Verschleppte Genehmigungen Windkraftunternehmen verklagen Behörden
Zahlreiche Firmen aus der deutschen Windkraftbranche haben die Behörden verklagt. Sie werfen ihnen Untätigkeit in Genehmigungsverfahren vor. Mecklenburg-Vorpommern sticht mit 19 Fällen deutlich heraus.
Mehrere deutsche Gerichte befassen sich mit Klagen von Unternehmen wegen verschleppter Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen. Einer Umfrage der Nachrichtenagentur dpa zufolge waren zuletzt mindestens rund 30 solcher Untätigkeitsklagen von Firmen aus der Branche gegen Behörden anhängig. In den meisten Bundesländern handelt es sich allerdings um Ausnahmen. In einigen gab es zum Stichtag 1. Oktober gar keine entsprechenden Klagen.
Behörden haben sieben Monate Zeit für eine Genehmigung
In den Verfahren geht es teils um seit Jahren nicht entschiedene Anträge von Windkraftunternehmen. Die Wirkung von Untätigkeitsklagen schätzt die Branche nach Angaben des Bundesverbands Windenergie (BWE) aber eher als gering ein. "Gerichtsverfahren dauern immer noch relativ lange, sodass Untätigkeitsklagen nicht unbedingt zu einer schnelleren Genehmigung führen", teilte der Verband auf Anfrage mit.
Zudem fehlten nachhaltige Folgen für Untätigkeit in Behörden - etwa ein pauschaler Schadenersatz für Verzögerungen. Für schnellere gerichtliche Verfahren plädiert der BWE daher für mehr Personal an den Gerichten.
Laut Gesetz haben Behörden nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen sieben Monate und in vereinfachten Verfahren drei Monate Zeit für eine Entscheidung. Sie können die Frist um jeweils drei Monate verlängern, müssen dies aber begründen. Der BWE kritisierte, dass eine Vollständigkeitsbestätigung oftmals ausbleibe oder durch die Nachforderung immer neuer Unterlagen hinausgezögert werde. Der Verband forderte die Begrenzung auf eine einmalige Nachforderung und auch Fristen für die Vollständigkeitsbestätigung.
Verfahren in Mecklenburg-Vorpommern dauern fast 16 Monate
Denn nach Zahlen des Bund-Länder-Kooperationsausschusses dauerten Genehmigungsverfahren im vergangenen Jahr ab Vollständigkeit der Unterlagen in Deutschland im Schnitt neun Monate. Der Median - ein Mittelwert, bei dem anders als beim Durchschnitt einzelne Extremwerte keinen besonderen Einfluss haben - liegt bei 6,4 Monaten. Nach einer Analyse der Fachagentur Windenergie an Land dauert es sogar mehr als zwei Jahre, bis ein Genehmigungsverfahren vollständig abgeschlossen wird.
Die Länge der Verfahren erhöhten die Wahrscheinlichkeit für Untätigkeitsklagen, so der BWE. Das zeigt sich besonders an Mecklenburg-Vorpommern, wo es 19 Klagen gibt. Dort lag der Durchschnitt von Genehmigungsverfahren bei fast 16 Monaten. Langsamer war von den Ländern mit entsprechenden Daten nur Thüringen (16,3).
Laut der dpa-Umfrage mit Rückmeldungen aus fast allen Bundesländern lagen bei den zuständigen Gerichten etwa in Bayern, Hamburg, dem Saarland oder Sachsen zuletzt keine entsprechenden Klagen vor. In Berlin und Brandenburg waren es laut gemeinsamen Oberverwaltungsgericht insgesamt weniger als fünf, in Schleswig-Holstein drei und in Niedersachsen zwei.
Mehrere Klagen bereits erfolgreich
Langwierige Verhandlungen vor dem Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern sind in diesem Jahr bereits mehrfach zugunsten von Windkraftplanern ausgegangen. Dabei sprach der Vorsitzende Richter unter anderem von einem "Ping-Pong-Spiel" in der Verwaltung und betonte das öffentliche Interesse des Windenergie-Ausbaus.
Strittige Themen bei den Verfahren waren etwa der Denkmal- oder Arten- beziehungsweise Vogelschutz. In anderen Bundesländern spielen diese Themen laut Umfrage ebenfalls eine Rolle. Eine Anfrage an das Schweriner Umweltministerium bezüglich der zahlreichen Klagen im Nordosten blieb zuletzt unbeantwortet.
Deutschland hinkt den Ansprüchen im Windkraftausbau weiter deutlich hinterher. Dem BWE zufolge wurden im laufenden Jahr 1,9 Windkraftanlagen pro Tag errichtet. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte zu Jahresbeginn noch ausgerufen, dass bis 2030 "vier bis fünf Windräder jeden Tag" hinzukommen sollen. Zuletzt kündigte die Europäische Union (EU) an, die Genehmigungsverfahren für den Bau neuer Windparks bis Mitte kommenden Jahres einfacher und schneller machen.