Standort Deutschland Regierung will Start-ups stärker fördern
Ökonomen fordern seit langem mehr Risikofreude und Innovationen in der deutschen Wirtschaft. Eine neue Start-up-Strategie von Wirtschaftsminister Habeck soll dabei helfen.
Deutsche Start-ups sollen leichter an Risikokapital kommen, um ihre wirtschaftliche Entwicklung vorantreiben zu können. Das sieht der Entwurf für eine neue Start-up-Strategie von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vor. Ziel sei es, den deutschen Wagniskapitalmarkt weiter zu stärken und zusätzliche Möglichkeiten für großvolumige Finanzierungen durch inländische Investoren zu schaffen, heißt es darin.
Einfachere Börsengänge
Dafür wurde im vergangenen Jahr bereits der zehn Milliarden Euro schwere Zukunftsfonds ins Leben gerufen, der auch Hochtechnologie- und Klima-Start-ups gesondert fördert. Auf Europa-Ebene werde nun die Gründung von Mega-Fonds erwogen, und in der Bundesrepublik soll ein Programm zur Förderung von sogenannten Business Angels neu aufgelegt werden. Auch an den für Investoren und Firmen so wichtigen Börsengängen will die Bundesregierung etwas verändern und die Zulassungsregeln modernisieren.
"Wir wollen die Breite der Themen abdecken und schnell zu einer finalen Strategie kommen, um die einzelnen Punkte Realität werden zu lassen. Wir wollen das in dieser Wahlperiode erreichen", sagte die Start-up-Beauftragte der Bundesregierung, Anna Christmann von den Grünen.
Umsatzsteuerbefreiung geplant
Die Branche beklagt sich seit langer Zeit darüber, dass den Start-ups nach einer ersten erfolgreichen Finanzierung in der frühen Phase oft beim weiteren Wachstum der Zugang zu Finanzspritzen im großen Stil verwehrt bleibt. Aktuell ist es in Deutschland für stark wachsende Jungfirmen, die einen hohen Kapitalbedarf haben, ohnehin schwer, ausreichend Geld zu erhalten. Bankkredite kommen aufgrund des Risikos für die Banken und deren Eigenkapitalregeln kaum in Frage.
Deswegen läuft die Finanzierung über staatliche Förderprogramme sowie spezialisierte öffentliche und private Investoren. Hier will die Ampel-Koalition nun die Umsatzsteuerbefreiung von Wagniskapitalfonds umsetzen und strebt eine Mindestinvestitionsquote in diese Fonds an.
Regulierung verhindert Geldfluss
Künftig sollen ferner auch Versicherungen und Pensionskassen ihr Geld als Wagniskapital investieren dürfen. "Die Bundesregierung strebt den Aufbau eines Kapitalstocks bei der gesetzlichen und privaten Altersvorsorge an und wird diesen mit einer Mindestinvestitionsquote in VC-Fonds versehen, um die Verfügbarkeit von Risikokapital strukturell und dauerhaft zu stärken", heißt es in dem Papier. Die Abkürzung VC steht für Venture Capital, also Risikokapital.
In den USA, den Golfstaaten, Skandinavien, Großbritannien und anderen Ländern fließen schon seit Jahren große Summen aus den Rentenkassen über Wagniskapitaltöpfe in die Finanzierung von jungen Firmen. In Deutschland verhindern regulatorische Vorgaben diesen Geldfluss dagegen weitgehend.
Die richtigen Schwerpunkte gesetzt
In der Corona-Krise waren die Finanzierungssummen angesichts niedriger Zinsen und einer voranschreitenden Digitalisierung gleichwohl deutlich gestiegen. Im Jahr 2021 hatten deutsche Start-ups laut einer Studie der Beratungsfirma EY so viel Risikokapital erhalten wie noch nie. Der Gesamtwert habe sich demnach auf fast 17,3 Milliarden Euro mehr als verdreifacht. Inzwischen hat sich der Wind angesichts der Talfahrt von Technologiewerten an den Börsen, steigender Zinsen, Inflation und einer weltweiten Wirtschaftsabkühlung wieder gedreht.
Der Start-up-Verband begrüßte den Plan aus dem Wirtschaftsministerium. Der vorliegende Entwurf setze die richtigen Schwerpunkte, um die Bedingungen für Start-ups in Deutschland zu verbessern, erklärte Christian Miele, Vorstandsvorsitzender des Verbands. "Wird die Start-up-Strategie konsequent umgesetzt, leisten Start-ups zukünftig einen noch größeren Beitrag zu der wirtschaftlichen, ökologischen und gesellschaftlichen Transformation unseres Landes."
Bosch als Wagniskapitalgeber
Unterdessen engagiert sich der Technologiekonzern Bosch erneut als Wagniskapitalgeber für Start-ups. Bosch legt über die Tochtergesellschaft Robert Bosch Venture Capital (RBVC) einen Fonds mit einem Volumen von 250 Millionen Euro auf. Es handele sich dabei um den fünften Fonds des Unternehmens, teilt das Unternehmen mit.
RBVC sei auf innovative Technologie-Start-ups spezialisiert, hieß es in einer Mitteilung. Zum Portfolio gehörten mehr als 50 Unternehmen. Man beteilige sich mit jeweils bis zu 25 Millionen Euro an Start-ups und unterstütze sie mit Wissen und dem Netzwerk des Unternehmens. Bosch erhalte wiederum frühzeitig Zugang zu neuen Technologien und könne diese in eigene Innovationen einfließen lassen. Jährlich investiere RBVC in sechs bis zehn Start-ups.