Folge der privatisierten Wasserwirtschaft Englands größtem Wasserversorger droht die Pleite
Dem größten Wasserversorger Englands droht wegen einer Verschuldung von rund 14 Milliarden Pfund die Pleite. Nun muss möglicherweise der Staat einspringen und "Thames Water" zumindest zeitweise übernehmen.
Das Unternehmen "Thames Water" versorgt in London und anderen Regionen im Südosten Englands 15 Millionen Verbraucher mit Wasser - und es steht kurz vor der Pleite. Grund dafür ist eine Verschuldung von rund 14 Milliarden Pfund. Der Wasserversorger gehört einer Investorengruppe aus Private-Equity-Gesellschaften und Pensionsfonds. Größter Anteilseigner mit knapp 32 Prozent ist ein kanadischer Rentenfonds aus Ontario.
Am Dienstagabend war die Vorstandschefin von "Thames Water" mit sofortiger Wirkung zurückgetreten. Das kam unerwartet und war ein Paukenschlag. Seither wird einmal mehr über die Folgen diskutiert, die die Privatisierung der Wasserwirtschaft mit sich gebracht hat.
1989 war die Branche unter der damaligen Premierministerin Margaret Thatcher privatisiert worden. Die Aktiengesellschaften gingen allerdings schuldenfrei an den Start. Heute sitzt "Thames Water" auf einem riesigen Schuldenberg und hat mit steigenden Zinsen und der hohen Inflation zu kämpfen.
Privatisierung führte zu hohen Preisen
"Das ist ein absoluter Skandal, was da passiert ist. Es wurden hohe Dividenden ausgezahlt, in großem Umfang Schulden gemacht. Die Rechnungen der Kunden sind stark gestiegen, und in die Flüsse wird ungeklärtes Abwasser eingeleitet", sagt der Labour-Politiker Ed Miliband, der Mitglied des Schattenkabinetts von Oppositionsführer Keir Starmer ist. Nun müsse die Regierung erklären, wie sie das in Ordnung bringen wolle.
Das Einleiten ungeklärter Abwässer in Seen, Flüsse und ins Meer sorgt auf der Insel schon seit Jahren für Proteste. Und was die Rechnungen der Verbraucher angeht: Das National Audit Office kam in einer Studie 2015 zu dem Schluss, dass die Briten seit der Privatisierung der Wasserwirtschaft 1989 für Wasser und Abwasser deutlich mehr zahlen müssen. Demnach belief sich der Anstieg bis 2015 inflationsbereinigt auf 40 Prozent.
Forderung nach strengerer Regulierung
Miliband ist mit seiner Wut nicht alleine. Dividenden auszuzahlen sei "Thames Water" wichtiger gewesen, als ins Leitungssystem zu investieren, sagen Kritiker. Die Eigentümer und Manager hätten aus dem Unternehmen alles rausgeholt, was ging, und parallel dazu Schulden angehäuft.
Der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses im Unterhaus, Darren Jones, befürchtet, dass der Schaden auf die Allgemeinheit abgewälzt wird: "Einmal mehr finden wir uns in einer Situation wieder, in der uns gesagt wird, dass Kunden, Steuerzahler die Rechnung für das unternehmerische Fehlverhalten zahlen sollen - und vermutlich auch für die schlechte Regulierung."
Nun muss möglicherweise der Staat einspringen und den Wasserversorger zumindest zeitweise übernehmen. Jones plädiert vehement für eine strengere Regulierung, um Entwicklungen wie im Fall "Thames Water" künftig zu verhindern.