Private-Equity-Branche tagt in Berlin Steigende Mieten, Spitzen-Renditen
In dieser Woche treffen sich Tausende Akteure des privaten Finanzkapitals in Berlin. Die sogenannte Private-Equity-Branche sucht weltweit renditeträchtige Anlagen. Dazu gehört: der Berliner Wohnungsmarkt.
Super Return, also "Super Rendite" - das ist der Name einer Konferenz, zu der sich in dieser Woche die Stars der Private-Equity-Branche in Berlin treffen. Private Equity - was so viel heißt wie Beteiligungskapital - ist für viele ein Buch mit sieben Siegeln. Für andere aber durchaus lukrativ.
Das Geschäftsmodell einfach erklärt: Finanzinvestoren sammeln Geld von vermögenden Privatpersonen, Versicherungen oder Pensionsfonds und investieren in Firmen, die sie auf Wachstum trimmen und schon nach ein paar Jahren mit Gewinn wieder verkaufen.
Wohnungskrise mitverursacht?
Die Bürgerbewegung Finanzwende wirft der Branche vor, die Wohnungskrise in Großstädten wie Berlin mitverursacht zu haben, also den Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Durch Luxus-Sanierungen und überdurchschnittlich steigende Mieten.
Die Bürgerbewegung Finanzwende ist ein 2018 gegründeter Verein, der sich nach eigenen Angaben für faire, stabile und nachhaltige Finanzmärkte einsetzt. Die Organisation wurde mit dem Ziel gegründet, in Deutschland ein zivilgesellschaftliches und überparteiliches Gegengewicht zur Finanzlobby zu schaffen.
So habe etwa die US-amerikanische Investmentgesellschaft Blackstone in ihren Immobilien in der deutschen Hauptstadt zwischen 2019 und 2023 die Mieten um 22 Prozent erhöht - und damit weit über dem Berliner Durchschnitt.
Jorim Gerrard, Immobilien-Experte von Finanzwende, sagte in der Sendung "Update Wirtschaft" bei tagesschau24: "Die Finanzinvestoren sind dort sehr aktiv, wo schon Wohnungsnot herrscht, also wo die Preise sehr stark steigen." Das sei "ein Geschäftsmodell, das 15 bis 20 Prozent Rendite verspricht, also ein recht lukrativer Ort um zu investieren".
Berlin als "Rendite-Ziel"
Berlin sei in den vergangenen 15 Jahren zu einem der beliebtesten Rendite-Ziele geworden, so Finanzwende. Insgesamt lasse sich jedoch schwer herausfinden, wie groß der Anteil der Wohnungen ist, die von Private-Equity-Unternehmen aufgekauft wurden.
Studien, wie beispielsweise die des Vermögensmanagers Wealthcap von 2022, belegen, dass das Interesse von Großanlegern immer stärker auf Private Equity und Immobilien abzielt.
Der Private Equity Trend Report 2024 von der Beratungsgesellschaft PwC nennt Deutschland einen sehr wichtigen Markt für die Branche. Knapp 65 Prozent der befragten Unternehmen erklärten, Deutschland sei für sie in den kommenden fünf Jahren das attraktivste Investitionsziel.
Private Equity an sich sei nicht schlecht, sagen die Experten von Finanzwende. So investiert die Branche beispielsweise in junge Unternehmen und Start-ups in sehr frühen Phasen, in denen solche Investitionen anderen Geldgebern noch zu risikoreich erscheinen.
Einkauf in "Bereiche der privaten Daseinsvorsorge"
Finanzwende warnt aber davor, dass die internationalen Finanzinvestoren sich immer mehr in Bereiche der Daseinsvorsorge einkaufen. "Also in die Pflege, in Arztpraxen und in Wohnraum", so Immobilien-Experte Gerrard von Finanzwende. "Die Geschäftsstrategie ist sehr aggressiv, in dem Sinne, dass sie eine sehr hohe Rendite verspricht an die Geldgeber. Und gleichzeitig auch sehr kurzfristig ist, weil die Private Equity Firmen in einem Rahmen von manchmal fünf bis sieben Jahren arbeiten und dann auch das Geld erwirtschaftet haben müssen."
Von der Politik verlangt die NGO steuerliche Anreize für Pivate-Equity-Firmen in bestimmten Bereichen abzuschaffen, etwa sogenannte Share-Deals beim Immobilienkauf. Das heißt, Großinvestoren könnten laut Finanzwende die Grunderwerbssteuer beim Kauf von Immobilien umgehen.
Die Branche, deren Vertreter der frühere SPD-Vorsitzende Franz Müntefering als "Heuschrecken" bezeichnet hat, handle zudem intransparent, so ein Vorwurf von Finanzwende. Eine Stellungnahme zu den harschen Vorwürfen der Nicht-Regierungs-Organisation hat der Bundesverband Beteiligungskapital, also die Interessenvertretung der Branche, auf Anfrage der ARD-Finanzredaktion abgelehnt. Aus Termingründen, wie es hieß.
Auf der Seite des Bundesverbands Beteiligungskapital ist zu lesen, dass der Anteil an Immobilien im Jahr 2023 nur weniger als drei Prozent der Investitionen ausmachte. Aus Sicht von Jorim Gerrard von Finanzwende könnte sich das ändern. "Wir warnen jetzt im Rahmen der Super-Return-Konferenz, dass wir vor einer neuen Super-Rendite-Welle stehen könnten. Das heißt, Private-Equity-Firmen sitzen gerade auf sehr viel Geld. Sie wollen das Geld investieren - und zwar auch im Bereich des Wohnens - und versprechen sich eine neue Zeit der Superrenditen."
Aus Branchenkreisen heißt es, für die Konferenz werde das InterContinental Hotel quasi leergeräumt. Einzelne Zimmer würden als "Meeting-Räume" für die internationalen Geldgeber und Investoren freigehalten, nicht selten werden hier wohl auch Deals gemacht. Und das in der Stadt, in der nach einer jüngsten Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken die Mieten deutschlandweit am stärksten steigen.
Trägt die Private-Equity-Branche also eine Mitschuld an der Wohnungsnot in Großstädten? Eine Studie der EZB von 2023 kam zu dem Schluss, dass Aktivitäten professioneller Großanleger einen signifikanten Einfluss auf die Preisentwicklung auf dem Wohnimmobilienmarkt hätten.
Finanzwende selbst nennt noch eine weitere Ursache: eine jahrelang fehlgeleitete Wohnungspolitik. So haben viele Städte und Kommunen in den 2000er-Jahren Teile ihres Wohnungsbestands verkauft - häufig an renditeorientierte, internationale Finanzkonzerne.