Zahlen von RWE und E.ON Licht und Schatten bei den Energie-Riesen
Während RWE stark von den steigenden Energiepreisen profitiert, ist E.ON eher negativ betroffen. Warum ist das so? Was bedeutet das für die Debatte über eine Übergewinnsteuer?
"Solide" sei das Halbjahresergebnis von E.ON, stellt Vorstandschef Leonhard Birnbaum fest. Euphorie klingt anders. Zwar hat der Essener Energieriese erneut Gewinn gemacht, dieser ist aber unter anderem wegen der gestiegenen Energiepreise zurückgegangen.
Ganz anders bei RWE, dem anderen großen Energieunternehmen mit Sitz in Essen. Hier hat sich der Gewinn im ersten Halbjahr verdoppelt - eine direkte Folge der steigenden Energiepreise. An den beiden Unternehmen zeigt sich, wie unterschiedlich die Auswirkungen der Preissteigerungen auf die Energiebranche sind.
RWE legt Fokus auf Energieerzeugung
Das habe mit den jeweiligen Strategien der Unternehmen zu tun, erklärt Andreas Löschel, Energieökonom von der Ruhr-Universität Bochum: "RWE ist stark in die Energieerzeugung gegangen, mit Erneuerbaren Energien als neuem Fokus. E.ON hat sich vom Erzeugungsgeschäft gelöst und konzentriert sich auf das Netzgeschäft und den Energievertrieb", so Löschel. So gesehen kaufe E.ON jetzt also unter anderem den Strom von RWE.
"Sich von der Erzeugung zu trennen war eine bewusste Entscheidung von E.ON - mit sicherem Ertrag und geringerem Risiko", sagt Löschel. Das habe erstmal gut funktioniert. Aktuell werden für E.ON aber die höheren Beschaffungskosten zum Problem, die das Unternehmen schrittweise an seine Kunden weitergibt. "Unser Unternehmen würde besser dastehen, wenn wir diese hohen Preise nicht hätten", sagt E.ON-Chef Birnbaum.
"Die Sonne schickt keine Rechnung"
Energieproduzent RWE profitiert hingegen von den höheren Preisen, und Konzernchef Markus Krebber wird nicht müde zu betonen, wie viel sein Unternehmen in Erneuerbare Energien investiert. Fünf Milliarden Euro sollen es bis zum Jahresende sein, der Konzerngewinn im ersten Halbjahr liegt hingegen "nur" bei rund zwei Milliarden Euro. Auf eine Erhöhung der Dividende, also auf höhere Ausschüttungen an die Aktionäre, will RWE verzichten - zu Gunsten von grünen Investitionen.
Ganz offenbar ein lohnendes Geschäft. Denn während die Importe von Gas und Steinkohle teurer werden, sind die Erneuerbaren Energien deutlich weniger von steigenden Kosten betroffen: "Die Sonne schickt keine Rechnung", sagt Energieökonom Löschel. Die Erneuerbaren seien derzeit deshalb "große Gewinnbringer".
Importsteuer statt Übergewinnsteuer?
Diese Entwicklung rückt RWE ins Zentrum der Diskussion über eine Übergewinnsteuer. SPD und Grüne haben eine solche Steuer ins Spiel gebracht, durch die Gewinne der Energieunternehmen an ihre Kunden umverteilt werden könnten. RWE-Chef Krebber will sich nicht direkt dazu äußern; das sei eine politische Entscheidung. Er verweist aber auch hier wieder darauf, dass RWE seine Gewinne in Erneuerbare Energien investiere. Energieökonom Löschel sieht eine Übergewinnsteuer mit Blick auf RWE skeptisch: "Dass man mit Erneuerbaren Gewinne erzielen kann, ist genau die Nachricht, die es braucht. Wir wollen solche Anreize für Investitionen in die Transformation."
Die wirklich relevanten Übergewinne fallen aus seiner Sicht bei Gas- und Ölunternehmen an, die aber nicht in Deutschland sitzen. Deshalb sei die Ausgangslage hierzulande eine andere als etwa in Großbritannien, wo die Energiekonzerne BP und Shell ansässig sind und wo die Regierung bereits eine Übergewinnsteuer beschlossen hat. Um gezielt Gas aus Russland zu besteuern, schlägt Löschel alternativ eine europäische Importsteuer auf die Lieferungen vor: "Damit würde man direkt die Übergewinne der Gasproduzenten besteuern."
RWE verzichtet aus Einnahmen aus Gasumlage
Bei der Vorstellung der Halbjahreszahlen machte RWE-Chef Krebber eine Ankündigung, mit der er den Befürwortern einer Übergewinnsteuer möglicherweise den Wind aus den Segeln nehmen will. RWE, so Krebber, will auf Einnahmen aus der geplanten Gasumlage verzichten.
Diese Umlage soll nach Plänen der Bundesregierung ab Oktober von allen Gaskunden bezahlt werden und an Energieunternehmen gehen, die wegen der gedrosselten Lieferungen aus Russland Verluste erleiden. Während Energieimporteure wie Uniper davon existenziell bedroht sind, kann RWE hier gelassen bleiben. Zwar habe auch RWE entsprechende Verluste, man könne diese aber selbst ausgleichen, so Unternehmenschef Krebber.
Anteil von Gas und Kohle weiter am höchsten
Zur grünen Erfolgsgeschichte von RWE gehört auch, dass das Unternehmen seinen Strom weiterhin mehrheitlich mit fossilen Energieträgern produziert. Gas und Kohle sind die größten Stromlieferanten des Unternehmens, erst dann folgen die Erneuerbaren Energien. Ab Oktober bringt RWE wegen der Energieknappheit außerdem drei Blöcke seiner Braunkohlekraftwerke zurück ans Netz.
Der generelle Trend ist aber eindeutig. Im Bereich Kohle- und Kernenergie ging der Gewinn im vergangenen halben Jahr leicht zurück, während Solar, Wind, Wasser und Biomasse kräftig zugelegt haben. Die neue Profitabilität der Erneuerbaren dürfte dem Energieriesen als Motivation dienen, tatsächlich mehr in grüne Energie zu investieren.