Im Terminal 1 vom Rhein-Main Flughafen in Frankfurt sind zahlreiche Passagiere unterwegs.

Streitigkeiten rund um Flugreisen So viele Klagen gegen Airlines wie noch nie

Stand: 31.01.2025 11:13 Uhr

Eine Rekordzahl von Fluggästen hat im vergangenen Jahr bei einem Gericht Klage gegen eine Fluggesellschaft eingereicht. Mit Künstlicher Intelligenz versucht die Justiz, die Fälle in den Griff zu bekommen.

Bei den Gerichten an Standorten mit größeren deutschen Flughäfen sind so viele Klagen gegen Airlines wie noch nie erhoben worden. Nach Angaben des Deutschen Richterbundes waren es im vergangenen Jahr rund 131.000. Das sind etwa 6.000 mehr als im Vorjahr. Die Kunden verlangen meist Entschädigungen für ausgefallene oder verspätete Flüge, teilweise geht es auch um Fälle zu Reiseverträgen.

Köln liegt vor Frankfurt

Mit knapp 41.300 Verfahren gab es 2024 beim Amtsgericht Köln mit Abstand das höchste Aufkommen, wie eine Umfrage der "Deutschen Richterzeitung" bei den Amtsgerichten an den 20 größten Flughafenstandorten ergab, auf die sich der Richterbund bezog. Das seien im Vergleich zum Vorjahr 11 Prozent mehr. In Köln mit dem Flughafen Köln-Bonn hat auch Europas größter Luftverkehrskonzern, die Lufthansa, ihren juristischen Firmensitz.

Es folgen das Amtsgericht Frankfurt/Main mit rund 16.000 Fällen nach etwa 15.000 im Jahr 2023 und das für den Hauptstadtflughafen BER zuständige Amtsgericht Königs Wusterhausen mit knapp 15.500. 2023 waren es noch knapp 14.000.

Fluggäste oder Portale haben nach Justizangaben die Wahl, ob sie am Sitz der Gesellschaft oder am Abflugort vor Gericht ziehen. Bei den Gerichten vermutet man einen Zusammenhang zwischen dem Anstieg der Beschwerden und einer neuen Reiselust nach der Corona-Pandemie.

Auch bei Schlichtungsstelle mehr Beschwerden

Auch bei der Schlichtungsstelle Reise & Verkehr machen Streitigkeiten um Flugreisen weiterhin den weitaus größten Anteil der Verbrauchereingaben aus. In 84 Prozent der insgesamt mehr als 45.600 Anträge ging es um Ärger mit Airlines, berichtet die privatrechtlich organisierte Einrichtung. 2023 waren es 39.850.  

Im Jahr 2024 hatten die Schlichter demnach rund 38.000 Flugfälle zu bearbeiten. Das sind rund 14 Prozent mehr als im Vorjahr. Meist ging es bei den Beschwerden um annullierte Flüge und Verspätungen. Die Schlichtungsstelle erinnerte daran, dass es im vergangenen Jahr zahlreiche Streiks sowie Extremwetter und IT-Ausfälle gab. Im Durchschnitt werde seit Jahren in mehr als 80 Prozent der Fälle eine Einigung erzielt, hieß es.

Hilfe durch KI-Programme?

Der Richterbund sieht Portale, mit denen Fluggäste ihre Ansprüche schnell und einfach durchsetzen können, als einen wesentlichen Grund für die Entwicklung bei den Gerichten. "Die Justiz reagiert darauf inzwischen mit speziellen KI-Assistenzprogrammen, die an größeren Amtsgerichten erprobt werden", sagte Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn der Deutschen Presse-Agentur.

Die Software solle in Sekundenschnelle Tausende Urteile vergleichen, Voraussetzungen für Ansprüche herausfiltern und Vorschläge für Entscheidungen machen können. "Es gibt aber noch immer keine fertige Standardsoftware, die den Gerichten flächendeckend durch die Fließbandklagen der Legal-Tech-Anbieter hilft", sagte Rebehn.

Zahl der Fluggäste 2024 gestiegen

Im Jahr 2024 haben die 22 deutschen Hauptverkehrsflughäfen rund 199,5 Millionen Fluggäste gezählt. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, sind damit 7,7 Prozent mehr Passagiere von den Flughäfen gestartet oder gelandet als im Vorjahr.

Gegenüber dem Vor-Corona-Niveau des Jahres 2019, als die Flughäfen mit 226,7 Millionen Fluggästen ein Allzeithoch verzeichnet hatten, lag das Passagieraufkommen im Jahr 2024 um 12,0 Prozent niedriger. Dabei wurden weiterhin deutlich weniger Inlandsflüge unternommen als vor der Corona-Pandemie, während sich der Auslandsverkehr dem Vor-Corona-Niveau stärker annäherte.

Weltweit sind im vergangenen Jahr dagegen mehr Menschen geflogen als jemals zuvor. Der Internationale Luftfahrtverband Iata bestätigte gestern erste Schätzungen vom Dezember, wonach die Fluggastzahlen einen neuen Höchststand erreichten. Das Passagieraufkommen stieg demnach im Vergleich zum Vorjahr um 10,4 Prozent auf 4,89 Milliarden. Der vorherige Rekordwert von 4,54 Milliarden Passagieren stammte aus dem Vor-Corona-Jahr 2019.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 05. Februar 2024 um 15:00 Uhr.