millionen Euro belastet.
Verhandlungen mit der GDL stehen noch aus
Ganz vom Tisch sind Bahnstreiks für Reisende allerdings nicht. Denn während der Tarifkonflikt mit der EVG nun beendet ist, steht der mit der kleineren Lokführergewerkschaft GDL noch bevor.
Hier gilt die Friedenspflicht zwar noch bis Ende Oktober. Die GDL um ihren Chef Claus Weselsky hat sich in der Vergangenheit aber wiederholt scharfe Tarifauseinandersetzungen mit der Bahn geliefert und den Verkehr auf der Schiene mehrfach lahmgelegt. Sollte die GDL ein besseres Ergebnis als die EVG erzielen, kann diese nicht nachverhandeln. Eine solche Klausel sei nicht Teil der Einigung, sagte Loroch.