ESA-Ministerrat Europa will im Weltall mehr Präsenz zeigen
Es geht um Astronauten, die Rolle Europas im Weltall - und um viel Geld. Bei seinem Treffen will der ESA-Ministerrat die Strategie für die kommenden Jahre festlegen. Denn der russische Angriffskrieg strahlt bis in den Weltraum.
Der ESA-Ministerrat soll ein Meilenstein für die europäische Raumfahrt werden. Das zumindest hofft ESA-Generaldirektor Josef Aschbacher. Die europäische Weltraumorganisation muss sich behaupten, sonst verliere Europa den Anschluss: "Viele Länder investieren massiv in den Weltraum, und Europa hat die Qualität, die Talente, und wir müssen hier von diesen Möglichkeiten profitieren. Es ist wirklich eine Sammlung an Möglichkeiten, die sich hier auftut."
Gerade der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat gezeigt, wie wichtig die europäische Unabhängigkeit ist - auch im All. Die ursprünglich für diesen Herbst geplante Mars-Mission Exomars musste die ESA auf Eis legen, da die russische Raumfahrtagentur Roskosmos beteiligt war. Russische Sojus-Trägerraketen transportieren keine europäischen Satelliten mehr ins All. Und der Erstflug der neuen europäische Trägerrakete Ariane 6 verzögert sich seit drei Jahren.
Konkurrenz mit Russland, China und USA
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck erklärte zum Auftakt des Treffens in Paris: "Das, was sich auf der Erde abspielt, muss auch für den Weltraum gelten. Eine eigene Souveränität - Satelliten und damit die Sicherheit und die Sicherheitskommunikation - muss auch für den Weltraum gewährleistet sein." Zudem sei es eine Priorität, durch die Erdbeobachtung eigene Daten zum Klimawandel zu erheben.
Um Russland, China und den USA die Stirn bieten zu können, müsse Europa nun geeint auftreten, sagte auch der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire. Das war bisher nicht immer der Fall. Bei vielen ESA-Programmen hakt es, denn die 22 Mitgliedsstaaten verfolgen teils nationale Interessen. Vor allem zwischen Paris und Berlin gab es immer wieder Differenzen.
Mehr Wettbewerb?
Deutschland will mehr Wettbewerb, die ESA müsse sich auch privaten Akteuren öffnen, allen voran den sogenannten Microlaunchern, also Start-ups, die kleine Trägerraketen für die kommerzielle Nutzung entwickeln. Frankreich war lange Zeit skeptisch. Zu Beginn des Ministertreffens allerdings lenkte Wirtschaftsminister Le Maire ein.
Er übergibt den ESA-Ratsvorsitz an seinen deutschen Kollegen Habeck. Angesprochen auf die Rolle Frankreichs und Deutschlands erklärte Le Maire: "Wir spielen die Hauptrolle natürlich. Frankreich und Deutschland müssen zusammenstehen. Natürlich haben wir unterschiedliche Ansichten, aber diese Unterschiede müssen uns antreiben, gemeinsame europäische Positionen zu finden."
Förderung von Microlaunchern
Gemeinsam mit Italien unterzeichneten Frankreich und Deutschland am Morgen bereits ein Abkommen, dass die Förderung der Microlauncher beinhaltete. Damit ebneten die drei Länder schon mal den Weg für einen gemeinschaftlichen Beschluss der ESA-Mitgliedsstaaten, den sich Generaldirektor Aschbacher erhofft: "Die kommerzielle Nutzung ist enorm wichtig für mich persönlich und auch Teil unserer Agenda 2025. Und die Microlauncher sind ein Symbol dafür, um diese Kommerzialisierung voranzutreiben. Wir werden heute und morgen einen Beschluss diskutieren, um Microlauncher mit aufzunehmen in die Familie der europäischen Launcher, insofern dass ESA-Satelliten mit Microlaunchern gestartet werden können."
Konkurrenzfähig und damit unabhängig will Aschbacher die ESA für die kommenden Jahre aufstellen. Ohne Geld aber geht das nicht. Er fordert ein Budget von mehr als 18 Milliarden Euro - rund ein Viertel mehr als zuletzt - für die kommenden drei Jahre. Die 22 Mitgliedsstaaten, allen voran Deutschland und Frankreich, müssen zahlen, wenn sie beim Rennen um Mond, Mars und Co. auch eine weitere Rolle spielen wollen.