Ein Mann und eine Frau gehen mit einem Kinderwagen spazieren.
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Unterstützung nach der Geburt Wie das Elterngeld möglichst hoch ausfällt

Stand: 20.09.2024 10:35 Uhr

Viel Zeit mit dem neugeborenen Nachwuchs verbringen, ist der Wunsch vieler Eltern. Das Elterngeld sorgt für finanzielle Spielräume in den ersten Lebensmonaten eines Kindes. Was dabei zu beachten ist.

Von Andreas Braun, ARD-Finanzredaktion

Sowohl Mütter als auch Väter haben Anspruch auf Elterngeld, wenn sie ihr Kind in den ersten zwölf Monaten nach der Geburt selbst betreuen. Und wenn sie in dieser Zeit gar nicht oder zumindest nicht Vollzeit arbeiten. Das gilt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch für Freiberufler oder Selbständige.

Wo es die Unterlagen für den Antrag gibt

Wer Elterngeld erhalten will, der muss einen Antrag bei den Elterngeldstellen an seinem Wohnort stellen, denn Elterngeld ist eine staatliche Leistung. Dafür erforderlich sind eine Reihe von Unterlagen, die bis zu sechs Wochen vor dem erwarteten Geburtstermin eingereicht werden können, wie Britta Schön vom Verbraucherportal Finanztip erklärt, das einen eigenen Elterngeld-Ratgeber erstellt hat: "Wichtig für die Unterlagen ist die Geburtsurkunde des Kindes, die nachgereicht werden kann. Dazu gehören aber die letzten zwölf Gehaltsabrechnung direkt vor der Geburt. Und Selbstständige müssen den Steuerbescheid des Jahres vor der Geburt einreichen."

Das Gehalt in den zwölf Monaten vor dem Geburtsmonat des Kindes bestimmt die Höhe des Elterngeldes. Es beträgt 65 Prozent des Nettoeinkommens in diesem Zeitraum, maximal 1.800 Euro. Um diesen Höchstbetrag zu erreichen, muss der oder die Antragstellende also netto 2.770 Euro oder mehr verdient haben. Wer weniger Nettoeinkommen hatte, für den fällt das Elterngeld entsprechend niedriger aus. Ein Mindestbetrag von 300 Euro erhält auch, wer im Bemessungszeitraum kein Einkommen hatte.

Steuerklassenwechsel kann sich lohnen

Um möglichst viel Elterngeld zu erhalten, können besonders verheiratete Arbeitnehmer die Bemessungsgrundlage "optimieren", sagt Steuerberater Florian Rücker: "Für angestellte Personen kann es Sinn machen, das Netto-Entgelt im Prinzip vor Bezug des Elterngeldes zu steigern. Das lässt sich zum Beispiel dadurch erreichen, dass die Steuerklassen im Zeitraum vor Geburt des Kindes so gewählt werden, dass möglichst viel Netto bei der Person ankommt, die in Elternzeit gehen will und Elterngeld erhalten möchte."

So wäre etwa ein Wechsel auf die Steuerklassen 3 von zuvor Klasse 4 oder 5 für den antragstellenden Elternteil mit einer Erhöhung von des Elterngeldes verbunden. Der Wechsel der Steuerklasse sollte möglichst früh passieren, weil die Elterngeldstelle die Steuerklasse zugrunde legt, die in der "überwiegenden" Zeit im Jahr vor der Geburt gegolten hat.

Neben dem Steuerklassenwechsel kann auch die Berücksichtigung von Sonderzahlungen wie einem Bonus oder Weihnachtsgeld die Berechnung des Elterngeldes beeinflussen, dazu müssen diese Zahlungen allerdings zusammen mit dem monatlichen Gehalt fließen.

Partnermonate verlängern Elterngeld

Das klassische Elterngeld wird bis zu zwölf Monate gezahlt, kann aber sogar 14 Monate nach der Geburt gewährt werden, wenn man die sogenannten Partnermonate nutzt. Dazu müssen beide Elternteile Elterngeld beantragen. "Der Klassiker funktioniert so: Ein Elternteil beantragt zwölf Monate Elterngeld und ist dann auch zu Hause und arbeitet nicht, und der andere Elternteil beantragt mindestens für zwei Monate Elterngeld", so Verbraucherexpertin Britta Schön. "Da müssen allerdings dann beide auch tatsächlich eine Zeit lang aus dem Job aussteigen."

Neben dem klassischen Elterngeld gibt es inzwischen auch das sogenannte Elterngeld Plus: Dabei kann sogar über die doppelte Dauer Elterngeld bezogen werden - allerdings dann auch nur der halbe Betrag. Der Maximalbetrag liegt hier bei 900 Euro, der Basisbetrag bei 150 Euro pro Monat. Das ist ideal für Eltern, die rasch nach der Geburt wieder in Teilzeit arbeiten wollen.

Elterngeld Plus bei Teilzeit-Beschäftigung sinnvoll

Und auch das Elterngeld Plus lässt sich verlängern - nämlich sogar um vier Monate pro Elternteil, wie Michael Tell vom Beratungsportal Elterngeld.net erklärt: "Viele Paare nutzen die Möglichkeit der Partnerschaftsmonate beim Elterngeld aber nicht. Das macht aber oft Sinn, etwa wenn die Frau wieder in den Job einsteigt. In vielen Fällen haben die beiden Partner in dieser Zeit sogar ein höheres gemeinsames Nettoeinkommen."

Elterngeld und Elterngeld Plus können auch kombiniert werden. Wer nach der Geburt sechs Monate Basiselterngeld bezieht, kann danach etwa noch weitere zwölf Monate Elterngeld Plus erhalten.

Einkommensgrenze für Elterngeld-Anspruch sinkt

Für den Anspruch auf Elterngeld gibt es allerdings Einkommensgrenzen. Nur wenn Verheiratete oder Alleinstehende weniger als 200.000 Euro Jahreseinkommen haben, können sie einen Antrag stellen. Im kommenden Jahr wird diese Grenze noch weiter auf 175.000 Euro abgesenkt.

Allerdings geht es bei den Grenzbeträgen um das "zu versteuernde Einkommen", nicht das Bruttoeinkommen der Eltern. "Aktuell habe ich Fälle, in denen einige Eltern gar keinen Anspruch mehr stellen, weil sie meinen, die liegen oberhalb der Einkommensgrenze", so Elterngeld-Berater Tell.

Vom Bruttoeinkommen gehen aber Aufwendungen wie zum Beispiel Krankenkassen- und Rentenbeiträge ab. Dazu kommen noch Werbungskosten und mögliche weitere Aufwendungen. Der Bemessungszeitraum dafür ist das abgelaufene Kalenderjahr vor der Geburt des Kindes, nicht die zwölf Monate vor dem Geburtstag.

Wo es Beratung gibt

Wer gut verdient und trotzdem Elterngeld nutzen will, kann seine Einkünfte im betreffenden Zeitraum ebenfalls "optimieren" so Steuerexperrte Florian Rücker. "Bei Angestellten wäre im Prinzip die einfachste Möglichkeit, dass sie im Jahr vor Geburt des Kindes die Arbeitszeit verringern, dass sie vielleicht die Wochenarbeitszeit vermindern, sich vielleicht eine Auszeit nehmen von ein, zwei, drei Monaten."

Durch höhere Sonderausgaben, etwa Sonderzahlungen in eine staatlich geförderte Riester- oder Rürup-Rente oder auch die gesetzliche Rentenversicherung, kann das zu versteuernde Einkommen ebenfalls gesenkt werden.

Wer Nachwuchs plant und Elterngeld beantragen will, kann sich von den Elterngeldstellen am Wohnort beraten lassen. Unabhängige Berater bieten dies ebenfalls an und prüfen zudem den erteilten Elterngeld-Bescheid auf Richtigkeit. Informationen rund ums Elterngeld und einen Elterngeldrechner mit Familienplaner gibt es auch auf den Seiten des Bundesfamilienministeriums.

Andreas Braun, HR, tagesschau, 20.09.2024 08:49 Uhr