Deutscher Außenhandel Exporte zu Russlands Nachbarn stark gestiegen
Deutschland exportiert seit Beginn des Ukraine-Kriegs deutlich mehr Waren in die Nachbarstaaten Russlands. Experten vermuten, dass damit auch die westlichen Sanktionen umgangen werden.
Die deutschen Exporte in Russlands Nachbarstaaten haben sich gegenüber dem Niveau vor dem Ukraine-Krieg mehr als verdoppelt. Von Januar bis April summierten sich die Ausfuhren in die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) ohne Russland auf 2,9 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Das seien 1,5 Milliarden Euro mehr als im gleichen Zeitraum des Vorkriegsjahres 2021, was einem Plus von 106,4 Prozent entspreche.
Autos, Maschinen, Chemie
Exportiert wurden hauptsächlich Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeugteile im Wert von 865 Millionen Euro. "Damit hat sich der Export dieser Güter gegenüber dem Vergleichszeitraum des Jahres 2021 mehr als verfünffacht", so die Statistiker. Weitere wichtige Exportgüter waren Maschinen und chemische Erzeugnisse.
Zugleich sind die deutschen Exporte in die Russische Föderation gegenüber dem Vorkriegsniveau erwartungsgemäß eingebrochen. Seit März 2022 haben die EU-Staaten mehrere Sanktionspakete mit Exportverboten nach Russland verabschiedet. Die Exporte lagen mit 3,5 Milliarden Euro um 58,3 Prozent unter dem ersten Jahresdrittel 2021, als noch Waren im Wert von 8,4 Milliarden Euro nach Russland gingen. Am stärksten gingen die Ausfuhren von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeugteilen sowie Maschinen zurück.
Hoher Anteil von Umgehungsgeschäften?
Diese Parallelität lässt unschwer auf einen hohen Anteil so genannter Umgehungsgeschäfte schließen, also den Weiterexport aus anderen GUS-Staaten in die Russische Föderation, womit westliche Sanktionen umgangen werden. Diese Geschäfte, die auch über weitere Drittstaaten wie etwa den Iran stattfinden sollen, lassen sich trotz aller Sanktionsbemühungen westlicher Staaten kaum kontrollieren. Nach Einschätzung von Ökonomen muss Russland für diese Parallelimporte deutlich höhere Preise bezahlen.
Die Zahlen zeigen denn auch, dass die möglichen Parallelimporte lange nicht an das Vorkriegsniveau der Ausfuhren nach Russland heranreichen. "Der Exportanstieg in die GUS-Staaten machte (...) weniger als ein Drittel des Exportrückgangs nach Russland aus", so das Statistische Bundesamt.
Die Statistiker haben 2021 als Vergleichsjahr gewählt, weil Aussagen gegenüber Januar bis April 2022 durch den Beginn des Ukraine-Kriegs und die folgenden Sanktionen "stark verzerrt" seien.
Kasachstan außer Russland größter GUS-Partner
Im Jahr 2022 gehörten außer Russland noch Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Kasachstan, Kirgisistan, Moldau, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan zur GUS. Die meisten deutschen Warenexporte in diese Ländergruppe gingen in den ersten vier Monaten des Jahres nach Kasachstan (1,1 Milliarden Euro). Sie fielen damit um 0,7 Milliarden Euro höher aus als im gleichen Zeitraum 2021. Auch die Exporte nach Belarus und Usbekistan nahmen von 440 auf 617 Millionen Euro beziehungsweise von 176 auf 315 Millionen Euro spürbar zu.
Russland selbst rutschte auf Rang 28 der wichtigsten Empfängerstaaten deutscher Waren, im Vergleichszeitraum 2021 lag das Land noch auf Rang 15. Deutsche Unternehmen können insbesondere noch pharmazeutische Erzeugnisse sowie Maschinen, mechanische Geräte, Fahrzeuge, Kunststoffe und elektrotechnische Erzeugnisse nach Russland exportieren.