Warnstreiks von ver.di Lufthansa streicht fast alle Flüge
Die Lufthansa streicht heute nahezu das komplette Flugprogramm an ihren deutschen Drehkreuzen Frankfurt und München. Der Grund: Die Gewerkschaft ver.di hat die rund 20.000 Bodenbeschäftigten zu Warnstreiks aufgerufen.
Wegen des Warnstreiks ihres Bodenpersonals streicht die Lufthansa heute in München und Frankfurt fast alle Flüge. "Wir müssen an den Drehkreuzen in Frankfurt und München nahezu das gesamte Flugprogramm absagen", teilte die Airline mit. Der von der Gewerkschaft ver.di angekündigte Warnstreik im Tarifkonflikt habe in der Hauptreisezeit massive Auswirkungen.
Ver.di hatte den Warnstreik mit einem unzureichenden Angebot des Arbeitgebers begründet. Die Beschäftigten sollen von 03.45 Uhr am Mittwoch bis 06.00 Uhr am Donnerstag die Arbeit niederlegen. Aufgerufen sind ganz unterschiedliche Beschäftigtengruppen wie das Schalterpersonal, Flugzeugtechniker oder die Fahrer der riesigen Schlepper, die Flugzeuge am Flughafen auf die richtigen Positionen schieben. Ohne diese Dienstleistungen können die Jets ebenso wenig abheben wie ohne Piloten oder Kabinenpersonal.
Verspätungen auch Tage danach
Am Flughafen Frankfurt streicht die Lufthansa danach insgesamt 678 Flüge, davon 32 bereits heute. Am Drehkreuz in München seien es an beiden Tagen insgesamt 345 Flüge. Lufthansa-Personalvorstand Michael Niggemann kritisierte das Vorgehen: "Die frühe Eskalation nach nur zwei Verhandlungstagen in einer bislang konstruktiv verlaufenden Tarifrunde richtet enorme Schäden an. Das betrifft vor allem unsere Fluggäste in der Hauptreisezeit. Und es belastet unsere Mitarbeitenden in einer ohnehin schwierigen Phase des Luftverkehrs zusätzlich stark." Einzelne Flugausfälle und Verspätungen seien auch am Donnerstag und Freitag noch möglich.
Betroffen sind neben den Drehkreuzen Frankfurt und München aber auch Düsseldorf, Hamburg, Berlin, Bremen, Hannover, Stuttgart und Köln. Der Lufthansa-Konzern unterhält dort meist kleinere Einheiten, die ihre Dienstleistungen auch anderen Airlines anbieten. In Bayern ist am Freitag der letzte Schultag vor den Sommerferien. Passagiere ohne Umbuchungen sollten nicht zu den Flughäfen kommen, weil dort "nur wenige oder gar keine" Serviceschalter geöffnet sein werden, warnte das Unternehmen.
Abfertigungschaos verschärft sich
Der erste Streik bei Lufthansa nach dem Corona-Schock kommt vor dem Hintergrund eines teilweise chaotisch verlaufenen Neustarts der Branche. Personalengpässe und eine starke Urlaubsnachfrage haben schon ohne Streiks zu erheblichen Abfertigungsproblemen in diesem Sommer geführt. ver.di macht dafür vor allem Missmanagement bei Flughäfen und Airlines verantwortlich.
Die Lufthansa hat nach eigenen Angaben bei einer Laufzeit von 18 Monaten eine zweistufige pauschale Gehaltserhöhung um zusammen 250 Euro angeboten, zu der ab Juli kommenden Jahres noch eine gewinnabhängige Steigerung um zwei Prozent käme. Bei einem monatlichen Grundgehalt von 3000 Euro ergäbe sich daraus eine Steigerung von neun bis elf Prozent.
Ver.di-Verhandlungsführerin Christine Behle bezeichnete das Beispiel als "schöngerechnet". Für andere Gehaltsbereiche betrage die Steigerung nur rund vier Prozent und bringe damit für die Beschäftigten Reallohnverluste, sagte sie "Stuttgarter Zeitung" und "Stuttgarter Nachrichten". Die Gewerkschaft fordert bei zwölf Monaten Laufzeit 9,5 Prozent mehr Geld in den Lohntabellen, mindestens aber 350 Euro.
Auch die Piloten vor einem Streik?
In der vergangenen Woche hatte sich auch die Pilotengewerkschaft Cockpit für eine stärkere Erhöhung der Gehälter der Piloten stark gemacht. Sie will unter den rund 5000 Piloten der Kerngesellschaft Lufthansa und der Frachttochter Lufthansa Cargo eine Urabstimmung starten. Das geht aus einem internen Papier hervor, das der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. Allerdings betonten beide Seiten ihre weitere Gesprächsbereitschaft.
Grund für die Streikvorbereitungen der VC sind die nach sechs Verhandlungsrunden festgefahrenen Verhandlungen über einen neuen Gehaltstarifvertrag. Dem Schreiben zufolge hat Lufthansa bislang kein verhandlungsfähiges Angebot vorgelegt. Die VC verlangt nach eigenen Angaben unter anderem Gehaltssteigerungen von fünf Prozent im laufenden Jahr und einen automatisierten Inflationsausgleich ab dem kommenden Jahr. Sie hatte den laufenden Vertrag zum 30. Juni gekündigt.