Steigende Rezessionsgefahr Britische Wirtschaft bricht ein
Großbritannien stürzt schneller in eine möglicherweise lang anhaltende Konjunkturkrise als bislang erwartet. Bereits im August ist die Wirtschaftsleistung des Landes überraschend gesunken.
Das Vereinigte Königreich bewegt sich noch schneller auf eine Rezession zu als bislang gedacht. Am Morgen veröffentlichten Konjunkturdaten des britischen Statistikamts ONS zufolge sank das Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Landes im August im Monatsvergleich überraschend um 0,3 Prozent. Experten hatten lediglich mit einer Stagnation gerechnet.
Außerdem war die Konjunktur im Vormonat Juli unerwartet schwach. Das Statistikamt revidierte die BIP-Daten nach unten. Demnach hatte es im Juli nur ein Wachstum im Monatsvergleich um 0,1 Prozent gegeben. Zuvor hatten die Statistiker ein Wachstum um 0,2 Prozent gemeldet. In den drei Monaten bis August sank die britische Wirtschaftsleistung den Angaben zufolge um 0,3 Prozent.
Lange Konjunkturkrise droht
Sollte sich der Abwärtstrend der britischen Wirtschaft im September und damit auch auf Quartalsbasis fortgesetzt haben, befände sich Großbritannien in einer "technischen Rezession". Davon sprechen Ökonomen, wenn die Wirtschaftsleistung zwei Quartale in Folge zurückgeht. Bereits im zweiten Quartal (von April bis Juni) schrumpfte das britische BIP im Vergleich zum Vorquartal leicht um 0,1 Prozent.
Die britische Notenbank rechnet bereits seit längerem damit, dass die britische Wirtschaft Ende des Jahres in eine Rezession abgleitet, die das gesamte kommende Jahr anhalten könnte. Es wäre die längste konjunkturelle Schwächephase auf der Insel seit der Weltfinanzkrise.
Industrie besonders schwach
Im August hat vor allem die schwache Industrie die britische Wirtschaft belastet. Das Statistikamt meldete einen Rückgang der Industrieproduktion um 1,8 Prozent im Monatsvergleich. Analysten hatten im Schnitt nur einen leichten Dämpfer um 0,1 Prozent erwartet.
Die Schwächesignale der britischen Wirtschaft mehren sich damit. Zuletzt hatten die heftig gestiegenen Energiepreise die Teuerung im Vereinigten Königreich auf rund zehn Prozent nach oben getrieben. Ein solches Niveau wurde zuletzt Anfang der 1980er-Jahre beobachtet.
"Trussonomics" bringen Bank of England in Bredouille
Experten befürchten, dass sich die wirtschaftlichen und finanziellen Probleme des Königreichs mit dem fiskalpolitischen Kurs der neuen Regierung unter Führung von Premierministerin Liz Truss noch weiter verschärfen könnten. So urteilte Jim Reid, Großbritannien-Experte DB Bank Research, vor kurzem, dass Truss den Trend zu einer Neuverschuldung verstärke, wie dies früher nur bei Kriegen der Fall gewesen war.
Die Pläne des neuen britischen Finanzministers Kwasi Kwarteng für schuldenfinanzierte Steuersenkungen hatten an den Finanzmärkten zuletzt für Schockwellen gesorgt. Das Pfund fiel zum Dollar auf ein Rekordtief. Am Anleihenmarkt kam es zu einem Ausverkauf.
Die Bank of England (BoE) musste mit einem Notkaufprogramm für Anleihen gegensteuern. Ursprünglich hatte die Zentralbank signalisiert, nur bis Freitag am Anleihemarkt tätig zu werden. Doch laut "Financial Times" ist sie zu einer Verlängerung der Notkäufe bereit, sollten die Marktbedingungen dies erfordern.