Imker in der Pandemie "Das war kein Honigschlecken"
Heute berichtet der Deutsche Bauernverband über die Lage der Landwirtschaft. Dazu gehören auch die Imkereien. Die kämpfen nicht erst seit Beginn der Corona-Krise mit vielen Problemen.
Mitten in der Coronakrise richtete sich plötzlich der Blick auf die Imkerinnen und Imker. Eine chinesische Studie wollte zeigen, dass sie gegen Corona immun sein könnten: Die vielen Stiche mit Bienengift seien der Grund. Doch schon wenig später widerlegten deutsche Ärzte diese Aussage. Und so hat auch dieser Berufsstand genauso mit Corona zu kämpfen wie alle anderen; in vielen Bereichen sogar noch mehr. Denn die Krise hat sie hart getroffen.
Keine Märkte, kaum Verkauf
Honig wird hauptsächlich auf Märkten verkauft, viele professionelle Imkerinnen und Imker haben sich darauf spezialisiert. Die Märkte wurden aber bekanntermaßen über einen langen Zeitraum abgesagt. Imkerin Dorothea Heiser aus Triefenstein-Lengfurt in Unterfranken spricht von Einbußen im vergangenen Jahr von rund 75 Prozent.
"Das Geschäft im Hofladen brach anfänglich komplett ein, da die Kunden verunsichert waren, ob wir geöffnet hatten", berichtet sie. "Das größte Problem ergab sich jedoch durch den nahezu kompletten Ausfall der Weihnachtsmärkte, die für uns 90 Prozent des Jahresumsatzes ausmachen", berichtet die Imkerin. Man habe dann versucht, das Internetgeschäft auszubauen, außerdem habe man einen Automaten aufgestellt, um kontaktloses Einkaufen zu ermöglichen. Das konnte die Ausfälle aber nicht kompensieren.
Viele Probleme, kaum Hilfe
Während der gesamten Corona-Krise mussten sich die Imkerinnen und Imker neuen Herausforderungen stellen. Für das Verstellen von Bienenvölkern in andere Gebiete wird ein Gesundheitszeugnis benötigt. Viele Veterinäre wollten aus Angst vor Corona aber keinen Kontakt und lehnten es ab, die für das Zeugnis nötigen Betriebsbesuche durchzuführen. Dadurch sei es sehr schwer gewesen, Gesundheitszeugnisse zu erhalten, berichtet Annette Seehaus-Arnold, die Präsidentin des Berufs und Erwerbs Imker Bundes. "Wir mussten viel Schriftverkehr und viele Telefonate führen, um den Veterinären zu erklären, dass die Bienenvölker abseits von Publikumsverkehr stehen und dadurch kein oder nur sehr wenig Kontakt zu anderen Personen besteht."
Zudem habe man sich darum bemühen müssen, als Teil der Landwirtschaft als systemrelevant eingestuft zu werden. Das sei wichtig gewesen, um sich in den Zeiten der Ausgangssperren weiter um die Bienenvölker kümmern zu können. "Wir konnten damit also unsere Bienen wieder zu anderen Standplätzen fahren. Diese Fahrten müssen entweder sehr früh morgens oder spät abends oder nachts erfolgen, wenn alle Bienen wieder in den Bienenstock zurückgekehrt sind. Darum waren wir Imkerinnen und Imker vor allem durch die lange geltenden, nächtlichen Ausgangsbeschränkungen direkt betroffen", so Seehaus-Arnold.
Erntehelfer und Schädlingsbekämpfer fehlten
Raphael Buck, Landesgeschäftsführer des Verbandes in Baden-Württemberg ergänzt, dass es zeitweise auch Personalprobleme gab. "Erntehelfer aus Osteuropa konnten nicht kommen, deutsche Arbeitskräfte mussten her, zum Beispiel Ferienjobber oder die eigene Familie musste einspringen."
Zum anderen haben einige Berufsimker auch Bienenstände im Ausland. Seehaus-Arnold erzählt, wie man sich in der Krise gegenseitig unterstützt habe. "Wir haben grenzübergreifend, zusammen mit Österreich ein Netzwerk aufgebaut, und auch eine Imkerhilfe. Berufsimkereien haben sich auch untereinander um die Bienen anderer Kollegen gekümmert."
Ein weiteres Problem: Einige Bekämpfungsmittel gegen die Varroamilbe seien zeitweise nicht lieferbar gewesen, da die Chemieindustrie aus den Rohstoffen Desinfektionsmittel herstellen musste. Das stellte eine Gefahr für die Bienenvölker dar.
Lage auch ohne Corona kompliziert genug
Die Corona-Krise trifft eine Branche die auch ohne Corona mit vielen Problemen zu kämpfen hat. Die Zukunft der Berufs- und Erwerbsimkerei in Deutschland werde immer schwieriger, sagt Seehaus-Arnold. "Wir kämpfen auch mit den Auswirkungen des Klimawandels. Dieses Jahr haben durch das kalte Frühjahr sehr viele Kollegen noch keinen Honig geerntet. Und bei der momentanen Wetterlage sieht es auch nicht sehr rosig aus. Viele werden dieses Jahr ohne ein Gramm Honig-Ernte auskommen müssen."
Da die Berufsimkerinnen und -imker keinerlei staatliche Förderungen erhalten, bedeutet das, dass sie dieses Jahr große Einbußen haben. Berufs- und Erwerbsimker lebten aber von den Erträgen ihrer Bienenvölker, also in erster Linie vom Verkauf von Honig, gefolgt vom Verkauf von Wachs und Propolis. Doch ohne Ernte gibt es auch keinen Verkauf. "Die Berufsimkerei ist ein Knochenjob und kein Honigschlecken", sagt Seehaus-Arnold plakativ.
Und so blickt Imkerin Dorothea Heiser sorgenvoll in die Zukunft. In diesem Jahr sei man zwingend auf den Verkauf über die Märkte angewiesen. "Lockerungen, die jetzt vorangetrieben werden, wie beispielsweise zur Fußball-EM, betrachten wir mit Sorge, da wir die vierte Welle fürchten und Sorge haben, dann erneut zu den Verlieren zu zählen", so die Imkerin. Neben allen Problemen und Sorgen will die Präsidentin des Berufs und Erwerbs Imker Bundes den positiven Ausblick nicht verlieren. "Trotz allem blicke ich zuversichtlich in die Zukunft, sagt Seehaus-Arnold. "Denn kein anderer Beruf ist so nah an der Natur."