Streit um VW-Gesetz EuGH-Gutachter stärkt Deutschland
Im Streit um das VW-Gesetz dürfte Deutschland um die drohende millionenschwere EU-Strafe herumkommen. Der einflussreiche Gutachter am Europäischen Gerichtshof empfahl, die Klage der EU-Kommission abzuweisen. Es geht um eine Strafe von mindestens 63 Millionen.
Deutschland muss nach Ansicht des Generalanwalts am Europäischen Gerichtshof (EuGH) das VW-Gesetz nicht ändern. Der einflussreiche Gutachter am EuGH empfahl, die Klage der EU-Kommission abzuweisen. Diese hatte eine Strafe von mindestens 63 Millionen Euro beantragt. Das Urteil wird erst in einigen Monaten verkündet. Das Gutachten gilt aber als Vorentscheidung, weil der Gerichtshof diesem in der Regel folgt.
Die Klage der EU-Kommission gegen Deutschland wegen einer unvollständigen Umsetzung des EuGH-Urteils von 2007 sei zurückzuweisen, sagte Generalanwalt Nils Wahl in Luxemburg. Er teile die Auffassung der Bundesregierung, dass die von der EU monierte Sperrminorität von 20 Prozent für das Land Niedersachsen nur kombiniert mit einer anderen, schon abgeschafften Regel, gegen EU-Recht verstoße. "Deutschland ist dem ursprünglichen Urteil des Gerichtshofs von 2007 vollständig nachgekommen", erklärte der Generalanwalt.
Das VW-Gesetz trat 1960 in Kraft, als die Volkswagenwerk GmbH zur AG wurde, und räumte Bund und Land Vorrechte ein, um den Autobauer vor einer feindlichen Übernahme zu schützen. Die Wurzeln dieser Extra-Regelung reichen bis zur Nazi-Machtübernahme zurück, da Volkswagen mit enteignetem Gewerkschaftsvermögen entstand.
Auf Druck aus Brüssel fielen inzwischen Sonderrechte. Doch immer noch gibt das Gesetz dem Land Niedersachsen mit 20 Prozent VW-Anteil eine starke Stellung. Zentrale Entscheidungen der Hauptversammlung, für die normalerweise drei Viertel der Aktionärsstimmen ausreichen, benötigen bei VW mehr als 80 Prozent Ja-Stimmen. Die Landesregierung hat daher ein Vetorecht - und das ist der EU-Kommission ein Dorn im Auge. Brüssel sieht damit die Freiheit des Kapitalverkehrs in Gefahr.
Die EU und Deutschland streiten sich schon seit mehr als zehn Jahren über den Einfluss des staatlichen Eigners auf den Wolfsburger Autokonzern. Bereits 2007 hatte der EuGH entschieden, das VW-Gesetz verstoße gegen EU-Recht und müsse geändert werden. Die Bundesregierung hatte es daraufhin überarbeitet, hielt aber an der Sperrminorität fest, so dass die EU-Kommission erneut klagte.
Zu der Frage, ob die Sperrminorität für sich genommen gegen EU-Recht verstößt, äußert sich der Gutachter nicht. Dies sei nicht Sache des vorliegende Gerichtsverfahrens.
Erleichterung in Hannover
Niedersachsens rot-grüne Landesregierung sah ihre Position dennoch gestärkt. Das Votum des Generalanwalts lasse auf ein ähnlich lautendes Urteil des Gerichtshofs hoffen, sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Damit wäre das VW-Gesetz europarechtlich abgesichert.
Erleichterung auch beim Betriebsrat: "Das ist ein guter Tag für die Belegschaften bei Volkswagen. Jetzt besteht die Chance, dass der Gerichtshof den Schutz der Interessen und Rechte von Arbeitnehmern anerkennt", sagte Betriebsratschef Bernd Osterloh.