Höhere Renditen für Betreiber Netzausbau soll sich stärker lohnen
Die Bundesnetzagentur will den Betreibern von Strom- und Gasnetzen größere Gewinnmöglichkeiten einräumen. Das soll Anreize für Investitionen schaffen. Die Kosten dafür tragen die Verbraucher.
Der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, hat den Strom- und Gasnetzbetreibern höhere Renditen in Aussicht gestellt. Nach einer neuen Berechnung könne es für Investitionen in neue Netzinfrastruktur künftig eine staatlich erlaubte Eigenkapitalverzinsung von rund 7,09 Prozent geben, teilte die Bundesnetzagentur mit. Müller begründet den steigenden Zinssatz mit der "aktuellen Entwicklung des Zinsumfelds": "Deswegen wollen wir neue Investitionen besser verzinsen und schaffen so spürbare Anreize für Investitionen bei den Netzbetreibern."
Zuletzt hatte die Bundesnetzagentur den Eigenkapitalzins im Oktober 2021 auf 5,07 Prozent gesenkt. Wird nun der Vorschlag der Behörde umgesetzt, steigt der Eigenkapitalzins für neue Anlagen um mehr als zwei Prozentpunkte. Für Altanlagen soll der alte Zinssatz auch nach der Änderung weiterhin bestehen bleiben. Ob und wann die steigende Eigenkapitalverzinsung umgesetzt wird, hängt allerdings derzeit am Parlament. Denn der Bundestag muss noch die Gesetzesgrundlage für die Änderung beschließen - vom Bundeskabinett ist das neue Gesetz bereits gebilligt.
Neue Regeln zum 1. Januar 2024?
Grund für das neue Gesetz ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom September 2021, wonach Deutschland derzeit gegen EU-Richtlinien verstößt. Demnach verfügt die Bundesnetzagentur beispielsweise nicht über genügend Spielraum bei der Festlegung der Netztarife. Viele Fragen sind bisher weitgehend in Einzelverordnungen der Bundesregierung geregelt worden.
Geplant ist derzeit, dass das neue Gesetz im Herbst vom Bundestag beschlossen wird. Danach kann es von Bundesnetzagentur umgesetzt werden. Darum ist noch unklar, wann genau die neue Eigenkapitalverzinsung in Kraft tritt. Geplant ist der 1. Januar 2024.
Die Behörde hat ihre Vorschläge jetzt zur Diskussion gestellt. Bis Ende August können sich Netzbetreiber oder Verbände dazu äußern. Netzbetreiber wie E.ON, EnBW und zahlreiche Stadtwerke fordern seit längerer Zeit höhere Renditen und verweisen etwa auf die gestiegenen Zinsen und die hohe Inflation.
Der Eigenkapitalzins zeigt an, welche Rendite die Unternehmen mit ihrem eingesetzten Kapital erwirtschaften. Er ist also eine Kenngröße für die Profitabilität von Firmen. Im staatlich regulierten Energiemarkt wird die erlaubte Höhe des Zinses beim Netzausbau von der Bundesnetzagentur festgelegt.
Der Eigenkapitalzins der Netzbetreiber setzt sich aus einem Basiszins und einem Wagniszuschlag zusammen. Dem Basiszins liegen durchschnittliche Umlaufrenditen festverzinslicher Wertpapiere der vergangenen zehn Jahre zugrunde. Der Wagniszuschlag bildet die Risiken des Netzgeschäfts ab - sowie einen Steuerzuschlag.
Wird das neue Gesetz vom Bundestag beschlossen, könnte sich die Vorgehensweise der Bundesnetzagentur bei der Festsetzung der Eigenkapitalzinsen grundsätzlich ändern. Bislang wurden die Zinsen alle fünf Jahre festgelegt und galten dann sowohl für neue Investitionen wie auch für bestehende Altanlagen. Künftig soll nur noch der Zinssatz für Neuinvestitionen jährlich festgeschrieben werden, um den Anreiz für Investionen in den Netzausbau zu erhöhen - dann könnte auch bei deutlich steigenden oder sinkenden Zinsen schnell reagiert werden.
Was ein Haushalt im Schnitt mehr zahlen müsste
Gezahlt werden die höheren Eigenkapitalverzinsungen von den Verbrauchern. Allerdings betonte Netzagentur-Chef Müller, dass die Mehrkosten für Endkunden so gering wie möglich sein sollten: "Die Mehrbelastung muss auf das Notwendigste begrenzt bleiben."
Verbraucher zahlen den Eigenkapitalzins der Netzbetreiber über die Netzentgelte mit. Dabei gilt: Je höher der Eigenkapitalzins ist, desto höher sind auch Netzentgelte. Allerdings dürfte die Zusatzbelastung mit den vorgeschlagenen Änderungen der Bundesnetzagentur eher gering bleiben, da eben nur Neuinvestitionen zu einem höheren Satz verzinst werden. Experten gehen davon aus, dass ein Durchschnittshaushalt mit einem Jahresverbrauch von 3500 Kilowattstunden etwa zehn bis zwölf Euro pro Jahr mehr zahlen müsste.
Mit Informationen von Lilli-Marie Hiltscher, ARD-Finanzredaktion