Industriekonferenz in Berlin "Den Industriestandort resilient machen"
Wie kann die deutsche Industrie klimafreundlicher produzieren und dabei wettbewerbsfähig bleiben? Die Vorschläge von Minister Habeck stoßen grundsätzlich auf Zustimmung beim BDI. Doch Präsident Russwurm drängt auf konkrete Erleichterungen.
Vergangene Woche hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) seine neue Industriestrategie vorgestellt - heute trifft er Vertreter von Unternehmen und Gewerkschaften bei der sechsten Industriekonferenz. Wichtige Themen sollen etwa die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen, der Klimaschutz, die Versorgung mit Rohstoffen oder die Digitalisierung sein.
Die Vorschläge Habecks für eine stark auf staatliche Unterstützung ausgerichtete Industriepolitik stoßen beim Bund Deutscher Industrie (BDI) größtenteils auf Zustimmung. Zum Auftakt des Treffens sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm, er biete der Bundesregierung die Zusammenarbeit bei der Industriestrategie an. Das Land müsse stark bleiben angesichts der derzeitigen Krisen und mit Blick auf die "drei D" - Dekarbonisierung, Digitalisierung und demografischer Wandel.
Es gehe darum, den "Industriestandort Deutschland resilient zu machen" und zukunftsfähig weiterzuentwickeln. Das Bekenntnis der Bundesregierung zur Industrie sei "überfällig" gewesen. Gefordert sei jetzt die richtige Rahmensetzung und nicht kleinteilige Regulierungen.
Forderungen nach Industriestrompreis
Russwurm sieht Handlungsbedarf bei der Energiepolitik - hier nannte er auch den von Habeck geforderten günstigen Industriestrompreis. Zudem forderte er beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren, Bürokratieabbau sowie mehr Anstrengungen bei der Digitalisierung.
Für einen günstigen Industriestrompreis setzte sich im Vorfeld der Konferenz auch die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi ein. "Ohne wettbewerbsfähige Energiepreise läuft die energieintensive Grundstoffindustrie gegen die Wand. Die Unternehmen brauchen jetzt Planungssicherheit. Deshalb muss die Bundesregierung endlich liefern und einen Brückenstrompreis einführen, bis die Erneuerbaren Energien massiv ausgebaut sind und die Strompreise von alleine wieder sinken", sagte Fahimi der Nachrichtenagentur dpa.
Passiere dies nicht, riskiere die Koalition die Abwanderung großer Teile der Industrie und damit einen enormen Verlust von Wertschöpfung, Beschäftigung und Wohlstand.
Steuererleichterungen und Fördermittel für Investitionen
Habeck will Deutschland mit der neuen Strategie wieder als starken Industriestandort positionieren und "in seiner ganzen Vielfalt erhalten", wie er vergangene Woche erklärt hatte. Seinem Papier zufolge soll auch langfristig in Deutschland etwa Glas, Zement und Papier produziert werden. Der Grünen-Minister plädierte für Steuererleichterungen und Fördermittel für Unternehmensinvestitionen. Außerdem soll es Anreize geben für Menschen, die im Rentenalter weiter arbeiten möchten. Wer länger im Job bleibe, könne etwa den Arbeitgeberbeitrag zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung direkt ausbezahlt bekommen.
Streitthema Schuldenbremse
Die Schuldenbremse, auf die Finanzminister Christian Lindner pocht, stellte er in diesem Zusammenhang infrage. Es sei nötig, "zu überprüfen, ob die finanzpolitischen Spielregeln, die wir uns gegeben haben, noch zu dieser Zeit passen", sagte Habeck. Für diese Legislatur gelte zwar der Koalitionsvertrag inklusive der Schuldenbremse - man dürfe aber ja auch darüber hinaus denken.
Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund sprach sich für eine Reform der Schuldenbremse aus. "Wer die Transformation der Industrie erfolgreich gestalten will, muss jetzt investieren - das gilt für öffentliche Haushalte wie die Privatwirtschaft", sagte DGB-Chefin Fahimi der dpa. Die Schuldenbremse werde dabei zunehmend zur Zukunftsbremse. Sie müsse endlich reformiert werden.