Geschäfte mit losem Sortiment Zahlreiche Unverpackt-Läden mussten 2023 schließen
Die hohe Inflation hat die Zahl der Unverpackt-Läden in Deutschland im vergangenen Jahr einbrechen lassen. Doch Experten sehen eine Trendwende. Denn die Vermeidung von Müll treffe immer noch einen Nerv.
Die gestiegenen Lebenshaltungskosten der Haushalte infolge der hohen Inflation machen den Unverpackt-Läden in Deutschland zu schaffen. Etliche mussten im vergangenen Jahr aufgeben. Derzeit sind beim Verband der Unverpackt-Läden bundesweit 235 dieser Geschäfte verzeichnet, die Verpackungsmüll vermeiden wollen. Das waren 50 weniger als noch vor einem Jahr.
Im Jahr 2022 zählte "unverpackt e.V." sogar 70 Schließungen. Dem standen 44 Ladeneröffnungen von Mitgliedern des 2018 gegründeten Verbands im selben Zeitraum gegenüber.
Menschen weiterhin sehr preisbewusst
Unverpackt-Läden sind Geschäfte, in denen das gesamte Sortiment lose - also ohne Verpackungen - angeboten wird. Ziel ist es, Lebensmittelabfall und Müll zu vermeiden. Etwa in Deutschland war im Jahr 2021 deutlich mehr Verpackungsmüll pro Kopf verbraucht worden als im europäischen Durchschnitt. Rund 237 Kilogramm Kunststoff, Papier- oder Glasverpackungen fielen nach Angaben des Statistischen Bundesamts hierzulande pro Kopf an. Lediglich Irland produzierte pro Kopf mit 246 Kilogramm mehr.
Mit Blick auf die negative Entwicklung der Unverpackt-Läden verweist der Verband auf den Zusammenhang mit der allgemeinen Krise des Einzelhandels und das vergleichsweise junge Alter der Branche, in der nicht jeder Laden die ersten fünf Jahre überstehe. Hinzu kommt, dass viele Verbraucherinnen und Verbraucher dem Marktforschungsinstitut GfK zufolge gerne schnell ihre Einkäufe erledigen wollen.
Außerdem sorgten sich Konsumenten der GfK-Studie "Consumer Life" im vergangenen Jahr mehr um die Inflation und darum, ihre Rechnungen begleichen zu können als um den Klimawandel. Das sei auch heute noch teilweise so, erklärte NIQ/GfK-Nachhaltigkeitsexpertin Petra Süptitz. Verbraucherinnen und Verbraucher reagierten immer noch sehr preisbewusst. Viele suchten weiterhin nach Angeboten und günstigen Produkten.
"Unverpackt trifft immer noch den Nerv"
Der Tiefpunkt ist nach Ansicht der Expertin allerdings überwunden. Die Läden, die es mit guten Konzepten, Service und Ambiente bisher geschafft hätten, würden wahrscheinlich auch weiterhin bestehen, meint Süptitz. Nach Angaben des Unverpackt-Verbands ist die Zahl der Schließungen derzeit gering. Im Gegenzug seien 63 neue Läden in Planung.
Tatsächlich gebe es sogar Anzeichen für eine Trendwende, meint GfK-Expertin Süptitz. Das Qualitätsbewusstsein steige, und es werde nicht mehr nur das Nötigste gekauft. Zwar könnten die Unverpackt- und Bio-Läden davon aktuell noch nicht profitieren. Doch: "Unverpackt trifft immer noch den Nerv der Menschen."
So zeigte etwa der GfK-Nachhaltigkeitsindex zu Beginn des Jahres einen leichten Aufwind: 58 Prozent der Deutschen kaufen danach lieber weniger, dafür aber qualitätsbewusster. 74 Prozent achten außerdem auf Langlebigkeit. Das wirkt sich auch auf Verpackungen aus. Eine Befragung im Januar habe ergeben, dass sich 69 Prozent der Befragten wünschten, mehr Produkte ohne Verpackung kaufen zu können, berichtet Süptitz.