Millionenschäden erwartet Weinbauern setzt Frost zu
Der jüngste Nachtfrost hat drastische Folgen für die Weinernte. Die Versicherung "Vereinigte Hagel" schätzt den Schaden deutschlandweit in Wein- und Obstanbaugebieten voraussichtlich auf mehr als 500 Millionen Euro.
Seit vergangenem Sonntag hatten Nachtfröste von bis zu minus 2,5 Grad in Weinanbaugebieten zum Teil für schwere Schäden gesorgt. Die Frostereignisse zum jetzigen Zeitpunkt seien deshalb für den Jahrgang 2024 so verheerend, weil nach den letzten Hitzerekord-Monaten die Vegetation schon deutlich fortgeschritten sei, heißt es vom Deutschen Weinbauverband. Die jungen, fruchtbaren Triebe erfrören jetzt, und Nachwachsende seien gegebenenfalls nicht fruchtbar.
Das bedeutet, dass die Winzerinnen und Winzer bei gleicher Rebpflege über das Jahr hinweg weniger Ertrag bis hin zum Ertragsausfall erwarten. Auch bedeutet ein eventuelles Nachwachsen, dass an einem Rebstock zwei oder mehr Entwicklungsstadien zu finden sein können - ein extremer Mehraufwand für die Winzerinnen und Winzer.
Versicherung "Vereinigte Hagel" rechnet mit hohem Millionenschaden
Das Ausmaß der Schäden ist außerdem lokal sehr unterschiedlich. Manchmal machen wenige Höhenmeter einen Unterschied. Einige Regionen würden jedoch von extremen Schäden berichten, sagt Klaus Schneider, Präsident des Deutschen Weinbauverbandes (DWV). "Wir erwarten, dass sich das volle Ausmaß erst in den nächsten Tagen an den Reben zeigen wird. Nachdem sich zum Beispiel die Schadbegutachter der Versicherungen ein umfassendes Bild gemacht haben, können wir auch belastbare Aussagen über die bundesweiten Schäden treffen. Wir rechnen damit Anfang Mai", ergänzt Schneider.
Die Versicherung "Vereinigte Hagel" stellt fest: "Der Kälteeinbruch in dieser Woche hat die Reben sowie Obstanlagen getroffen. Nach vorläufigen Schätzungen beläuft sich der gesamte Schaden deutschlandweit voraussichtlich auf mehr als 500 Millionen Euro". Der Einsatz von Frostschutzkerzen in den Reben habe dieses Mal allerdings kaum geholfen, berichteten Winzer der Versicherung. Grund sei, dass die Luft in diesem Jahr auch in zwei Metern Höhe entsprechend kalt war und nicht der Bodenfrost allein aufgetreten ist. Daher stehe jetzt schon fest, dass auch bei sich regenerierenden Reben 2024 mit einer besonders niedrigen Erntemenge zu rechnen ist.
Das Risiko von Frostereignissen nehme insgesamt zu, obwohl die globale Erwärmung auf den ersten Blick etwas anderes vermuten ließe, teilt "Vereinigte Hagel" mit. Auch wenn die Versicherungsquote gegen Frost in den letzten Jahren stark angestiegen sei, haben viele Betriebe bislang keine Police abgeschlossen. Die Absicherung gegen die finanziellen Risiken der Wettergefahren werde also weiter in ihrer Bedeutung zunehmen. Die Mehrgefahrenversicherung werde mehr und mehr das entscheidende Instrument des betrieblichen Risikomanagements werden. "Allerdings wird diese auf Dauer nur dann für die Betriebe nachhaltig und wirtschaftlich tragbar sein, wenn sich der Staat dauerhaft daran finanziell beteiligt, wie es in fast allen Ländern in der Europäischen Union der Fall ist", so die "Vereinigte Hagel".
Schäden in den Weinbauregionen
Ein bisheriger Überblick über die Schäden zu den deutschen Weinbauregionen findet sich beim Deutschen Weininstitut. In Baden hat es Winzer und Winzerinnen im Enzkreis besonders getroffen. Der Fränkische Weinbauverband rechnet damit, dass 50 Prozent der Flächen in ganz Franken geschädigt worden seien, allerdings in unterschiedlichem Ausmaß. An der Hessischen Bergstraße hat es im vor allem Raum Groß-Umstadt massive Schäden gegeben. Auch an der Mosel haben die frostigen Nächte Spuren hinterlassen: Wie groß die Ausfälle sind, könne erst in einigen Tagen exakt gesagt werden, teilt der Rheingauer Weinbauverband mit.
Der Weinbauverband Saale-Unstrut zeigt sich ebenfalls besorgt um die Ernte. Der Weinbauverband Sachsen geht bereits heute von massiven Ernteschäden mit Ausfällen von 90 bis 100 Prozent aus. Feuer zum Frostschutz in den Weinbergen haben dort, wo sie zum Einsatz kamen, bei Temperaturen von bis zu minus fünf Grad nicht den gewünschten Effekt erzielt. Auch aus den restlichen der 13 deutschen Anbaugebieten werden punktuelle oder auch größerflächige Frostschäden gemeldet, die allerdings noch nicht genau beziffert werden können.
Weinkonsum ist gesunken
Insgesamt geht der Weinkonsum in Deutschland zurück: Die Deutschen haben im vergangenen Weinwirtschaftsjahr erneut rund eine Flasche Wein pro Person weniger konsumiert als im Vorjahr. Dies gab das Deutsche Weininstitut (DWI) auf Basis der aktuellen Weinkonsumbilanz bekannt, die sich auf den Zwölfmonatszeitraum vom 01.08.2022 bis 31.07.2023 bezieht. Danach ist der Weinkonsum bezogen auf die Gesamtbevölkerung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 19,9 auf 19,2 Litern pro Person gesunken. Bezieht man nur die über 16-Jährigen, die laut Gesetz Wein trinken dürfen, in die Statistiken ein, ist der Weinkonsum pro Person um einen ganzen Liter von 23,6 auf 22,5 Liter im Jahr zurückgegangen.
Weinexporte gestiegen
Die Erträge sind 2023 je nach Rebsortenspiegel und Niederschlagsverteilung regional wie auch einzelbetrieblich sehr unterschiedlich ausgefallen. Die bundesweite Erntemenge bewegt sich mit geschätzten 8,8 Millionen Hektolitern auf dem Niveau des langjährigen Mittels und drei Prozent unter dem Vorjahresergebnis, berichtet das Deutsche Weininstitut.
Die positive Wertentwicklung im deutschen Weinexport hat sich 2023 zum dritten Mal in Folge fortgesetzt. Nach Angaben des Deutschen Weininstituts (DWI) stieg der Durchschnittspreis, den die Erzeuger für einen Liter Wein im Ausland erlösten, im Vergleich zum bisherigen Höchstwert vom Vorjahr erneut um 20 Cent auf 3,35 Euro. Dabei handelt es sich um den durchschnittlichen ab Hof-Preis, der in den einzelnen Exportmärkten noch mit Aufschlägen durch Steuern und Vertriebsmargen versehen wird.
Mit dem höheren Durchschnittserlös ist 2023 auch der Gesamtwert der deutschen Weinexporte im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Dem Wertzuwachs von vier Prozent auf 384 Mio. Euro stand allerdings ein leichter Rückgang des Exportvolumens von zwei Prozent auf 1,15 Mio. Hektoliter gegenüber.
Weinfirmen an der Börse
Die Hawesko Holding SE ist eine börsennotierte Handelsgesellschaft für Weine, Champagner und Spirituosen mit Sitz in Hamburg. Hawesko ist die Abkürzung von Hanseatisches Wein- und Sekt-Kontor. Constellation Brands ist der grösste Weinproduzent der Welt. Der australische Getränkekonzern Treasury Wine Estates ist im Traubenanbau und in der -beschaffung tätig. Der südamerikanische Weinproduzent Concha y Toro besitzt Rebflächen in Chile, Argentinien und den USA. Die spanische Gruppe Baron de Ley ist ein Zusammenschluss von verschiedenen Rioja-Gütern. Das Champagner-Haus Laurent-Perrier produziert verschiedene Marken im mittleren und oberen Preissegment.