Schufa-Dienst "bonify" Die Tücken des Bonitäts-Checks per App
Die eigene Kreditwürdigkeit über eine App abrufen - seit dem Sommer bietet die Schufa diesen Dienst über eine Tochterfirma an. Verbraucherzentralen und Datenschützer sehen bei dem Angebot Probleme.
Mietvertrag, Autokauf, Onlineshopping oder Mobilfunkvertrag - nichts geht ohne Schufa. Die Wirtschaftsauskunftei gibt über ihren Schufa-Score an, wie zahlungskräftig und kreditwürdig Kundinnen und Kunden sind. Daten von rund 68 Millionen Menschen liegen auf den Servern des Unternehmens.
Bei Käufen oder Verträgen erhält der Kunde den so genannten Schufa-Hinweis und das Schufa-Informationsblatt, in dem erklärt wird, dass und wie die Schufa Daten verarbeitet. Ein Algorithmus ermittelt daraus und aus anderen persönlichen Daten den sogenannten Schufa-Score.
Die meisten Menschen wissen gar nicht, wie die Schufa sie einstuft. Um den Zugang zu dieser Information zu vereinfachen, bietet eine Tochterfirma nun die App "bonify" an. Mit ihr sollen User kostenlos online ihren Schufa-Einstufung, den "Basis-Score", einsehen können. Seit Juli gibt es das Angebot, bereits 80.000 Nutzerinnen und Nutzer haben sich laut dem Unternehmen registriert.
"Mehr Datensouveränität"
"Perspektivisch wollen wir den Menschen über 'bonify' neben dem Basisscore auch die bonitätsrelevanten Daten, die wir über sie gespeichert haben, jederzeit und kostenfrei zur Verfügung stellen", erklärt die Schufa gegenüber dem WDR. "Der bequeme Rund-um-die-Uhr-Einblick in die eigenen Daten ist ein zentraler Aspekt für mehr Datensouveränität und -kontrolle."
Außerdem soll es in Zukunft möglich sein, über "bonify" die persönliche Einstufung der Kreditwürdigkeit zu verbessern: "Für alle diejenigen, die einen Bonitätsnachweis für einen Vertragsabschluss, einen Ratenkredit oder eine Kreditkarte benötigen und ihren Score verbessern möchten, wollen wir zukünftig Möglichkeiten anbieten, ihren Score positiv zu beeinflussen", beschreibt eine Schufa-Sprecherin das Angebot. Übersetzt heißt das: Wenn die Nutzerin oder der Nutzer Einblicke in die Kontodaten erlaubt, könnte das zu einer besseren Kreditwürdigkeit führen.
Online Petition gegen "bonify"-App
Doch genau hier sehen Verbraucher- und Datenschützer Probleme. "Verbraucherinnen und Verbraucher könnten dazu verleitet werden, in der "bonify"-App mehr über sich preiszugeben, als nötig. Ob dies wirklich dann zu besseren Angeboten oder sogar einem besseren Score führt, das ist vollkommen offen", kritisiert Christine Steffen, Juristin der Verbraucherzentrale NRW.
Die Bürgerbewegung Finanzwende hat sogar eine Online-Petition gegen die App ins Leben gerufen. "Daten wie Gehalt oder Kontostand sind sensibel und gehen die Schufa nichts an, finden wir", sagt Michael Möller, Referent für Verbraucherschutz bei Finanzwende. "Außerdem zweifeln wir daran, ob die Datenweitergabe wirklich immer freiwillig wäre. Gerade verletzliche Personengruppen könnten sich unter Druck gesetzt fühlen, weitere Daten freizugeben. Letztlich bedeuten mehr Daten auch mehr Macht für die Schufa - aus unserer Sicht eine problematische Entwicklung", so Möller. Die Auskunftei ködere die Menschen mit Hoffnung auf bessere Bewertungen, wolle aber eigentlich an sensible Kontodaten gelangen.
Laut Schufa geht es nur um ausgewählte Daten
Die Schufa versucht zu beschwichtigen und betont, dass all diese Dienste erst in der Planung seien: "Es gibt noch keine konkreten Konzepte, lediglich eine erste Ankündigung aus Dezember 2022, dass wir hierüber nachdenken und einen ersten Austausch mit unserem Verbraucherbeirat sowie mit Daten- und Verbraucherschützern." Zudem gehe es nicht um einen kompletten Kontoeinblick, sondern um ausgewählte bonitätsrelevante Kontodaten. Dies betreffe das Einkommen oder die Frage, ob das Konto im Schnitt im Plus geführt werde.
Die Verbraucherzentrale NRW weist darauf hin, dass die Registrierung aber nur mit dem Personalausweis oder über das eigene Bankkonto funktioniert; zur Identifizierung erlaubt der Nutzer also unter Umständen den Zugriff auf das Konto. "Zwar darf die Schufa diese Daten aktuell noch nicht zur Bewertung der Kreditwürdigkeit nutzen, jedoch ist die größte Hürde durch die Hinterlegung der Kontodaten bereits genommen", heißt es auf der Internetseite der Verbraucherzentrale.
Sorge um Sicherheit der Daten
Die Bürgerbewegung Finanzwende bezweifelt, dass "bonify" mit den Daten umzugehen weiß und verweist auf eine Sicherheitslücke, die im Sommer entdeckt wurde. "Derartige Meldungen haben die Zweifel an der App aus unserer Sicht eher geschürt statt zerstreut", so Möller.
Der holprige Start und die Umstände sorgen bei den Verbraucherschützern nicht für Vertrauen. Christine Steffen empfiehlt, eine kostenlose Auskunft direkt schriftlich bei der Schufa einzuholen, die neben dem allgemeinen Basisscore dann auch die personenbezogenen Daten enthält, die über einen gespeichert sind. Das biete dann auch die Möglichkeit, diese auf ihre Korrektheit zu prüfen und gegebenenfalls korrigieren oder löschen zu lassen.
"Wer die App dennoch nutzen möchte, dem raten wir, auf den Einblick ins Konto zu verzichten. Denn darüber können sehr viele und auch sensible Informationen an den Anbieter der App gehen. Ob all diese Informationen nur im Sinne der Verbraucher verwendet werden, lässt sich nur schwer abschätzen", so Steffen.
Immerhin die gute Nachricht: Rund 87 Prozent der Bevölkerung in Deutschland hat laut Schufa einen guten oder sehr guten Score. Die meisten Menschen haben also keinen Grund, diesen verbessern zu müssen.
Anmerkung der Redaktion: Der Text wurde nachträglich an mehreren Stellen geändert. Zunächst hieß es unter anderem, dass der Schufa-Algorithmus aus Daten "wie Wohnort, Alter und Herkunft" den Schufa-Score der Konsumentinnen und Konsumenten ermittle. Diesen Absatz haben wir wie folgt angepasst: "Bei Käufen oder Verträgen erhält der Kunde den so genannten Schufa-Hinweis und das Schufa-Informationsblatt, in dem erklärt wird, dass und wie die Schufa Daten verarbeitet. Ein Algorithmus ermittelt daraus und aus anderen persönlichen Daten den so genannten Schufa-Score." Außerdem hieß es in der ursprünglichen Textfassung, die Schufa-App sei so eingestellt, dass die Nutzerinnen und Nutzer "bonify" dauerhaft Einblick in ihr Konto für die Umsätze der letzten 90 Tage erlauben. Richtig ist: Zur Identifizierung erlaubt der Nutzer unter Umständen den Zugriff auf das Konto. Folgender Absatz wurde gestrichen: "Gegenüber dem WDR betont die Schufa, das bei dieser Sicherheitslücke zu keinem Zeitpunkt persönliche oder finanzielle Daten gehackt worden seien, wie manche Medien berichtet hätten. Nur drei Stunden nach den ersten Hinweisen sei die Lücke geschlossen worden. Die sogenannten "Schufa-freien Kredite" würden inzwischen auch nicht mehr angeboten. Die Zusammenarbeit mit Anbietern solcher Kredite habe "bonify" ausgesetzt."