Widerstand von Wirtschaftsverbänden Streit über 1000-Meter-Regel für Windkraft
Die geplante Verschärfung der Abstandsregeln bei Windrädern stößt bei Energie- und Wirtschaftsverbänden auf heftigen Widerstand: Sie warnen vor dramatischen Folgen für den Ausbau der erneuerbaren Energien.
Industrieverbände beschweren sich gerne mal, Umweltverbände auch - aber dass diese Beschwerden in dieselbe Richtung gehen, kommt selten vor. Beim Thema Windkraft aber ist es so. Nachdem sich bereits BUND, WWF und Co. entsetzt gezeigt haben, zieht jetzt die Wirtschaft nach. Sechs Verbände, darunter der Bund der Deutschen Industrie und der Deutsche Gewerkschaftsbund, sagen: Mit dem, was ihr da vorhabt, killt ihr die Windkraft an Land, statt sie auszubauen.
Kerstin Andreae ist Geschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft, in dem unter anderem die großen Stromkonzerne organisiert sind. Sie meint: Wenn diese Regeln Gesetz werden, dann könne man alle Ausbauziele für erneuerbaren Strom vergessen. "Es kann dazu führen, dass bis zu 50 Prozent der heute möglichen Flächen nicht mehr zur Verfügung stehen", sagt sie. "Und das hat dramatische Folgen in zweierlei Hinsicht - einmal für den Absatzmarkt, für die heimische Branche, die Windräder produziert. Aber auch für den Ausbau der erneuerbaren Energien, der dann zum Erliegen kommt."
Altmaier verteidigt Entwurf
Und dieser Ausbau stottert beim Wind ohnehin schon. Was die Verbände so aufregt, ist die 1000-Meter-Regelung. 1000 Meter Abstand zu Wohnbebauung sollen Windräder haben. Der Gesetzentwurf aus dem Wirtschaftsministerium sieht jetzt vor, dass diese Regel schon greifen soll, sobald irgendwo fünf Wohnhäuser zusammenstehen.
Für neue Windräder bliebe dann kaum noch Platz übrig. Und bestehende Räder, die dichter als 1000 Meter an Wohnhäusern stehen, dürften nicht mehr modernisiert werden. Die Branche befürchtet deshalb, dass nicht nur der Ausbau ausgebremst wird, sondern dass es auf längere Sicht sogar weniger Windräder in Deutschland geben wird.
Bei der Regierungsbefragung im Bundestag verteidigte Wirtschaftsminister Peter Altmaier seinen umstrittenen Entwurf. Er wolle eben verschiedene Interessen unter einen Hut bringen. "Wir wollen zum einen die Menschen in bewohnten Ortslagen schützen - und zum anderen erreichen, dass in anderen Bereichen die Windenergie ausgebaut wird", sagte er.
Einheitliche Regelung gefordert
Das Wirtschaftsministerium verweist im Übrigen darauf, dass Länder und Kommunen ja geringere Abstände festlegen könnten - wenn sie denn wollen. Das wird nicht funktionieren, meint aber Kerstin Andreae:
Wir haben ja das Problem, dass wir bei Windenergie auch mit sehr vielen Menschen zu tun haben, die eigentlich sagen: Windenergie ist richtig, Erneuerbare Energie ist richtig, aber eben nicht hier, sondern woanders - also das klassische Sankt-Florians-Prinzip. Wenn wir die Verantwortung jetzt an die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister dieses Landes geben und sagen 'Ihr kämpft vor Ort mal bitte durch, dass bei euch die Regelungen anders sind' - dann handeln wir hier wirklich mit Zitronen.
Deshalb müsse das Gesetz nachgebessert werden - mit einer klaren Regel, die für alle gelte und den Ausbau der Erneuerbaren möglich mache. Ganz ähnlich äußerst sich Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter, und auch innerhalb die Bundesregierung gibt es noch Uneinigkeit. Das Umweltministerium meldet "reichlich Gesprächsbedarf" an.
Gut möglich deshalb, dass die Abstandsregeln anders als geplant kommenden Montag noch nicht im Kabinett beschlossen werden. Denn klar ist: Die Klimapläne der Bundesregierung können nur funktionieren, wenn genug Strom aus Erneuerbaren da ist - und dafür ist die Windkraft aktuell die wichtigste Quelle.