Zugverbindungen über die Grenze Bahnverkehr ins Ausland nimmt stark zu
Immer mehr Menschen reisen mit der Bahn ins Ausland. Vor allem Verbindungen in Nachbarländer wie Frankreich und Österreich sind stark gefragt. Bei anderen Zielen mangelt es aber an attraktiven Angeboten.
Immer mehr Menschen nutzen die Bahn für Reisen ins Ausland. Verglichen mit dem bisherigen Rekordjahr 2019 sei der internationale Fernverkehr auf der Schiene 2022 um 30 Prozent gewachsen, teilte die Deutsche Bahn mit.
Insgesamt reisten mehr als 21 Millionen Menschen im Zug über die Grenze. Der Anteil der Auslandsreisen am gesamten Fernverkehr der Bahn stieg zwischen dem Vor-Corona-Jahr 2019 und 2022 um drei Prozentpunkte auf 16 Prozent.
"Zusammenwachsen Europas auf der Schiene"
Im ersten Quartal dieses Jahres verzeichnete der Konzern 4,4 Millionen Fahrgäste ins Ausland. "Der internationale Fernverkehr ist damit nicht nur zentral für die Deutsche Bahn, der starke Zuspruch steht auch für das Zusammenwachsen Europas auf der Schiene", sagte Bahnchef Richard Lutz. Rund 200 Ziele im europäischen Ausland seien inzwischen von Deutschland aus direkt erreichbar.
Die meisten Fahrten gehen in Nachbarländer, insbesondere nach Frankreich und Österreich. "Absolut am stärksten sind die Relationen Frankfurt/Stuttgart-Paris, Frankfurt-Brüssel und Frankfurt-Amsterdam", teilte die Bahn mit. In der Regel kooperiert die Deutsche Bahn bei Auslandsfahrten mit ausländischen Bahn-Unternehmen. So kommen etwa im deutsch-französischen Hochgeschwindigkeitsverkehr sowohl ICE- als auch TGV-Züge zum Einsatz.
Kaum Angebote über mehrere Grenzen gering
Erheblichen Nachholbedarf gibt es nach wie vor beim Bahnangebot über mehrere europäische Ländergrenzen hinweg. Wer etwa von Deutschland über Frankreich weiter nach Spanien und Portugal oder nach Osteuropa reisen will, hat es mit der Bahn schwer. Die Fahrpläne sind nicht aufeinander abgestimmt, die Fahrkarten müssen bei den jeweiligen nationalen Zuganbietern gebucht werden.
Etwas besser sieht es in Richtung Italien aus. Dorthin bietet die Österreichische Bundesbahn Nachtzuglinien auch von Deutschland aus an. Zudem gibt es nächtliche Direktverbindungen von Berlin über Hamburg bis nach Stockholm, die von schwedischen Bahnunternehmen angeboten werden.
Insgesamt stellen Fachleute deshalb dem transeuropäischen Bahnverkehr weiterhin kein gutes Zeugnis aus. "Von Deutschland nach Paris kommen Sie sehr gut", sagt etwa Karl-Peter Naumann, Ehrenvorsitzender des Fahrgastverbands Pro Bahn. "Aber fahren Sie mal von Deutschland nach Bordeaux, da sieht es dann schon ganz anders aus. Da wird es dann auch teuer, weil Sie Fahrkarten zusammenstückeln müssen."
Kein Portal für die gesamte Reisestrecke
Tatsächlich lässt sich eine Bahnreise von Köln nach Südwestfrankreich nicht durchgehend über das Portal der Deutschen Bahn buchen. "Es gibt Auslandsverbindungen, wo man immer noch für die entsprechenden Teilstrecken Tickets auf verschiedenen Plattformen kaufen muss", teilt der Interessenverband Allianz pro Schiene auf Anfrage mit. "Hier ist es dringend erforderlich, ein Portal zu schaffen, auf dem ein Ticket für die gesamte Reisestrecke gebucht werden kann."
"Deutschland ist das einzige Land in der EU ohne bundesweiten Aufgabenträger", teilt der bahnpolitische Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus, Matthias Gastel, auf Anfrage mit. "Dieser könnte die besseren internationalen Zugangebote koordinieren und im Zweifel auch mitfinanzieren."
Mehr Nachtzüge gefordert
Ein weiteres Hindernis für einen reibungslosen Bahnverkehr durch ganz Europa bleibt die Infrastruktur. In Deutschland etwa ist der Sanierungsbedarf groß. Zahlreiche Baustellen auf dem an vielen Stellen maroden Netz bremsen den Verkehr aus und sorgen für eine hohe Unpünktlichkeit. Zudem fehlt es an vielen Grenzübergängen an Oberleitungen. "Aktuell sind lediglich 27 von 56 Grenzübergängen in Europa elektrifiziert", heißt es bei der Allianz pro Schiene. "Das bedeutet unnötige Einschränkungen für die Züge des Fernverkehrs, die ausschließlich elektrisch unterwegs sind."
Die Experten sind sich einig, dass mehr Nachtzüge das Bahnangebot ins Ausland weiter verbessern könnten. Vorreiter ist hier die Österreichische Bundesbahn, die mit neuen und komfortablen Schlafwagen von Deutschland aus vor allem in Richtung Italien und Schweiz fährt. In Richtung Norden bieten zwei schwedische Bahnen von Berlin aus Nachtzugfahrten an. Doch das Angebot auszubauen, sei nicht leicht, sagt der Grünen-Abgeordnete Gastel. Derzeit gebe es viele Probleme bei der Zulassung von Wagenmaterial. "Deswegen wäre unser Wunsch eigentlich, dass man aus den Österreichern eine europäische Nachtzuggesellschaft macht", sagt Karl-Peter Naumann. Diese könne die Angebote dann koordinieren und einheitliche neue Wagen bestellen.
Die Allianz pro Schiene ist indes zuversichtlich, dass mit der steigenden Nachfrage auch das Angebot nachziehen werde. "Zugreisen werden einfacher und komfortabler - es ist also zu erwarten, dass die Nutzerzahlen auch künftig steigen", teilt der Verband mit.