Bundesweiter Warnstreik "Weniger als 20 Prozent" oder "gar keine Züge"
Der angekündigte GDL-Warnstreik wird heute und morgen bundesweit zu vielen Zugausfällen im Regional- und Fernverkehr führen. Die Bahn hat einen Notfahrplan erstellt. Die zweite Verhandlungsrunde sagte sie erst mal ab.
Die Deutsche Bahn rechnet wegen des am Abend beginnenden Warnstreiks der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) mit massiven Einschränkungen im Fern- und Regionalverkehr. Konzernsprecher Achim Stauß sagte, man gehe davon aus, dass am Donnerstag "weniger als 20 Prozent der ICE- und IC-Züge fahren".
Die GDL hatte am Dienstagabend ihre bei der Deutschen Bahn und weiteren Bahn-Unternehmen beschäftigten Mitglieder zu einem 20-stündigen Streik aufgerufen. Der Ausstand soll um 22:00 Uhr beginnen und am Donnerstagabend um 18:00 Uhr enden.
Erste Züge dürften bereits vor Streikbeginn ausfallen, weil sie andernfalls stranden könnten. Die Bahn will Reisenden bis zum Nachmittag ihren Notfahrplan zugänglich machen. Sie reagiert mit längeren Zügen mit mehr Sitzplätzen auf den Ausstand, rechnet aber trotzdem bundesweit mit massiven Einschränkungen. Reisende sollten während der Streikzeit geplante Reisen möglichst verschieben - die Fahrkarten seien flexibel einsetzbar.
"Auf dem Rücken unserer Fahrgäste"
Die Auswirkungen seien regional unterschiedlich, in einigen Regionen würden voraussichtlich "gar keine Züge" verkehren, sagte Stauß. Auch der Schienengüterverkehr werde deutlich betroffen sein. Der Konzernsprecher kritisierte die GDL vor dem Hintergrund der laufenden Tarifgespräche scharf. "Das ist verantwortungslos, und das findet auf dem Rücken unserer Fahrgäste statt". Er sprach von einer Zumutung für alle Reisenden. Die Bahn habe bereits in der ersten Verhandlungsrunde ein sehr weitgehendes Angebot gemacht, daher sei der Arbeitskampf völlig überzogen und unnötig.
GDL-Chef Claus Weselsky verteidigte den kurzfristig angekündigten Streik unmittelbar vor der geplanten zweiten Verhandlungsrunde. Die GDL habe erst einmal Druck aufbauen müssen.
Bahn sagt nächste Verhandlungsrunde ab
Die Tarifgespräche hatten in der vergangenen Woche begonnen und sollten eigentlich in dieser Woche fortgesetzt werden. Stauß stellte aber klar: "Streiken und gleichzeitig verhandeln, das passt nicht zusammen." Die für diesen Donnerstag und Freitag geplanten Gespräche fänden deshalb nicht statt.
Die GDL fordert bei einer Tariflaufzeit von einem Jahr eine Lohnerhöhung von monatlich mindestens 555 Euro sowie eine Erhöhung der Zulagen für Schichtarbeit um 25 Prozent und eine steuerfreie Inflationszahlung von 3.000 Euro. Kernanliegen ist aber eine 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich in einer Vier-Tage-Woche für Beschäftigte im Schichtdienst. Das von der Bahn vorgelegte erste Angebot erachtet die Gewerkschaft daher als unzureichend. Das Unternehmen bietet elf Prozent mehr Lohn sowie eine Inflationsprämie von bis zu 2.850 Euro bei einer Laufzeit von 32 Monaten. Die von der GDL geforderte Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich lehnt der Konzern als unerfüllbar ab.
Weselsky sagte dazu, bei der Deutschen Bahn fehlten Arbeitskräfte, "da müssen wir das Schichtsystem attraktiver machen". Er gehe davon aus, "dass wir die Verhandlungstermine auch nutzen, um tatsächlich Kompromisse zu erzeugen", so Weselsky. Die Tarifparteien hatten Treffen bis Mitte Dezember vereinbart - mit dem Ziel, noch vor Weihnachten fertig zu werden.
Pro Bahn kritisiert Vorgehen der GDL
Kritik am Vorgehen der GDL kommt auch vom Fahrgastverband Pro Bahn. Streiks sollten mindestens 48 Stunden vorher angekündigt werden, damit Pendlerinnen und Pendler sich darauf einstellen können, sagte der Verbandsvorsitzende Detlef Neuß im Bayerischen Rundfunk.
Das Streikrecht stehe nicht infrage, aber grundsätzlich müsse die GDL auch berücksichtigen: "Der Fahrgast ist nicht Tarifpartner und der Nahverkehr ist Daseinsvorsorge."
EKD-Synode wegen Bahnstreiks vorzeitig beendet
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat ihre Synode in Ulm wegen des bevorstehenden Bahnstreiks unterbrochen. Viele Mitglieder des Kirchenparlaments seien wegen der Einschränkungen im Bahnverkehr am Morgen vorzeitig aus Ulm abgereist, teilte die EKD mit. Das Präsidium habe daher beschlossen, die Synode in den kommenden Wochen digital mit abschließenden Beratungen und Entscheidungen über Kirchengesetze sowie zu kirchlichen und gesellschaftlichen Themen fortzusetzen.