Steigende Einnahmen von TUI Am Reisen sparen die Deutschen nur ungern
Nach der Beinahe-Pleite in Corona-Zeiten läuft das Geschäft beim Reisekonzern TUI wieder glänzend. Auch stark gestiegene Preise oder Ärger am Flughafen halten Kunden nicht von der Buchung ab.
Eigentlich gäbe es viele Gründe, dass Urlaubern die Freude am Reisen vergeht: In Hotels und Gastronomie herrscht Personal-Notstand, bei Fluggesellschaften gibt es stundenlange Verspätungen - oder Flüge fallen wegen nicht enden wollender Streiks ganz aus. Dazu kommen Klagen über schlechten Service oder Koffer-Chaos am Airport. Selten habe die Branche für viel Geld so schlechten Service geboten wie heute, berichten Verbraucherverbände.
Trotzdem boomt der Tourismus. Nach den Erfahrungen der Corona-Jahre nehmen die Kunden offenbar alles in Kauf. Die Reiselust - gerade bei Deutschen - ist ungebrochen. Auch wenn die hohe Inflation den Konsum trübt: Am Reisen wird ungern gespart. Das macht sich auch beim weltweit größten Reisekonzern TUI bemerkbar, der jedenfalls keinen Grund zu klagen hat.
Vorsteuergewinn sogar in der Wintersaison
Der in Pandemie-Zeiten schwer angeschlagene Konzern, der nur mit Steuermitteln am Leben gehalten werden konnte, ist zurück auf Wachstumskurs. Auf der heutigen virtuellen Hauptversammlung lässt er die Muskeln spielen: Die Einnahmen sprudeln wie selten zuvor. Die Bereitschaft der Kunden, für den Urlaub tiefer in die Tasche zu greifen, sei groß, heißt es vom Branchenriesen.
Die Wahrheit ist wohl eher, dass es der TUI erfolgreich gelungen ist, ihre massiven Preissteigerungen ohne viel Widerstand durchzudrücken. Bei der Europäischen Zentralbank gilt der Reiseanbieter hinter den Kulissen als eines der deutschen Unternehmen, das der "Gierflation" frönt - also die Preise deutlich stärker erhöht, als es wegen der gestiegenen Kosten nötig wäre.
Unter dem Strich jedenfalls hat es sich für den Konzern ausgezahlt: Netto macht die TUI zwar weiter Verluste, beim bereinigten Vorsteuerergebnis gibt es aber ein Plus von sechs Millionen Euro im vergangenen Quartal nach 153 Millionen Euro Verlust im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Aus Analystensicht eine gute Leistung, denn die Wintersaison ist normalerweise eher schwach. Im gesamten vergangenen Geschäftsjahr reisten 20,7 Millionen Menschen mit der TUI-Gruppe - so viele wie vor Corona. Die Steuerhilfen wurden zurückgezahlt. Die Buchungslage für den Sommer kann sich sehen lassen.
Neue Flugzeuge müssen her
Die TUI ist also zurück, und sie will operativ weiter wachsen - um sieben bis zehn Prozent jedes Jahr. Dafür braucht sie auch neue Flugzeuge. Allerdings hat der Konzern auf die 737-MAX-Reihe von Boeing gesetzt, die seit Sommer 2021 teilweise schon im Einsatz ist, was die meisten Kunden gar nicht wissen. Also genau auf den Maschinentyp, der beim US-Flugzeug-Bauer Boeing wegen Mängeln und Produktions-Problemen eine Krise nach der nächsten zur Folge hat.
346 Menschen verloren ihr Leben, als zwei Modelle der ersten Generation der 737-MAX abstürzten. Jetzt flog bei Alaska Airlines beim Start eine Tür aus der Kabinenverkleidung, vermutlich weil beim Nachfolgemodell Bolzen falsch saßen und Schrauben nicht richtig angezogen waren. Die Passagiere kamen mit dem Schrecken davon. Vorsorglich mussten 170 Jets zeitweise am Boden bleiben.
Boeing kann wohl nicht rechtzeitig liefern
"Wir sind mit den Boeings, die wir fliegen, hochzufrieden, das ist ein sehr performantes Flugzeug", lobt TUI-Konzernchef Sebastian Ebel dennoch seine Flugzeuge. Sie gehören anderen Baureihen als die Unglücksjets an. Er wartet auf 46 neue MAX-8 und MAX-10-Modelle. Für 32 weitere gibt es eine Option.
Doch Boeing kann wohl nicht rechtzeitig liefern; unter anderem, weil in vielen Maschinen falsche Bohrlöcher gesetzt wurden und die Behörden jetzt schärfer kontrollieren. Das wiederum könnte den ehrgeizigen Wachstums-Plänen der TUI einen Dämpfer versetzen - und der Aktie schon bald wieder einen Knacks geben.
Aktie soll wieder in Frankfurt notieren
Die soll jetzt wieder umziehen und ihre Hauptnotierung zurück in Frankfurt erhalten. Zehn Jahre lang dauerte ihr Ausflug an die Themse - so lange hatte die TUI-Aktie ihre Hauptnotierung an der Londoner Börse. Als Nebenwert in Frankfurt und Hannover, dem Stammsitz des Unternehmens, spielte sie nur geringe Rolle.
Damals fusionierten die deutsche TUI und die britische TUI Travel zum größten Reiseveranstalter der Welt. Für die kostspielige Dreifach-Notierung mit Schwerpunkt London gab es viele Gründe: Londons Aktienmarkt war damals in Europa besonders wichtig, eine Fusion der Börsen London und Frankfurt wurde immer wieder diskutiert und auch - erfolglos - versucht, Großbritannien war noch nicht aus der EU ausgetreten, und Engländer, Schotten, Waliser und Nordiren verreisen genauso gerne verreisen wie die Deutschen - wenn nicht noch lieber.
Damit ist jetzt Schluss. Heute entscheiden die Aktionäre der TUI, die Hauptnotierung wieder nach Frankfurt zur verlegen. 75 Prozent der Anteilseigner müssen zustimmen. Das gilt als sicher. Nach der Rückkehr an den Main winkt der durch Corona arg zerrupften Aktie ein Platz im M-DAX, der angesehenen Börsenliga mittelgroßer Unternehmen. Irgendwann gelingt vielleicht auch die Rückkehr zu den glorreichen Zeiten: 18 Jahre lang war die TUI - die meiste Zeit hieß sie noch Preussag - fester Bestandteil des DAX.