Prämiensparverträge BGH entscheidet zugunsten von Sparern
Der Bundesgerichtshof hat die Rechte von Prämiensparern erneut gestärkt: Zinsänderungen müssen nachvollziehbar und kalkulierbar sein. Verbraucherschützer sehen in dem Urteil einen weiteren Etappensieg.
Bei Sparverträgen mit variablem Zinssatz müssen Zinsänderungen für die Sparerinnen und Sparer nachvollziehbar und kalkulierbar sein. Darauf hat erneut der Bundesgerichtshof (BGH) in einem nun verkündeten Urteil gepocht. Die Richter gaben damit einer Musterfeststellungsklage der Verbraucherzentrale Sachsen gegen die Sparkasse Vogtland statt.
Nach den Vertragsbedingungen für frühere Prämiensparverträge konnte die Sparkasse den jeweiligen Zinssatz täglich ändern und nur per Aushang bekannt geben. Die Verbraucherzentrale Sachsen rügte insbesondere, die Zinsen müssten monatlich und nach konkret vereinbarten Regeln angepasst werden.
Viele Prämiensparverträge, die in den 90er- und 2000er-Jahren abgeschlossen wurden, enthielten unzulässige Klauseln. Vor allem Sparkassen-Kunden könnten deshalb Tausende Euro an Zinsen entgangen sein, aber auch Volks- und Raiffeisenbanken sind betroffen. Durch die Klauseln konnten die Kreditinstitute einseitig weitgehend frei den Zinssatz anpassen.
Oberlandesgericht soll Referenzzinssatz bestimmen
In einem viel beachteten Urteil zur Sparkasse Leipzig hatte der BGH bereits im Oktober 2021 entschieden, dass Banken und Sparkassen variable Zinsen nicht frei festlegen dürfen. Sie müssten für die Sparer kalkulierbar sein und sich daher an einem der Leitzinsen der Bundesbank orientieren. Die Verjährung setze erst mit dem Ende des jeweiligen Sparvertrags ein. Im November 2021 hatten die Karlsruher Richter dies in weiteren Musterfeststellungsklagen gegen die Sparkasse Zwickau und die Erzgebirgssparkasse bekräftigt.
Aus formalen Gründen muss die Verbraucherzentrale die bei zahlreichen Sparkassen in Sachsen verbreiteten Zinsänderungsklauseln für jede Sparkasse getrennt beanstanden. In seinem vierten Urteil hierzu hat der BGH die Klauseln nun auch bei der Sparkasse Vogtland verworfen. Danach müssen sich auch hier die Zinsänderungen an einem für die Sparer nachvollziehbaren Referenzzins richten.
Für die Sparkasse Vogtland soll daher nun das Oberlandesgericht (OLG) Dresden einen solchen Referenzzinssatz bestimmen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das Prämiensparen eine risikolose Sparform ist. Bei den einzelnen Verträgen ist daher der anfängliche prozentuale Abstand zu diesem Referenzzins über die Laufzeit des Sparvertrags beizubehalten. Dies bedeute, "dass günstige Zinskonditionen günstig und ungünstige Zinskonditionen ungünstig bleiben", betonten die Karlsruher Richter.
Verbraucherschützer sehen Erfolg für Sparer
Die Verbraucherzentrale sieht in dem Urteil einen weiteren Etappensieg für Prämiensparer. "Die Tendenz geht Richtung Verbraucher", sagte deren Rechtsexperte Michael Hummel. Der BGH-Anwalt der Sparkasse erkannte in dem Urteil hingegen "in der Sache nichts Neues".
Dem BGH liegen zu den Komplex rund 20 Klagen vor. Zwar hat nicht jeder Sparer, dessen Vertrag eine solche unzulässige Klausel enthält, automatisch weniger Zinsen bekommen als ihm zustanden. In vielen Fällen sei das aber so, erklärten die Verbraucherschützer. Geld zurück hätten die wenigsten Kunden bekommen.
Im Schnitt könnten nach deren Berechnung den Sparern rund 2500 Euro zu wenig ausbezahlt worden sein. Angesichts von 1,2 Millionen Verträgen bundesweit wäre potenziell ein Schaden in Höhe von rund drei Milliarden Euro entstanden.
Vorwurf: Sparkassen spielen auf Zeit
Verbraucherschützer werfen den Sparkassen vor, auf Zeit zu spielen. Sie machen deshalb mit Musterfeststellungsklagen Druck. Denn viele Sparverträge sind demnach inzwischen ausgelaufen oder wurden gekündigt. Damit drohten Ansprüche der Kunden zu verjähren.
Allein die Verbraucherzentrale Sachsen vertritt neun Verfahren, denen sich 6000 Verbraucher angeschlossen haben. Wer sich an keiner Musterklage beteiligt hat, muss selbst bei der Bank Druck machen und notfalls Nachzahlungen vor Gericht durchsetzen. Auch die Musterkläger müssen teils noch Anschlussprozesse führen.
Aktenzeichen: XI ZR 257/21