Vietnamesischer Autobauer VinFast zeitweise wertvoller als Ford
Nach seinem Gang an die Börse war der hierzulande noch weitgehend unbekannte Autobauer VinFast kurzzeitig mehr wert als die großen Marken in den USA. Was steckt hinter dem Hersteller aus Vietnam?
Der in Europa bislang wenig bekannte vietnamesische Autobauer VinFast ist nach seinem US-Börsendebüt zeitweise mehr wert gewesen als die deutlich größeren Platzhirsche General Motors und Ford. Nach einem Kursanstieg auf gut 37 Dollar kam das Unternehmen auf eine Marktkapitalisierung von rund 85 Milliarden Dollar. Ford ist an der Börse aktuell knapp 48 Milliarden Dollar wert, General Motors gut 46 Milliarden Dollar.
VinFast ist Teil der Unternehmensgruppe Vingroup und wurde 2017 gegründet. Der größte vietnamesische Mischkonzerns gehört wiederum dem reichsten Mann Vietnams, Pham Nhat Vuong. Den Grundstein für sein Vermögen hatte er mit dem Verkauf von Instantnudeln in der ehemaligen Sowjetunion gelegt.
VinFast hat Betrieb erst 2019 aufgenommen
Erstmals führte VinFast 2019 drei Modelle offiziell auf dem vietnamesischen Markt ein: die Limousine Lux A2.0, der SUV Lux SA2.0 und das Stadtauto Fadil. Dazu kamen drei E-Scooter. 2021 brachte das Unternehmen neben einem weiteren E-Auto in Vietnam auch zwei Elektrofahrzeuge, die SUV VF 8 und VF 9, auf den globalen Markt. In diesem Jahr wurden schließlich die ersten Exemplare beider Modelle ausgeliefert. Nach eigenen Angaben hat der Autobauer bis Ende Juni weltweit rund 19.000 Autos produziert und verkauft.
VinFast hatte seine Pläne für einen US-Börsengang im Dezember öffentlich gemacht und ist das erste vietnamesische Unternehmen, das diesen Weg nimmt. Ab Ende des Jahres sollen Autos in den USA verkauft werden. Dazu plant der Konzern 2025 den Bau eines Werks im Bundesstaat North Carolina für vier Milliarden Dollar. Im Juli fand der erste Spatenstich statt. In Europa hat VinFast bereits zwei Geschäfte eröffnet, in Paris und in Köln.
Der gelungene Börsenstart unterstütze nun "das Engagement von VinFast für eine nachhaltige Mobilität auf der ganzen Welt und öffne gleichzeitig den Zugang zum internationalen Kapitalmarkt", erklärte Firmenchefin Le Thi Thu Thuy. Seit Anfang 2022 steht sie an der Spitze von VinFast. Ihr Vorgänger war Ex-Opel-Chef Michael Lohscheller, der den Posten allerdings nach nur vier Monaten wieder räumte.
Kein klassischer Börsengang
An die Börse in New York ging VinFast - wie viele junge Autobauer zuvor - über einen Umweg. Statt eines klassischen Börsengangs, bei dem ein Unternehmen stärker durchleuchtet wird, fusionierten die Vietnamesen mit einer bereits börsennotierten Firmenhülle, einer sogenannten Special Purpose Acquisition Company (SPAC). Der Ausgabepreis der Aktie betrug 22 Dollar, er legte im Laufe des Handelstages auf 35,06 Dollar zu.
Beim Börsenwert ist allerdings zu beachten, dass nur eine relativ geringe Zahl von VinFast-Aktien gehandelt werden, sodass es schnell starke Kursbewegungen geben kann. Im nachbörslichen Handel fielen die Papiere letztlich wieder um mehr als zwölf Prozent. Zudem ist VinFast noch nicht rentabel. Der Umsatz fiel im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahr um 49 Prozent. Das Unternehmen verzeichnete einen Nettoverlust von 598 Millionen Dollar. Auch im Jahr 2022 stand unterm Strich ein Minus von 2,1 Milliarden Dollar.
Auch andere neue Autofirmen hatten schon hohe Börsenbewertungen erzielt, die sie nicht unbedingt halten konnten. So erreichte Rivian, ein Hersteller elektrischer Pickups, SUV und Lieferwagen, im November 2021 einen Börsenwert von 150 Milliarden Dollar. Inzwischen liegt er nach Engpässen in der Zuliefererkette knapp unter 20 Milliarden Dollar.