Pläne für Reform Die Weltbank könnte "grüner" werden
Die Finanzwelt trifft sich in Marokko - und berät auch über eine modernere Weltbank. In Zeiten von Krisen und Klimawandel sollen arme Länder mehr Kredite erhalten. Doch es gibt auch Kritik an den Plänen.
Größer könnte der Kontrast kaum sein: Wo exakt vor einem Monat die Menschen aus Angst vor weiteren Erdstößen tagelang auf der Straße übernachteten, weht jetzt ein Fahnen-Meer: zur Begrüßung von Ministerinnen und Ministern, von Notenbank-Chefs, Bankern und Wissenschaftlerinnen und Mitarbeitenden der beiden großen Organisationen IWF und Weltbank. Die geballte Finanzexpertise der Welt ist zu Gast in Marokko.
Weltbank-Präsident Ajay Banga
Kurzzeitig sah es so aus, als müsste das Königreich wegen des Erdbebens absagen, aber nun läuft die Konferenz doch. Für Marokko ist das ein Finanzschub - und Prestige obendrein. Und für die Weltbank? "Es gibt hier viel gemeinsam zu tun", so der neue Weltbank-Präsident Ajay Banga, vormals Mastercard-Chef: "Wir sind zum Arbeiten hier." Vor ihm liegt mehr als nur ein einfaches Turnus-Treffen zweier gigantischer multilateraler Institutionen.
Bewohnbarer Planet als Teil der Mission
Die Weltbank muss sich reformieren, darüber ist man sich schon länger einig. Sich anpassen an neue Herausforderungen wie den Klimawandel. Aber wie das gehen soll und wer es bezahlt, das war bisher umstritten.
Dirk Reinermann, Direktor für Entwicklungsfinanzierung, rechnet damit, dass am Ende der Woche die Reformpläne angenommen werden. Die Reform, erklärt er, bestehe aus drei Bausteinen: Zunächst werde die Weltbank ihre Mission ändern, sie habe jetzt zusätzlich zur Armutsbekämpfung eine explizite globale Aufgabe: den "livable Planet", einen bewohnbaren Planeten zu erhalten.
Operativ brauche man neue Instrumente: Neben der bestehenden Wohlstandsförderung in Entwicklungsländern müsse man nun dabei auch den Klimawandel berücksichtigen. Für Südafrika könnte das zum Beispiel heißen, dass die Weltbank Kredite an Ökoenergie-Produzenten vergibt - um den Weg weg von fossilen Energiequellen mitzugestalten.
Klar ist: Dafür braucht die Weltbank mehr Geld, und das ist der dritte Baustein der Reform. Die Liste, woher das kommen könnte, ist lang: So will man unter anderem mehr privates Kapital und lokale Steuermittel mobilisieren und die finanzielle Effizienz erhöhen.
Geldgeber gesucht - Deutschland zahlt mit
Und warum nicht einfach das Kapital der Bank aufstocken? Dagegen sperren sich offenbar einige Länder, weil damit auch eine Verschiebung der Stimmrechte einhergehen würde - und das womöglich zugunsten von China.
Ein Schritt voran, so Reinermann, könnte sogenanntes Hybridkapital sein: "Deutschland - so hat es Bundeskanzler Scholz auf der jüngsten G20-Konferenz angekündigt - gibt 305 Millionen Euro an die Weltbank, die diesen Betrag durch ihre Hebelwirkung an den Kapitalmärkten verachtfachen kann. Das wären rund 2,5 Milliarden Euro Ausleihvolumen. Geld, das dann für die Bekämpfung der Armut, des Klimawandels oder zur Pandemieprävention genutzt werden könnte."
Klingt alles erstmal gut - die Frage ist nur, ob Geber- und Nehmerländer gleich darüber denken. Niels Annen (SPD), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, ist sich sicher: "Die Reform wird die Weltbank wirklich verändern - und konkrete Handlungsanweisungen vorgeben. Die Weltbank war bisher relativ konservativ und muss jetzt größere Risikobereitschaft zeigen."
Allerdings habe es noch im Frühjahr viele Vorbehalte gegen die Reform gegeben, so Annen, vor allem, weil mit der Neuorientierung eine Abkehr von der Fokussierung der Kredite auf die Länderinteressen befürchtet wurde. Hier habe Entwicklungshilfeministerin Schulze aber mittlerweile erfolgreich vermitteln können.
Kritiker fordern mehr Transparenz
Kritikern der Weltbank gehen die Reformen dennoch nicht weit genug. Dustin Schäfer vom Verein Urgewald, der sich für Umweltschutz und Menschenrechte einsetzt, findet die Reform enttäuschend; seine Organisation wünscht sich mehr Transparenz: "Für eine öffentliche Bank ist es ungenügend, wenn die Öffentlichkeit mehr als 40 Prozent der sogenannten Klimafinanzierung nicht nachvollziehen kann und weiterhin Milliarden über indirekte Finanzierungen in die Förderung von Fossilen fließen. Um endlich wirksam und schnell die Förderung fossiler Brennstoffe zu beenden, müssen Kohle, Öl und Gas auf die rechtlich verbindlichen Ausschlusslisten gesetzt werden."
Und: der Weltbank fehle als Sonderorganisation der Vereinten Nationen eine Menschenrechtsrichtlinie. "Wirtschaftliches Wachstum und das Wachstum der Bank stehen weiter über allem", bemängelt Schäfer.
Am Donnerstag soll in Marrakesch die Reform der Weltbank beschlossen werden. Welche Rolle die Bank dann tatsächlich bei der Rettung des Klimas spielt, dürfte umstritten bleiben. Und so sieht Weltbanker Reinermann in Marrakesch auch erstmal einen Meilenstein, keinen Endpunkt.