Lebensmittel-Inflation Rätselhaftes Auf und Ab beim Butterpreis
Erst explodierten die Preise für Butter, binnen weniger Monate sackten sie wieder um 70 Cent ab. Experten glauben, dass Lebensmittelkonzerne an der Preisschraube gedreht haben, um Gewinne einzustreichen.
Das sind mal gute Nachrichten für Supermarkt-Kunden: Butter ist 70 Cent billiger als noch im September. Flächendeckend liegt der Preis der Eigenmarken seit Anfang Februar bei 1,59 Euro. Der Grund: Aldi hat mit einem Preiskampf angefangen - und alle ziehen nach.
Genau so bestätigt es Kolja ter Horst, Mitgeschäftsführer von drei Edeka-Märkten in Nordhessen. Er merkt deutlich, dass die Kunden bei den "Dumpingpreisen" jetzt kräftig zugreifen: "Einige kaufen gleich 10 oder 15 Stück. Ich würde noch nicht von Hamsterkäufen reden oder so, aber klar, anhand der Umsätze kann man schon sehen, dass das sehr wohlwollend angenommen wird!"
Wieso sind plötzlich Mega-Rabatte möglich?
Aber warum kann Aldi den Preis plötzlich so deutlich senken? Der Discounter erklärt per Pressemitteilung: "Durch die deutliche Preissenkung bei einem Artikel des täglichen Bedarfs schaffen wir eine spürbare Entlastung für unsere Kund:innen."
Eine Entlastung, die ankommt, zum Beispiel bei Eva-Maria Michlenz, die gerade bei Aldi im nordhessischen Vellmar eingekauft hat und sich darüber wundert, wie viel Rabatt plötzlich möglich ist. "Ich denke mal, dass die die Corona-Krise und den Ukraine-Krieg genutzt haben, um die Preise zu erhöhen. Dadurch wurde sowieso alles teurer, es ist weniger aufgefallen, und die Leute sind nicht groß auf die Barrikaden gegangen."
Experten verwundert über extreme Schwankung
Kann das sein? Haben Lebensmittelkonzerne die Krise tatsächlich ausgenutzt, um ihren Gewinn zu maximieren? Nikos Förster ist beim Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen für die Bereiche Ökonomie und Markt zuständig. Er sagt, dass er eine solche Ausnahmesituation auf dem Nahrungsmittelmarkt in seiner ganzen beruflichen Tätigkeit noch nicht erlebt habe.
Im Januar 2022 lag der Butterpreis bei 1,65 Euro. Im September erreichte er mit 2,29 Euro sein Allzeithoch. Jetzt plötzlich die steile Talfahrt auf 1,59 Euro. "Unfassbare 70 Cent Preisunterschied zwischen September und heute", sagt Förster kopfschüttelnd. Aus seiner Sicht gibt es für die Achterbahnfahrt nur teilweise eine rationale Erklärung.
Volle Lager und neue Verhandlungen
Ende Januar sind die Verträge zwischen den Herstellern der Milchprodukte und dem Einzelhandel ausgelaufen und mussten neu verhandelt werden. "Dabei hatte die Milchbranche ein Problem: Weil der Preis im vergangenen Jahr so hoch war, haben die Bauern viel produziert." Die Lager seien also voll, erklärt Förster.
"Das haben die Lebensmittelmärkte zum Anlass genommen, um Druck auszuüben. Die haben gesagt, okay, wir haben keine Knappheit an den Märkten, dadurch haben wir - was den Preis anbelangt - wieder mehr Spielraum nach unten."
Einfach mal "eine Schippe obendrauf" gelegt
Förster glaubt allerdings auch nicht daran, dass die extremen Höhen im vergangenen Jahr nur wegen solcher Verhandlungen möglich waren. "Es kann natürlich sein, dass der Lebensmitteleinzelhandel das auch zum Anlass genommen hat, noch mal eine kleine Schippe obendrauf zu legen", sagt er und erinnert an die Diskussion über die Benzinpreise, bei denen die Tankstellenbesitzer auch immer mit den gestiegenen Rohstoffpreisen argumentiert haben:
Wenn man das mal ins Verhältnis setzt, dann stellt man fest, dass die Preissteigerungen an den Tankstellen nicht gerechtfertigt waren, und ich möchte das jetzt nicht ganz ausschließen, dass das im Lebensmitteleinzelhandel auch an der einen oder anderen Stelle passiert ist.
Auch Sahne und Joghurt könnten billiger werden
Die Verbraucher hoffen jetzt, dass die fallenden Milchpreise eine Signalwirkung auf die gesamte Lebensmittelbranche haben. Laut Statistischem Bundesamt haben sich 2022 die Preise gegenüber dem Vorjahr um 7,9 Prozent erhöht. Marktexperten gehen davon aus, dass sie sich erst im kommenden Jahr wieder normalisieren und sich bei einer Teuerung von rund zwei Prozent einpendeln.
Aber zumindest in der Milchbranche gibt es Anzeichen, die den Kunden Hoffnung auf weitere Einsparungen noch in diesem Jahr machen. Förster erwartet, dass auch Sahne, Joghurt und Quark nachziehen könnten.
Nächster Posten: Kaffee
Passend dazu hat Aldi jetzt gerade die zweite Runde im Kampf um die Gunst der Kunden eingeläutet: Der Discounter hat die Preise seiner Kaffee-Eigenmarken um 20 Prozent gesenkt.
Den Gesetzen des Marktes folgend haben natürlich auch hier die Konkurrenten sofort nachgezogen - und ebenfalls deutlich reduziert.