Ohne China geht es nicht Viel Licht und einige Schatten auf dem Luxusmarkt
Der Luxusmarkt läuft nach wie vor robust. Doch in einigen Regionen setzt eine Normalisierung ein. Und wer kein stabiles China-Geschäft macht, hat es schwerer als die anderen.
Das Geschäft mit hochwertigen Taschen, Koffern, Schmuck und Uhren läuft weltweit nach wie vor überdurchschnittlich. Doch selbst in diesem relativ krisenfesten Markt gibt es Unterschiede. Die jüngsten Quartalsbilanzen offenbaren Schwachstellen, und das ist auch an den Aktienkursen nicht spurlos vorübergegangen. Nichtsdestotrotz bleiben die Aussichten in vielen Geschäftsfeldern und Regionen nach Ansicht von Experten gut.
Verhaltener Ausblick bei LVMH
Er ist das Maß der Dinge in der Branche: der französische Luxuskonzern LVMH. Mit 75 Marken unter einem Dach, darunter Taschen von Louis Vuitton, Schmuck von Tiffany und Koffer von Rimowa, weltweit die Nummer Eins. Wie so oft sind Umsatz und Gewinn im zweiten Quartal gestiegen. Vor allem in Asien läuft es: Allein hier stieg die Nachfrage um rund ein Drittel in einem einzigen, dem zweiten, Quartal. In den USA ging sie zurück. Vor allem in kleineren US-Städten sollen Kunden weniger für Luxus ausgegeben haben, Kunden, die eher in der Einstiegsklasse sein, mutmaßt LVMH.
Und so hatte sich der Vorstandsvorsitzende von LVMH, Bernard Arnault, verhalten über die weiteren Aussichten geäußert: "Dank der Attraktivität unserer Marken gehen wir mit Zuversicht und Optimismus in die zweite Jahreshälfte." Und auch die Analysten waren nur halb zufrieden: LVMH liefere routinemäßig gute Ergebnisse und sei ein Vorreiter in der Luxusbranche, hatte Bernstein-Analyst Luca Solca kommentiert. Dass dieses Unternehmen die Erwartungen nur moderat übertroffen habe, signalisiere eine Normalisierung des Sektors nach dem Wachstumsschub zum Ende der Corona-Pandemie.
Am Aktienmarkt hatten LVMH-Aktien, vor kurzem zum wertvollsten Unternehmen in Europa aufgestiegen, ziemlich an Wert verloren, nachdem die Zahlen veröffentlicht worden waren. Allerdings hat die Aktie seit Jahresbeginn rund ein Viertel an Wert gewonnen.
USA für viele Anbieter ein Sorgenkind
Dass der Luxusmarkt nicht der Dauerläufer schlechthin sein würde, hatte schon der Schweizer Luxus-Konzern Richemonts, der Marken wie Cartier, IWC Schaffhausen, Chloé oder Montblanc vereint, gezeigt. Ein Umsatzplus von einem Fünftel war nicht das, was die Anleger für das zweite Quartal erwartet hatten. Doch auch hier war Asien der Retter: In Asien, der umsatzstärksten Region des Konzerns, waren die Verkäufe von Schmuck, teuren Uhren und Luxusmode um 40 Prozent gestiegen. Und auch die Schweizer beklagten weniger Nachfrage in Amerika. Jean-Philippe Bertschy, Analyst von der Bank Vontobel, kritisierte denn auch das schwache Abschneiden in Amerika.
Die USA also für viele Luxusanbieter derzeit ein Sorgenkind - wenn gleich das Jammern auf hohem Niveau passiert. In den USA konnte auch Moncler nicht ausreichend punkten. Das Unternehmen, das vor allem mit hochwertigen Daunenjacken bekannt geworden ist, war in allen Regionen gefragt, außer im US-Geschäft. Asien und die Region EMEA mit Europa, Nahost und Afrika waren die Umsatzbringer.
Wachsende Nachfrage in China
Damit zeichnet sich ein Trend ab: Das Ende der Covid-Maßnahmen in China beflügelt die Nachfrage nach Luxuswaren. Und da Chinas zahlreiche Bewohner sich nun wieder und in immer größerer Zahl gen Europa aufmachen und auch dort einkaufen, schlägt sich der europäische Luxusmarkt wacker. Die Amerikaner halten sich beim Konsum etwas zurück.
Aber wie immer gibt es auch bei Luxus die berühmte Ausnahme. Die war zuletzt das Edel-Lebel Hermès: Sowohl in China als auch in den USA laufen die Geschäfte. "Wir haben keine Unterbrechung des Wachstumstrends gesehen", sagte Konzernchef Axel Dumas. Vielmehr habe es eine "Flucht in die Qualität" gegeben.
Flucht in Qualität - Hermès gehört mit dieser Basis in diesem Jahr auch an der Börse zur Oberliga: Die Aktie hat in diesem Jahr mehr als ein Drittel zugelegt. Hermès wird an der Börse mit 213 Milliarden Euro bewertet. LVMH spielt in einer eigenen Liga mit 421 Milliarden Euro Börsenwert, doch Kering rangiert abgeschlagen bei einem Siebtel davon.
Kering hinter den Erwartungen
Kering kämpft schon länger gegen Schwierigkeiten. Vor allem die Marke Gucci erfüllt die Erwartungen nicht. Ein Umsatzplus von einem Prozent zuletzt war zu wenig. Im vergangenen Jahr bereits musste Kreativ-Direktor Alessandro Michele gehen. Vergangene Woche warf Gucci-Chef Marco Bizzarri das Handtuch.
Um schwächere Marken zu stützen, nimmt Kering immer wieder Geld in die Hand. Das drückt die Gewinnmarge insgesamt. Die schwache Umsatzentwicklung monierten Analysten wie Zuzanna Pusz von der UBS. Sie sei deutlich hinter der Konkurrenz zurückgeblieben.
Trend: Zukäufe und Zusammenschlüsse
Und so beginnt im Luxusmarkt ein Trend, der in anderen Branchen längst in Gang ist: Zukäufe und Zusammenschlüsse. Diese Woche wurden gleich zwei ausgemacht: Kering übernimmt 30 Prozent des italienischen Modekonzerns Valentino. Kering versucht so, sich gegen den Einstieg aktivistischer Investoren zu wappnen. Ob mit Erfolg, das wird man sehen. Im Juni hatte sich Kering bereits vergrößert und die Parfümmarke Creed gekauft und zu Jahresbeginn eine Beauty-Sparte gelauncht.
Und auch in Genf wird neu gedacht: Richemont setzt künftig stärker auf Mode und Accessoires. Dazu übernehmen die Schweizer die Mehrheit am italienischen Schuhhersteller Gianvito Rossi.
Weiteres Wachstum erwartet
Immerhin: Insgesamt sollte Luxusgeschäft in diesem Jahr weiter zulegen, glauben Analysten. Für das Gesamtjahr sind Umsatzsteigerungen - je nach konjunktureller Lage - zwischen fünf und zwölf Prozent möglich. Das ergab eine Studie der Unternehmensberatung Bain & Company und des italienischen Luxusgüterverbandes Fondazione Altagamma. Hierfür wurden 280 Luxusunternehmen und -marken analysiert.
Bis 2030 könnte der Luxusmarkt seine Umsätze im Vergleich zu 2020 (220 Milliarden Euro) danach auf bis zu 570 Milliarden Euro mehr als verdoppeln. Im Jahr 2022 hatte die Luxusbranche ein Rekordergebnis erzielt mit Umsätzen von 345 Milliarden Euro - ein Fünftel mehr.
Hoffen auf jüngere Konsumenten
Und Luxus hat Zukunft. Laut Bain & Company stehen vor allem die Generationen Y und Z, also Menschen bis 40, auf Luxus. Sie würden sich mit Accessoires von anderen abgrenzen und seien dafür bereit, lange auf eine Handtasche oder eine Uhr zu sparen. Und dann würde - etwa auf TikTok - die neue Tasche oder die neue Uhr gezeigt. Jüngere Follower, die noch weniger Geld zur Verfügung haben, fangen oft erst einmal mit einem Schal oder einem Tuch an.
Und so zeigt sich ein weiterer Trend: junge Leute zu erreichen. Dazu gehört, selbst nachhaltig und digital zu sein. Herausforderungen, die nicht nur die Luxusbranche hat. Dennoch ist ein bisschen weniger Umsatz in der einen oder anderen Region eins: ein Luxusproblem.