Ex-Manager nicht vor Gericht erschienen Vorerst kein Prozess um Steinhoff-Skandal
Der Vorwurf der Bilanzmanipulation beim Möbelkonzern Steinhoff sollte heute vor dem Landgericht Oldenburg verhandelt werden. Angeklagt ist der frühere Chef, Markus Jooste. Doch der erschien nicht zur Verhandlung.
Der Prozess zum milliardenschweren Bilanzskandal bei dem internationalen Möbelkonzern Steinhoff wird vorerst ausgesetzt. Der wegen Anstiftung zur Bilanzmanipulation angeklagte 62-Jährige fehlte beim Prozessauftakt vor dem Oldenburger Landgericht. Wegen der vorgeworfenen Bilanzmanipulationen laufen gegen Jooste derzeit auch strafrechtliche Ermittlungen an seinem Wohnort in Südafrika.
Haftbefehl wegen Fluchtgefahr
Sein deutscher Anwalt, Bernd Groß, erklärte, eine deshalb seit 2017 geltende Vereinbarung zwischen Jooste und der südafrikanischen Justiz erlaube es nicht, dass sein Mandant das Land verlasse. Die Staatsanwaltschaft beantragte daraufhin vor dem Gericht einen Haftbefehl gegen Jooste. "Es besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr", sagte Staatsanwalt Frank Lohmann.
Im Bilanzskandal um den internationalen Möbelkonzern Steinhoff sollte neben Jooste auch ein Treuhänder vor dem Oldenburger Landgericht stehen. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautet Anstiftung in fünf Fällen, beim ehemaligen Unternehmenschef und Beihilfe zur Bilanzmanipulation beim Treuhänder. Ein weiterer Prozess gegen zwei Geschäftsführer einer deutschen Tochtergesellschaft von Steinhoff wurde vom Hauptverfahren abgetrennt und soll am 3. Mai ebenfalls in Oldenburg beginnen. Auch hier geht es um Bilanzmanipulationen.
Börsenwert nahe null
Im Jahr 2017 hatte das Bekanntwerden von Manipulationen fast den gesamten den Börsenwert des Unternehmens vernichtet. Die Aktie der Steinhoff International Holding, die 2017 noch bei fünf Euro notiert hatte, wird im Frankfurter Handel zu rund einem Cent gehandelt.
Steinhoff hat seine Wurzeln in Westerstede in Niedersachsen. Die weltweit agierende Steinhoff International Holdings hat heute aber ihren Hauptsitz in Amsterdam und wird von Südafrika aus gesteuert. Die von Firmengründer und Namensgeber Bruno Steinhoff aus Westerstede aufgebaute Gruppe galt lange als Europas zweitgrößter Möbelkonzern. In Deutschland war Steinhoff für die Möbelkette Poco bekannt, die mittlerweile an den Konkurrenten XXXLutz verkauft worden ist.
Scheingeschäfte schönten die Bilanz auf
Laut der Staatsanwaltschaft stehen gegen Jooste und den Treuhänder mehrere Vorwürfe im Raum. So sollen sie die Bilanz des Konzerns unter anderem um mehr als 1,5 Milliarden Euro nach oben korrigiert haben. Anlass für die falschen Angaben in den Bilanzen waren laut der Anklage Gewinnvorstellungen von Jooste, die durch das reguläre Geschäft nicht erreicht werden konnten, wie eine Gerichtssprecherin sagte.
Dazu sollen von Juli 2011 bis Januar 2015 Buchgewinne aus Scheingeschäften in die Bilanzen konzernzugehöriger Gesellschaften hineingeschrieben zu haben. Darüber hinaus soll laut Staatsanwaltschaft auch das erworbene Immobilienvermögen um 820 Millionen Euro zu hoch angesetzt worden sein.
Umschuldungsplan und Schadenersatz
Im Prozess in Oldenburg geht es allein um die falschen Darstellungen in den Bilanzen. "Es geht nicht um einen Schaden, der entstanden ist", so die Gerichtssprecherin. Bilanzfälschung sei eine Straftat. Jooste weist nach früheren Berichten die Vorwürfe zurück. Nach dem Kurseinbruch der Aktie vor rund fünf Jahren musste Jooste seinen Posten an der Konzernspitze aufgeben. Viele der geschädigten Anlegeriennen und Anleger kamen aus Südafrika, darunter auch Rentenfonds.
Die Steinhoff International Holdings arbeitet nach eigenen Angaben derzeit einen Umschuldungsplan nach niederländischem Konkursrecht aus. Im März diesen Jahres hatten Steinhoff-Aktionäre einen vorherigen Plan zur Schuldenrestrukturierung abgelehnt. Das Unternehmen muss einen Schuldenberg von 10,2 Milliarden Euro abbauen.
Im vergangenen Jahr hatte Steinhoff sich im Zuge einer Sammelklage bereit erklärt, 1,2 Milliarden Euro an geschädigte Anleger zu zahlen. Drei Jahre zuvor hatte die südafrikanische Finanzaufsicht FSCA wegen falscher, irreführender und trügerischer Angaben eine Strafe in Höhe von 1,5 Milliarden südafrikanischen Rand (74,8 Millionen Euro) verhängt.