Tarifstreit bei der Post Urabstimmung über unbefristeten Streik
Die Gewerkschaft ver.di will für die Beschäftigten der Deutschen Post hohe Lohnzuwächse aushandeln. Um dieses Ziel zu erreichen, steht ein unbefristeter Streik im Raum, über den jetzt abgestimmt wird.
Die Gewerkschaft ver.di lässt von Montag an darüber abstimmen, ob es im Tarifkonflikt bei der Deutschen Post einen unbefristeten Streik geben soll. Bis zum 8. März können die bei der Post beschäftigten ver.di-Mitglieder darüber entscheiden. Sollten mehr als 75 Prozent der Befragten das Tarifangebot der Post ablehnen, sollen unbefristete Arbeitskampfmaßnahmen eingeleitet werden. Dann müssten sich Verbraucher wohl auf erhebliche Verzögerungen beim Erhalt von Briefen und Paketen einstellen.
Die Gewerkschaft fordert einen einjährigen Vertrag mit 15 Prozent mehr Geld. Der Konzern hält dies für wirtschaftlich nicht leistbar und bietet einen zwei Jahre laufenden Tarifvertrag mit verschiedenen Finanzkomponenten an. So würde sich laut Post etwa das Einstiegsentgelt eines Paketsortierers in diesem Zeitraum um 20,3 Prozent erhöhen und das einer Zustellerin um 18 Prozent. Außerdem soll die steuerfreie Inflationsausgleichsprämie über insgesamt 3000 Euro fließen. Aus Sicht von ver.di reicht das Angebot nicht aus, um die Folgen der hohen Inflation auszugleichen.
Der Konzern hat Notfallpläne erarbeitet, um Beeinträchtigungen für die Kunden möglichst gering zu halten. "Sollte es aber tatsächlich zu flächendeckenden, unbefristeten Streiks kommen, werden wir Verzögerungen nicht ganz verhindern können", sagte der Betriebschef der Brief- und Paketsparte, Thomas Schneider, der "Bild am Sonntag". Auf die Urabstimmung reagierte er mit Unverständnis: "Wir haben das beste Tarifangebot in der Geschichte unseres Unternehmens vorgelegt."
Post-Spitze droht mit Auslagerung
Die Konzernleitung zieht grundsätzlich auch eine stärkere Fremdvergabe ihrer Aufgaben in Betracht. "Wir haben als Post für Deutschland über viele Jahrzehnte ein Betriebsmodell aufgebaut, das ausschließlich mit eigenen Kräften operiert", sagte Personalvorstand Thomas Ogilvie den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom vergangenen Samstag. "Wenn ver.di das jetzt alles vor dem Hintergrund kurzfristiger maximaler Lohnsteigerungen infrage stellt, werden wir unser Betriebsmodell überdenken müssen."
Dies würde sich dann auch auf die Arbeitsplätze auswirken. "Wenn wir nicht mehr ausreichend in neue Betriebsstandorte investieren können, stellt sich die Frage, ob wir diese Standorte weiter selber betreiben können und wollen oder ob wir sie fremdvergeben", sagte Ogilvie. Im Paketbereich habe die Post bei der Zustellung 98 Prozent in der eigenen Wertschöpfung. "Betriebs- und Sortierzentren sind im Eigenbetrieb. Die Briefzustellung haben wir komplett im Eigenbetrieb", so Ogilvie. Bisher sei bis Ende Juni die Fremdvergabe der Briefzustellung vertraglich ausgeschlossen.
Vergangene Woche waren die Tarifverhandlungen für etwa 160.000 Beschäftigte der Deutschen Post wie Paketboten oder Briefträger gescheitert. Nach Angaben von ver.di sind mehr als 100.000 von ihnen Mitglieder der Gewerkschaft. In den vergangenen Wochen hatte es bereits Warnstreiks gegeben - so nennen sich Arbeitsniederlegungen, die vor einer Urabstimmung erfolgen und zeitlich befristet sind. Durch diese Arbeitskampfmaßnahmen hatte sich der Versand von Millionen Briefen und Pakete verzögert.