Überziehung des Kontos Dispozinsen im Schnitt schon bei 12 Prozent
Wer als Bankkunde einen Dispokredit in Anspruch nimmt, muss dafür immer mehr zahlen. Im Schnitt sind die Dispozinsen wieder deutlich zweistellig, wie eine Untersuchung von "Finanztest" zeigt.
Viele Kreditinstitute haben zum 1. Oktober die Zinsen für Dispositionskredite erneut angehoben. Damit haben die Dispozinsen inzwischen im Schnitt etwa zwölf Prozent erreicht, berichtet die Zeitschrift "Finanztest" der Stiftung Warentest. "Das Tempo ist rasant. Seit Ende 2022 sind sie im Schnitt um mehr als zwei Prozentpunkte gestiegen", so Heike Nicodemus von "Finanztest".
Ende 2022 hatten die 176 ausgewerteten Banken und Sparkassen im Schnitt noch 9,94 Prozent für die geduldete Überziehung des Girokontos verlangt. "Der rasante Anstieg der Dispozinsen ist in erster Linie den Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank geschuldet", so Nicodemus. Seit Juli 2022 haben die Währungshüter den Leitzins zehnmal erhöht, um die hohe Inflation einzudämmen.
Wer ein Girokonto hat, kann es in der Regel mit Zustimmung der Bank bis zu einer festgelegten Summe überziehen. Die Höhe des gewährten Kreditrahmens hängt vom Einkommen sowie von der Kreditwürdigkeit des Kunden ab. Meist sind es zwei bis drei Monatsgehälter. Abgebucht werden die Zinsen je nach Geldhaus in der Regel am Ende eines Monats oder zum Quartalsschluss.
"Kreditinstitute erhöhen relativ schnell die Zinsen"
Der übliche Referenzzins für den Dispozins ist der Leitzins der EZB, teilweise auch der Drei-Monats-Euribor. "Banken müssten die Erhöhung nicht umsetzen, aber sie können es", sagt Nicodemus. "Wir haben festgestellt, dass Kreditinstitute im Schnitt relativ schnell die Zinsen erhöhen. Beim Senken ging es dagegen nicht ganz so schnell."
Dabei sind die Unterschiede bei den einzelnen Geldhäusern gewaltig. Laut der unabhängigen FMH-Finanzberatung reicht die Spanne bei 80 untersuchten Geldhäusern von 3,62 Prozent bis 15,49 Prozent.
Diskussion über Deckelung der Dispozinsen
Angesichts der rasanten Steigerungen sprachen sich die Verbraucherschutzminister der Länder im Sommer für eine Obergrenze für Dispozinsen aus. Die Ministerkonferenz gab einen entsprechenden Prüfauftrag an die Bundesregierung. Die Ministerinnen und Minister halten einen Rahmen von fünf bis acht Prozent als Obergrenze für angemessen.
Banken und Sparkassen lehnen staatliche Eingriffe ab. Gerade Verbraucher profitierten davon, dass der deutsche Bankenmarkt einer der wettbewerbsintensivsten in Europa sei, erklärte die Deutsche Kreditwirtschaft. "Dank eines großen Angebotes haben es Bankkunden selbst in der Hand, wo und zu welchen Konditionen sie einen Dispokredit nutzen wollen", argumentierte der Dachverband der fünf großen Bankenverbände in Deutschland.
Ratenkredit möglicherweise bessere Lösung
Nach Einschätzung der Stiftung Warentest ist ein Dispokredit mit bis zu zehn Prozent Zins vergleichsweise günstig. Das gelte derzeit für knapp 20 Prozent von 460 ausgewerteten Kontomodellen. "Teuer ist alles ab 13 Prozent insbesondere für Menschen, die sehr häufig den Dispo in Anspruch nehmen", sagt Nicodemus. "Mehr als 15 Prozent, die wir bei 18 Kontomodellen gefunden haben, finde ich richtig krass."
Wer regelmäßig das Konto überziehe, sollte der "Finanztip"-Expertin zufolge überlegen, ob eine Umschuldung mit Hilfe eines Ratenkredites nicht sinnvoll sei. Dieser koste im Schnitt etwa die Hälfte.