Europas größter Reisekonzern TUI kommt zurück an die Frankfurter Börse
Nach zehn Jahren an der Börse in London kehrt der Reisekonzern TUI zurück an die Frankfurter Börse. Das Unternehmen mit Sitz in Hannover wird ab heute wieder vorrangig in Deutschland gehandelt.
Wenn ein börsennotiertes Unternehmen an einen anderen Handelsplatz umzieht, hat das mit Kartons und Lastwagen wenig zu tun. Der Umzug geht heutzutage elektronisch und für die Aktionäre fast unbemerkt. Ein Unternehmen, das nun einen solchen Umzug vollzogen hat, ist TUI: Für den Reisekonzern endet das Gastspiel an der britischen Börse nach zehn Jahren.
Wieso aber waren die Aktien des Unternehmens aus Hannover eigentlich bis zuletzt in London gelistet? Marc Tüngler, Geschäftsführer der Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, schaut zurück in das Jahr 2014: "Da gab es eine Fusion zwischen der TUI und TUI Travel, ein britisches Unternehmen. Und um den Aktionären der britischen Gesellschaft die Fusion schmackhaft zu machen, hatte man sich damals entschieden, die Aktie nach London zu geben."
Größere Nachfrage in Deutschland
Gefragt waren die TUI-Papiere zuletzt aber eher in Deutschland. Der Konzern verweist darauf, dass zuletzt etwa drei Viertel des Handels über das deutsche Aktienregister liefen. Investoren hätten angesichts dessen vorgeschlagen, den Handelsplatz zu wechseln und die Hauptnotierung an der Londoner Börse aufzugeben.
Im Februar dann votierten die Aktionäre auf der Hauptversammlung fast einstimmig für den Umzug. Tourismusexperte Michael Gierse von der Fondsgesellschaft Union Investment begrüßt den Schritt. In England gebe es kaum Interesse an der Aktie: "Das ist für alle eine deutsche Aktie mit einer Börsennotierung in London, und das ist keine gute Kombination."
Neues Geschäftsmodell
Der Neuanfang an der Frankfurter Börse passt auch zur geschäftlichen Situation des Reisekonzerns. TUI hat schwere Jahre hinter sich. In der Corona-Pandemie drohte die Pleite. Der Staat griff dem Unternehmen unter die Arme. Die Hilfen hat der Reisekonzern inzwischen zurückgezahlt.
Und auch die Reiselust ist wieder da: Im vergangenen Jahr erzielte TUI einen Rekordumsatz - und der Start ins laufende Geschäftsjahr verlief ebenfalls bestens: "Es gibt immer noch Aufholeffekte, und die knappen Kapazitäten sorgen dafür, dass Plätze knapp sind und Preise steigen", so Tourismusanalyst Michael Gierse von Union Investment. Das wiederum sei natürlich gut für das Geschäft von TUI.
Er betont aber auch, dass ein verändertes Geschäftsmodell des Konzerns einen positiven Beitrag leiste: "TUI möchte nicht mehr so viele Flugzeuge, Schiffe und Hotels im Eigenbesitz haben, sondern man versucht, das etwas outzusourcen." Gleichzeitig dürfe man aber auch den Zugriff zu diesen Hotels, Flugzeugen und Kreuzfahrtschiffen nicht verlieren, "um operativ immer flexibel zu sein".
Positives Signal für Frankfurt
Der Reisekonzern also stellt sich für die Zukunft auf und das betrifft auch das Börsengeschehen. Die Aktie ist krisengeschüttelt und deutlich weniger wert als etwa noch vor fünf Jahren. Zuletzt aber ging es für die TUI-Aktionäre ein gutes Stück bergauf. Anlegerschützer Marc Tüngler sieht das Potenzial, dass mit dem Umzug an den deutschen Aktienmarkt auch die TUI-Papiere weiter gefragt sind.
Die Entscheidung für Frankfurt sei auch ein positives Signal für den gesamten Standort: "Das gibt doch Mut - fast Euphorie -, dass der Kapitalmarkt in Deutschland doch attraktiv ist", so Tüngler. Zuletzt habe es viele Unternehmen gegeben, die sich eher verabschiedet haben. "Jetzt kommt TUI zurück. Insgesamt ist das nur positiv zu bewerten, sowohl für den Kapitalmarkt in Frankfurt und in Deutschland als auch für TUI selbst", urteilt der Experte.
Endgültig abgeschlossen ist der TUI-Umzug an die Frankfurter Börse noch nicht. Im Juni erwarten Analysten die Aufnahme in den MDAX. Dann ist der Reisekonzern wieder vollständig am deutschen Parkett gelandet.