Nach US-Zollentscheidung Leichtes Aufatmen in Brüssel
Vorerst keine neuen Zölle seitens der USA - die Nachricht wird in der EU mit Erleichterung aufgenommen. Einerseits. Doch der heraufziehende Handelskrieg mit China dürfte auch Europa belasten.
Die EU atmet leise auf, aber die Sorgen bleiben. Die Entscheidung der USA, die Staaten der Europäischen Union von Zöllen auf Aluminium und Stahl auszunehmen, wird in Brüssel begrüßt, aber zunächst als vorläufig begriffen. Zugleich fürchten die EU-Staaten, von einem Handelskrieg zwischen den USA und China in Mitleidenschaft gezogen zu werden.
Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici sagte zu Beginn des zweiten Tags des EU-Gipfels in Brüssel, die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump sei ein Fortschritt. Weitere Verhandlungen seien aber nötig. Dies ergibt sich auch aus dem Kleingedruckten, denn die Ausnahmen auf die von heute an geltenden Zölle will die US-Regierung zunächst nur bis zum 1. Mai gewähren. In der Zwischenzeit soll weiter über die wechselseitigen Handelsbedingungen gesprochen werden.
Allein daraus ergibt sich: Es ist nicht ausgeschlossen, dass Trump am Ende doch noch zusätzliche Zölle verhängt. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier erwartet deshalb weitere intensive Gespräche. Im Deutschlandfunk begrüßte er aber, dass zunächst eine Situation großer Unsicherheit vermieden worden sei.
Und China?
Altmaiers Blick richtet sich hier auf Deutschland und die EU. Deutliche Unsicherheit auch bei der Wirtschaft hierzulande lösen indes die zusätzlichen Zölle aus, mit denen die USA Importe aus China belegen wollen.
"Uns kann das nicht zufriedenstellen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben, im ARD-Morgenmagazin. "Wir alle sind auch ein bisschen China, denn wir sind ja sehr stark Kunden und Lieferanten von China." Habe Deutschlands wichtigster Handelspartner Schwierigkeiten, komme das bei den hiesigen Unternehmen an. "Das hängt alles mit allem immer zusammen."
Auch Dieter Kempf, Präsident des Bundesverbands der Industrie, bezeichnete das Vorgehen der USA als "äußerst besorgniserregend". Mit ihrem Alleingang riskierten die USA eine Eskalation des Handelskonflikts mit China und allen Staaten, die weiterhin von den Zöllen betroffen sind, so der BDI-Präsident. Die Welthandelsorganisation müsse stattdessen als Hüterin des Welthandels gestärkt werden.
Peking deutet Reaktionen an
Dass China gewillt ist, auf die US-Zölle zu reagieren, machte die Führung des Landes umgehend deutlich - mit Zöllen im Umfang von drei Milliarden Dollar, wie das Pekinger Handelsministerium mitteilte. Auf US-Schweinefleisch könnte demnach ein Einfuhrzoll in Höhe von 25 Prozent erhoben werden. Für Stahlrohre, Früchte und Wein wurden Zölle in Höhe von 15 Prozent ins Spiel gebracht.
Insgesamt habe China eine Liste von 128 US-Produkten erstellt, auf die Zölle erhoben werden könnten. Das Handelsministerium rief die USA dazu auf, den Konflikt noch durch Gespräche zu lösen. Beobachter werteten den zunächst verhältnismäßig geringen Umfang der von Peking geplanten Strafen als Zeichen, dass es China nicht unmittelbar auf eine Eskalation ankommen lassen will. Dennoch rücke nun ein ausgewachsener Handelskonflikt der beiden größten Volkswirtschaften näher.
Unruhe an den Börsen
Die Märkte reagierten mit ausgesprochener Nervösität auf die Entscheidung der USA. An vielen Handelsplätzen gaben die Kurse spürbar nach. Besonders kräftig ging es in Japan abwärts. An der Börse in Tokio schloss der Index Nikkei 225 um immerhin 4,5 Prozent niedriger bei 20 617,86 Punkten.
In China selbst sah die Lage kaum besser aus: Der CSI 300 mit den 300 wichtigsten Werten des Festlands fiel im späten Handel noch einmal um annähernd vier Prozent. Der Hongkonger Hang Seng büßte mehr als drei Prozent ein. In Südkorea fielen die Kurse in ähnlicher Größenordnung, während der australische Markt etwas weniger in Mitleidenschaft gezogen wurden.
Allerdings kann bei all diesen Entwicklungen auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Kurse von den jüngsten Personalrochaden im Weißen Haus mit beeinflusst wurden. Die Berufung von John Bolton zum neuen Sicherheitsberater des Präsidenten könnte die "America first"-Haltung Trumps noch verstärken und sich auch verschärfend auf internationale Konflikte auswirken.
Unmittelbar vor Inkrafttreten Zölle am Freitag hatte US-Präsident Donald Trump die Länder der Europäischen Union vorerst von den Strafzöllen auf Stahl- und Aluminiumimporte befreit. Die Ausnahme gilt auch für die Länder Argentinien, Brasilien, Australien, Südkorea sowie für die US-Nachbarn Mexiko und Kanada. Zugleich kündigte die US-Regierung an, China mit milliardenschweren Strafzöllen belegen zu wollen.