Tiguan-Weltpremiere Volkswagen feiert den Verbrenner
VW zeigt heute die Neuauflage eines seiner derzeit erfolgreichsten Modelle. Dass es sich dabei um einen Verbrenner handelt, steht sinnbildlich für die Lage des Autobauers: Mit den E-Autos läuft es derzeit nicht gut.
Weltpremieren feiert Volkswagen normalerweise gern vor Journalisten an glamourösen Orten. Beim neuen Tiguan ist das anders: Er wird ausnahmsweise nicht in Paris, Genf oder New York vorgestellt.
Die dritte Generation des Bestseller-Autos wird heute zum ersten Mal in Halle 11 des Stammwerks Wolfsburg gezeigt. Ganz bodenständig vor mehreren Tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das sei ein Zeichen der Wertschätzung an diejenigen, die das Auto bauen, heißt es von Volkswagen.
Ton zwischen Belegschaft und Konzern wird rauer
Wenn Vorstand und Mitarbeiter auf der Bühne ihre Selfies mit dem Tiguan gemacht haben, wird es wohl weniger feierlich weitergehen. In der anschließenden Betriebsversammlung will Volkswagens Betriebsratschefin Daniela Cavallo drängende Fragen zum angekündigten Sparprogramm stellen.
Im Mai war bekannt geworden, dass die schwache Kernmarke VW ihre Rendite bis 2026 kräftig steigern soll. Details sind dazu aber bisher nicht bekannt. Der Ton zwischen Management und Betriebsrat dürfte in den nächsten Monaten rauer werden.
Geschäft mit E-Autos schwächelt
Dass heute bei VW in Wolfsburg ein Verbrenner-Modell gefeiert wird, zeigt sinnbildlich die Lage des Autobauers: Das Geschäft mit den Verbrennern läuft gut; sie spülen Volkswagen das Geld in die Konzernkasse. Die Nachfrage nach Elektromodellen ist dagegen ins Stottern geraten: Im Vorzeigewerk für Elektroautos im sächsischen Zwickau werden die Verträge von knapp 270 Leiharbeitern nicht verlängert.
In VWs einziger reiner Elektrofabrik werden unter anderem die Modelle ID3, ID4 und ID5 gebaut. Befürchtet wird, dass weitere befristete Beschäftigte gehen müssen. Auch am Standort Emden, wo Volkswagen den ID4 baut, wurden die Verträge von 300 Beschäftigten nicht verlängert.
Wirklich nur ein "Zwischentief"?
Die Lust an E-Autos war in Deutschland zuletzt deutlich getrübt. Analysten sehen mehrere Gründe: eine gesunkene Kaufprämie, die Inflation, hohe Preise und teils lange Lieferzeiten für reine E-Modelle. Für den Vorstand von Volkswagen ist das trotzdem kein Grund für eine Kurskorrektur.
Der Chef der Kernmarke VW, Thomas Schäfer, hatte Anfang des Monats von einem "Zwischentief" gesprochen. Er gehe davon aus, dass der E-Auto-Anteil in Europa in den kommenden Jahren deutlich steigen wird. Dass Volkswagen mit seinem E-Auto-Kurs nicht auf dem Holzweg ist, wird er heute wohl auch vor der Belegschaft betonen.
Niedrigere Mehrwertsteuer als Kaufanreiz
Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies ist überzeugt, dass es den Autokäufern insgesamt schmackhafter gemacht werden muss, ein Elektrofahrzeug zu kaufen. Der SPD-Politiker hat unter anderem vorgeschlagen, die Mehrwertsteuer auf Elektroautos zu senken, um einen Anreiz zu setzen.
In jedem Fall müsse sich die Politik schnell entscheiden, so Lies. "Es geht jetzt darum, Marktanteile im Segment der Elektromobilität bei europäischen und bei deutschen Autoherstellern zu sichern."