Gastronomie-Krise Jede zehnte Gaststätte hat 2023 aufgegeben
Im vergangenen Jahr hat jedes zehnte Unternehmen in der Gastronomie die Segel gestrichen. Experten zufolge hat das Gaststättensterben damit aber erst begonnen. Die Insolvenzen treffen vor allem kleine und junge Firmen.
Die Zeiten für Gastronomen waren schon einmal einfacher: Seit 2020 haben bundesweit etwa 48.000 Betriebe geschlossen und 6.100 einen Insolvenzantrag gestellt. Das zeigt eine Studie der Wirtschaftsauskunftei Creditreform. Danach hat allein 2023 jedes zehnte Unternehmen in der Gastronomie aufgegeben. Die Zahl der Schließungen lag mit 14.000 höher als in den drei Jahren zuvor, aber noch unter dem Vor-Corona-Niveau. Dasselbe gilt für die Zahl der Insolvenzfälle.
Einen Grund dafür sieht Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform-Wirtschaftsforschung, in den Staatshilfen während der Lockdowns. Diese hätten das Überlieben vieler Unternehmen gesichert und Schließungen zunächst verhindert. Der Experte rechnet damit, dass die Branche noch weiter ausdünnen wird. Die Welle habe gerade erst begonnen.
Erst kam Corona, dann die Inflation
Doch was sind die Gründe für die Schwierigkeiten der Branche? "Die Gastronomie ist einer der Hauptverlierer der Krisenabfolgen der letzten Jahre. Das Gastgewerbe hatte sich noch nicht von der Coronakrise erholt, da kam mit der Inflation der nächste Nackenschlag", meint Hantzsch.
Den gestiegenen Kosten sei die Branche ausgeliefert, die notwendigen Preiserhöhungen würden die Kundschaft verjagen. Dadurch bedingt lägen die preisbereinigten Umsätze und Erträge unter dem Stand vor der Pandemie. Laut Statistischen Bundesamt hatte der preisbereinigte Umsatz von Gastronomiebetrieben im Jahr 2023 knapp 13 Prozent niedriger gelegen als 2019.
Höhere Mehrwertsteuer verschärft Gastronomie-Krise
"Die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind für das Gastgewerbe derzeit alles andere als günstig", betont Creditreform-Experte Hantzsch. Dabei habe die Anhebung der Umsatzsteuer für Speisen Anfang des Jahres sicherlich nicht zur Entspannung beigetragen.
Seit Januar müssen Gastronomen auf jedes verkaufte Gericht wieder 19 statt sieben Prozent Mehrwertsteuer abführen. Die Bundesregierung hatte den Steuersatz während der Corona-Pandemie vorübergehend gesenkt, um die Restaurants zu entlasten. Seit 1. Januar 2024 gelten nun wieder die alten, höheren Steuersätze. Die klamme Koalition spekuliert auf 3,4 Milliarden Euro zusätzliche Einnahmen.
Vor allem kleine und junge Firmen gefährdet
Als "bitter" bezeichnet die Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA), Ingrid Hartges, die Entwicklung. Die Branche leide unter höheren Personalkosten, gestiegenen Lebensmittelpreisen, Personalmangel und der Mehrwertsteuererhöhung. "Das macht den Betrieben sehr zu schaffen. Die meisten Gäste halten uns die Treue, aber es sind leider weniger geworden."
Die Zahl der Insolvenzen in der Gastronomie ist im vergangenen Jahr laut Creditreform mit 27 Prozent stärker gestiegen als in der Gesamtwirtschaft. Besonders stark betroffen waren Caterer und Verpflegungsdienstleister (plus 67 Prozent). 88 Prozent aller Insolvenzen gehen auf Kleinstunternehmen mit bis zu zehn Mitarbeitern zurück. 49 Prozent trafen junge Unternehmen, die maximal fünf Jahre alt waren.
Für 2024 sagt Creditreform einen Anstieg der Insolvenzfälle auf das Niveau vor der Pandemie vorher. Damit rechnet auch der Finanzinformationsdienst Crif. Ende des Jahres schätzten die Experten die Zahl der insolvenzgefährdeten Restaurants, Gaststätten, Imbissen und Cafés in Deutschland auf mehr als 15.000.