Aktionen deutscher Firmen So helfen Unternehmen der Ukraine
Egal ob Geldspenden, Nahrungsmittel oder Medikamente, Filteranlagen, Funkgeräte oder Transporthilfen: Viele deutsche Unternehmen organisieren seit Kriegsbeginn Hilfsaktionen für die Ukraine. Ein Überblick.
Seit drei Monaten herrscht in der Ukraine Krieg. Auch beim diesjährigen Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos ist der russische Angriff eines der vorherrschenden Themen. Die Ziele dabei: "Einerseits die schwere Situation in der Aktualität zu versuchen, vielleicht etwas zu verbessern, aber sicherlich auch, auf den Wiederaufbau dann in der Ukraine hinzuarbeiten", sagte jüngst Alois Zwinggi, geschäftsführender Direktor der WEF-Stiftung. Neben dem Rückzug aus Geschäften in Russland beteiligen sich auch viele deutsche Unternehmen an Hilfsaktionen, um das Land zu unterstützen und den Menschen vor Ort oder den Geflüchteten zu helfen. Die Firmen nutzen dabei sehr unterschiedliche Möglichkeiten.
Konzerne sammeln Geld ein
Bei Spenden denken die meisten Menschen vermutlich zunächst an Geld. Und die Summen sind tatsächlich beeindruckend: Bis Ende April wurden in Deutschland laut einer Befragung des "Spiegel" auf der Grundlage einer Erhebung des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI) mindestens 752 Millionen Euro für Menschen in und aus der Ukraine gesammelt. Schon jetzt ist es das höchste Spendenvolumen für einen einzelnen Anlass in der Geschichte der Bundesrepublik.
Dazu trugen auch die Unternehmen bei: Einige starteten einen Aufruf an ihre Mitarbeiter, Geld zu sammeln. Die Belegschaft von Volkswagen habe allein bis Mitte März 1,2 Millionen Euro an die UN-Flüchtlingshilfe gespendet, teilte VW kürzlich mit. Bei den DAX-Unternehmen Siemens und Siemens-Healthineers kamen 4,2 Millionen Euro zusammen.
Auch zahlreiche Firmen selbst spenden Gelder an verschiedene Hilfsorganisationen. So überwies BMW eine Million Euro an UNICEF, Volkswagen und Audi spendeten die gleiche Summe an die UN-Flüchtlingshilfe oder die Deutsche Bank und Mercedes an das Deutsche Rote Kreuz (DRK). Der Versicherer Allianz spendete zehn Millionen Euro unter anderem an das DRK. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Seriöse Schätzungen zu den Unternehmensspenden gibt es nicht - doch sie sind hoch.
Unternehmen haben schnell reagiert
Auch über die Geldspenden hinaus gibt es für Betriebe viele Möglichkeiten zu helfen. "Sofort nach Kriegsbeginn haben Unternehmen angefangen, ihre ukrainischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu unterstützen - etwa bei gewünschten Evakuierungen in Nachbarländer oder der Beschaffung von neuen Jobs", erklärt Stefan Kägebein, Regionaldirektor Osteuropa des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, im Gespräch mit tagesschau.de. So organisierte etwa der Pharmakonzern Bayer Unterkünfte in Polen. Auch der Landmaschinenhersteller Claas aus Ostwestfalen brachte einige Beschäftigte und deren Familien in einen sicheren Teil des Landes.
"Die überwiegende Mehrheit der Unternehmen, die in der Ukraine aktiv sind, hat wenige Tage nach Kriegsbeginn damit begonnen, auf die eine oder andere Art zu helfen: mit Geld, Gütern, Logistik oder Hilfe für die Geflüchteten", so Kägebein. Ein Beispiel sind Supermärkte: Die Schwarz-Gruppe um Lidl und Kaufland stellte bereits Anfang März unter anderem haltbare Lebensmittel, Heimtextilien oder Hygieneartikel im Wert von zehn Millionen Euro zur Verfügung. Aldi Nord steuerte Babynahrung und Hygieneartikel für eine Million Euro bei.
"Vor allem in umkämpften Gebieten ist es wichtig, dass Nahrungsmittel geliefert werden. Gleichzeitig müssen auch die Produktion und das normale Leben im Land so weit möglich aufrechterhalten werden", betont der Experte. So ist das Thema Medizin ist laut dem Ost-Ausschuss von enormer Bedeutung. "Über die Aktion Medeor organisieren große deutsche Pharma- und Medizin-Verbände Spendensammlungen von Medikamenten in kritischen Größenordnungen für die Ukraine", sagt Kägebein.
Um Hilfsprojekte für die Ukraine zu koordinieren und Informationen für interessierte Betriebe zu bündeln, haben die Spitzenverbände der Deutschen Wirtschaft eine Initiative ins Leben gerufen. Mit der Internetplattform #WirtschaftHilft, an dem der Industrieverband BDI, der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK), der Handwerksverband ZDH sowie der Arbeitgeberverband BDA beteiligt sind, sollen die Hilfsangebote an der Situation vor Ort ausgerichtet sein.
Logistiknetzwerk der Bahn bis in die Ukraine
Transportiert wird ein Großteil der Waren derweil über ein eigens eingerichtetes Logistiknetz der Deutschen Bahn. Per Lastwagen und Güterzug können tausende Tonnen Lebensmittel, Trinkwasser und Sanitärartikel direkt in das Land gebracht oder in Polen an die ukrainische Eisenbahn übergeben werden. Unternehmen, die spenden wollen, müssen sich nur bei der Bahn melden, die die Fracht kostenlos abholt. Auch Autokonzerne wie BMW unterstützen gemeinnützige Partner mit Fahrzeugen für den Transport.
Gerade mit Blick auf den kommenden Winter sei außerdem die Energieinfrastruktur sowie die Strom- und Wasserversorgung, die vielerorts zerstört wurde, entscheidend, so Kägebein gegenüber tagesschau.de. "Die Firma Wilo aus Dortmund hat zum Beispiel mehrfach schon Filter-Wasser-Rucksäcke in die Ukraine geschickt. Jedes dieser Systeme kann über 1000 Liter Flusswasser filtern und mehrere Hundert Menschen mit frischem Trinkwasser versorgen."
Spenden außerhalb der Öffentlichkeit
Auch der Softwarekonzern SAP stellte der Ukraine humanitäre Hilfe in Höhe von einer Million Euro bereit - auf ihre eigene Art: Die Technologien des IT-Giganten helfen dem UN-Flüchtlingshilfswerk, dem Roten Kreuz und anderen Organisationen dabei, die Arbeit der Menschen zu koordinieren und zu vereinfachen.
"Letztendlich werden an vielen Ecken Dinge gebraucht", berichtet der Experte vom Ost-Ausschuss. Viele Aspekte bekomme die Öffentlichkeit gar nicht mit: "Es gibt viele Unternehmen, die das außerhalb der Wahrnehmung machen." Die Lieferung von Funkgeräten oder technischer Ausstattung. Vieles laufe bilateral, dezentral oder versteckt in größeren Aktionen: "Alles in allem leistet die deutsche Wirtschaft große Hilfe."