WWF zu Fischerei "Der Dorschbestand ist gänzlich kollabiert"
Die Folgen von Überfischung und Klimakrise machen dem Fischbestand in Nord- und Ostsee immer mehr zu schaffen, warnt der WWF. Die Naturschützer fordern größere Schutzgebiete und mehr Fangkontrollen.
Die Lebensbedingungen von Fischen in Nord- und Ostsee sind der Naturschutzorganisation World Wide Fund For Nature (WWF) zufolge schlecht. "Die vergangenen fünf Jahre waren für den Ostseehering die historisch schlechtesten Jahre. Seine Erholung wird eine längere Zeit in Anspruch nehmen. Und der Dorschbestand in der westlichen Ostsee ist in den vergangenen Jahren gänzlich kollabiert", sagte WWF-Fischereiexpertin Karoline Schacht.
Überfischung und Klimakrise
Vor zehn Jahren hätten die EU-Staaten die Fischereipolitik reformiert, um in den eigenen Gewässern die Überfischung bis zum Jahr 2020 zu beenden, heißt es vom WWF. Doch auch im Jahr 2023 rechnen die wissenschaftlichen Berater der EU-Kommission vor, dass auch viele Fischbestände im Nordost-Atlantik weiterhin überfischt werden. Somit sei das zentrale Ziel der reformierten Politik verfehlt worden. Zudem habe sich am schlechten Umweltzustand von Nord- und Ostsee wenig geändert.
Gründe für den schlechten Zustand der Fischbestände seien unter anderem Überfischung und die zunehmenden Auswirkungen der Klimakrise. Konkrete Zahlen zu den Beständen nannte der WWF allerdings nicht.
WWF fordert große Schutzgebiete
"Fisch aus heimischer Produktion ist mittlerweile eine Rarität", ergänzt Schacht. Von den deutschlandweit beliebtesten Fischen und Meeresfrüchten wie Alaska-Seelachs, Thunfisch oder Garnelen würden rund 80 Prozent importiert und landeten vorwiegend als Dosen- oder Tiefkühlware bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern. "Wenn wir weiterhin lokalen Wildfisch essen wollen, müssen wir seine Lebensbedingungen dringend verbessern. Gesunde Fischbestände gibt es nur in gesunden Meeren, das ist untrennbar miteinander verbunden."
Der WWF fordert deshalb unter anderem die Einrichtung von großflächigen und langfristigen Schutzgebieten ohne wirtschaftliche Nutzung und bessere Kontrollen der Fänge auf See. Dann könne künftig auch wieder mehr Fisch aus Nord- und Ostsee auf dem Speiseplan der Deutschen stehen.
Fischkonsum geht zurück
Im vergangenen Jahr haben Privathaushalte in Deutschland dem Fisch-Informationszentrum zufolge 434.413 Tonnen Fisch und Meeresfrüchte gekauft. Das waren elf Prozent weniger als im Jahr zuvor, wie die Vorsitzende des Fisch-Informationszentrums, Petra Weigl, feststellt. Dafür zahlten die Bundesbürger 4,9 Milliarden Euro, was einem Minus von neun Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht.
Der meiste Fisch wird im Norden des Landes gegessen. Am höchsten war der Konsum im vergangenen Jahr in Bremen - mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von 6,6 Kilogramm. In Schleswig-Holstein lag er bei 6,5 Kilogramm, in Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern bei 6,0 Kilogramm. Am 22. August ist der Tag des Fisches.