Energiekrise in Deutschland Kohlekraftwerk Heyden 4 wieder am Netz
Seit heute Morgen versorgt das Steinkohlekraftwerk Heyden 4 in Nordrhein-Westfalen wieder den Strommarkt. Auch andere Meiler sollen bald hochgefahren werden. Der Umweltverband Greenpeace hält diesen Schritt für "bitter, aber unumgänglich".
Die Energiekrise verhilft den Steinkohlekraftwerken in Deutschland zu einem Comeback. Um Gas in der Stromversorgung zu sparen, ist nun ein weiterer Meiler aus der Reserve geholt worden. Das Kraftwerk Heyden im nordrhein-westfälischen Petershagen an der Grenze zu Niedersachsen sei seit heute Früh 5.30 Uhr wieder regulär am Netz, sagte ein Sprecher des Betreibers Uniper.
Es soll nach früheren Angaben bis Ende April Strom produzieren. Das Kraftwerk Heyden 4 ist mit einer Leistung von 875 Megawatt laut Uniper eines der leistungsstärksten Kohlekraftwerke Deutschlands. Es war seit 1987 in Betrieb und befand sich zuletzt in der Netzreserve. Das bedeutet, dass es nur noch zeitweise Strom für die Netzstabilität produzierte.
Auch STEAG will Kraftwerke hochfahren
Mitte Juli hatte die Bundesregierung beschlossen, mit Steinkohle oder Öl betriebenen Kraftwerken aus der sogenannten Netzreserve wieder den Betrieb zu erlauben, um so Erdgas einzusparen. Die Verordnung gilt vorerst bis Ende April 2023. Im Juli lag der Gasanteil an der Stromerzeugung laut Bundesnetzagentur bei 9,8 Prozent.
Als erstes Steinkohlekraftwerk war Anfang August das Kraftwerk Mehrum im niedersächsischen Hohenhameln, das dem tschechischen Energiekonzern EPH gehört, aus der Reserve geholt worden. Im Saarland will der Essener Energieversorger STEAG seine Werke Quierschied (Weiher III) und Bexbach spätesten im November wieder hochfahren.
Greenpeace fordert Ausgleich
Der Umweltverband Greenpeace bezeichnete die Wiederinbetriebnahmen als notwendig. "Es ist bitter, aber unumgänglich, dass bereits stillgelegte Kohlekraftwerke wieder ans Netz gehen", sagte Karsten Smid, Klima- und Energieexperte bei Greenpeace.
"Um sich aus der politisch verschuldeten Abhängigkeit von Putins Gaslieferungen zu befreien, müssen Steinkohlekraftwerke kurzzeitig in die Bresche springen." Damit daraus kein Rückschritt für den Klimaschutz werde, müssten jedoch die jetzt zwangsläufig entstehenden zusätzlichen Emissionen in den folgenden Jahren ausgeglichen werden, sagte Smid.
Klares Nein zu Braunkohlekraftwerken
Greenpeace fordert aber, auf das Anfahren von Braunkohlekraftwerken für die Stromversorgung zu verzichten. "Für eine sichere Stromversorgung muss kein einziges der besonders klimaschädlichen Braunkohlekraftwerke wieder angefahren werden - um die beschlossenen Klimaziele zu erreichen, dürfen sie auf keinen Fall neu befeuert werden", sagte Smid.
"Die hohen Preise für Gas und Strom erzwingen einen sparsamen Umgang mit Energie und machen Wind- und Sonnenstrom konkurrenzlos günstig", sagte der Greenpeace-Experte.