Personalmangel bei Haus-Sanierung Ohne Fachkräfte keine Klimawende
Damit Deutschland seine Klimaziele erreicht, ist auch das Handwerk stark gefragt. Doch woher kommen die Fachkräfte, die installieren und sanieren? Es fehlt überall an Personal.
Peter Küpper ist Inhaber eines Installationsbetriebes für Sanitärhandwerk und Heizungsbau in Bonn. Die 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben gut zu tun, die Auftragsbücher sind gefüllt, und dies vor allem aus zwei Gründen: Fördergelder für das umweltfreundliche Umrüsten der Heizungen - und nun auch der Krieg in der Ukraine. "Die Kunden drehen am Rad, die wollen alle weg vom Gas, vom Öl", erzählt Küpper.
Pelletheizungen, Wärmepumpen, Solarthermie
Das große Problem: Fachkräfte fehlen, um die Aufträge zeitnah abzuarbeiten. Und das Problem wird eher größer. Denn es fehlen nicht nur einfach Handwerker und Handwerkerinnen, die Ansprüche wachsen. Zunehmend ist moderne Klimatechnik gefragt - mit dem Ziel, Energie einzusparen.
So sucht Küpper schon seit drei Jahren einen Elektromeister, um mit ihm eine eigene Elektroabteilung aufzubauen für die Installation von Wärmepumpen. Ein Elektriker hat normalerweise nicht in erster Linie mit Heizungen zu tun und umgekehrt der Heizungstechniker mit Elektrik. Aber nun wächst alles zusammen mit der Energiewende, es wird elektrisch geheizt.
Auch der Beratungsbedarf steigt. Die Firma beschäftigt dafür zwei Studenten von der TH Aachen, sie studieren Erneuerbare Energien. Bei ihnen können Termine für eine Gebäudeenergieberatung gebucht werden, allerdings frühestens im Oktober. Vorher ist nichts mehr frei.
"Wir haben Aufträge bis unters Dach"
Thomas Rademacher ist Präsident des Bundesinnungsverbands der Tischler und Schreiner und hat zudem einen eigenen Betrieb mit 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Der Betrieb befindet sich dort, wo zahlreiche Einfamilienhäuser aus den 1970ern oder 1980ern stehen, die allmählich in die Jahre kommen. Sie brauchen neue Türen, neue Fenster, und natürlich - Gebot der Stunde - darf keine Energie mehr draußen dringen.
Derjenige, der das heute einbaut, muss auch bauphysikalisch auf dem Laufenden sein; das sei fast schon eine eigene Wissenschaft, meint Rademacher. Und da sind Wärmebrückenvermeidung, Schlagregen- und Luftdichtigkeit nur einige der Themen. Dementsprechend sucht sein Betrieb ständig neue Fachkräfte, und ihn als Kreishandwerksmeister erreichen täglich Hilfeanrufe von Betrieben, die ebenfalls suchen.
Gebäudesektor verursacht viele Emissionen
Bundesweit gebe es bei 19,2 Millionen Gebäuden einen Sanierungsstau, warnen Handwerksverbände gemeinsam mit der IG Metall. 190.000 Fachkräfte fehlten für Umrüstung und Ausbau von klimagerechter Technik, beklagen sie. So werde die Politik ihr gesetztes Ziel, bis 2045 klimaneutrag zu sein, nicht erreichen. Denn gerade bei der Gebäudeenergie gibt es eine Menge Energiesparpotenzial, oder umgekehrt formuliert: Gerade hier entstehen eine Menge Treibhausgase.
Laut Umweltbundesamt verursachen Gebäude immerhin 35 Prozent des Energie-Endverbrauchs und rund 30 Prozent der CO2-Emissionen. So sollte vor allem die Wärmenergie möglichst schnell aus modernen Energieträgern und moderner Klimatechnik kommen.
Berufe mit Image-Problem?
Aber wer soll das installieren, wenn die Fachkräfte fehlen? Unter dem Titel "Erfolgreiche Klimawende braucht leistungsstarkes Handwerk" haben die Zentralverbände des Handwerks und die IG Metall eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht, in der sie deutlich machen, dass die Klimaziele im Gebäudesektor deutlich verfehlt wurden. Die Forderungsliste der Unterzeichner ist lang: Dazu gehört ein Sofortprogramm mit konkret benannten Zielen, zum Beispiel bei der Dekarbonisierung des Wärmenetzes.
Der Schwerpunkt liegt aber auf einer "Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive". Konkret fordert das vor allem die IG Metall. Dazu gehört unter anderem: Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung und beispielsweise ein Aufstiegs-BAföG, Unterstützung auf dem Weg zur Ausbildung zum Meister, eine bessere Ausstattung der Berufsschulen et cetera.
Peter Küpper wie Thomas Rademacher ärgern sich auch über eine verfehlte Bildungspolitik. Es fehle an gesellschaftlicher Akzeptanz des Handwerks, und daran sei auch die Politik schuld. Wenn alle studieren sollen, fehlen eben die Handwerkerinnen und Handwerker. Man hätte mehr für das Image tun müssen. Und es stimme auch nicht, so Küpper, dass die Aufstiegschancen so viel schlechter seien. Seine drei Standorte werden von ehemaligen Auszubildenden geleitet. Auch das Gehalt eines Handwerkmeisters könne mit dem bei manch akademischen Berufen gut mithalten. Und ohne Handwerk keine Energiewende.