Proteste in Ghana Missstände schüren die Wut im Land
Lautstark fordern Demonstranten in Ghana den Rücktritt von Staatschef Akufo-Addo. Gleich mehrere Probleme treiben sie auf die Straßen: steigende Preise, Korruption und Wirtschaftsschäden infolge des Klimawandels.
Sie sind richtig wütend, die Menschen, die in Ghanas Hauptstadt Accra auf die Straße gehen. Der Protest ist förmlich explodiert. Ein Demonstrant übt scharfe Kritik an Nana Akufo-Addo, dem Präsidenten des afrikanischen Landes:
"Jetzt guckt doch, was er versprochen hat zu tun, als er Präsident geworden ist und was er jetzt macht - und niemand sagt etwas. Wir haben genug. Er soll einfach zurücktreten!"
Auch ein anderer Demonstrant fordert den Rücktritt, allerdings etwas gemäßigter: "Wir wollen, dass der Präsident geht und sein Vize gleich noch dazu. Diese beiden Männer sind verantwortlich für das, was wir als Land gerade durchmachen - das Leid, die Armut, der Machtmissbrauch. Das ist alles der Inkompetenz dieser beiden Männer geschuldet. Deswegen wollen wir, dass sie zurücktreten."
Wert der Landeswährung nimmt immer weiter ab
Der Zorn mehrerer Hundert Demonstranten gegen den konservativen Präsidenten hat sich vor allem an der Teuerungsrate in Ghana entzündet. Die weltweit steigende Inflation trifft das arme Land besonders hart.
Wie hart, das beschreibt Arne Wulff anhand des Wertverfalls der Landeswährung Cedi. Er ist Leiter des Büros der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung in Ghana. Im Oktober habe der Wert im Verhältnis zum US-Dollar bei 9,9 Cedi gelegen - und knapp vier Wochen später seien es bereits 13,875 Cedi für einen US-Dollar gewesen.
"Das ist es auch, was ich für einen Euro bekomme," sagt Wulff, "und ich weiß noch, als ich vor anderthalb Jahren ins Land einreiste, da waren es, glaube ich, 6,8 Cedi für einen Euro." Die Währung habe also enorm an Wert verloren und gleichzeitig habe die Inflation gewaltig zugelegt. "Was das Leben für die Menschen hier sehr teuer macht und sicherlich auch der Hauptgrund für die Demonstrationen ist", so der Stiftungsleiter weiter.
Ghanas Präsident Nana Akufo-Addo reist zunächst zur COP27 und anschließend weiter nach New York, während in seinem Land die Proteste zunehmen.
"Im Prinzip ein reiches Land"
Die Probleme gehen aber weit darüber hinaus - das zeigen auch die Plakate auf der Demonstration. Da steht "Die Armut wächst", aber auch die Forderung "Eine neue Verfassung" oder "Ghana ist ein einziger Tatort".
"Ein Thema, das hier immer sehr stark diskutiert wird, ist zum Beispiel das illegale Schürfen von Gold", nennt Wulff ein weiteres Problem. Ghana sei inzwischen der größte Goldexporteur Afrikas und habe Südafrika schon lange als goldreichstes Land und Exporteur abgelöst. In der Welt stehe Ghana an sechster Stelle.
"Ghana ist im Prinzip ein reiches Land, aber hier wird sehr viel illegales Mining betrieben - und die Regierung verspricht immer, dagegen vorzugehen. Aber tatsächlich tut sie es bisher nicht effektiv genug. Das ist ein Dauerbrenner in der Presse", so Wulff. Das sogenannte Mining verursache schwere Umweltschäden, die über Flüsse auch die Küsten Ghanas verseuchen und den Tourismus gefährden würden. "Ein anderes Problem ist die Jugendarbeitslosigkeit - da wird zu wenig getan. Und Korruption", sagt Wulff.
Klimaschäden treiben Preise zusätzlich in die Höhe
Das sind wohl einige der Gründe, warum die Leute den Präsidenten persönlich so stark zur Verantwortung ziehen wollen. "Wir sind es leid, wir haben genug von Filz, Vetternwirtschaft und all der Korruption. Wir haben genug von der Jugendarbeitslosigkeit. Der Präsident hat keine Idee mehr, gar nichts, wie er dem Volk wirklich helfen kann", kritisiert einer der Protestierenden in Accra.
Akufo-Addo allerdings fliegt nun zunächst nach Ägypten, um an der Weltklimakonferenz teilzunehmen. Im Vorfeld hat er gesagt, er wolle darauf drängen, dass die Zusagen bei der Finanzierung der Klimaanpassung eingehalten werden.
Die kurzfristigen Inflationsprobleme Ghanas löst das nicht, auch wenn Klimaschäden bei der Teuerungsrate durchaus eine Rolle spielen. Durch Überflutungen, die die Aussaat wegspülen, oder durch Dürren, die Pflanzen auf den Feldern vertrocknen lassen, fallen in Westafrika immer wieder Ernten aus. Das wiederum führt zu steigenden Preisen, zuerst bei Lebensmitteln und dann bei allen anderen Waren. Bei den Ärmsten führt es zu Hungersnöten.
Pandemie und Krieg als "Katalysatoren" für Probleme
Und natürlich ist Ghana auch von anderen Krisen, Kriegen und Katastrophen nicht isoliert, wie der Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung ausführt: Die Corona-Pandemie und der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine wirken seiner Ansicht nach "wie Katalysatoren auf Probleme, die bisher nicht richtig gelöst oder angegangen worden sind". Wulff betont:
Das beschleunigt das Ganze und jetzt 'poppt' so manches ungelöste Problem hoch und erweist sich als sehr viel schwerwiegender - auch in seinen Folgen, als vielleicht bisher gedacht."
Nach seiner Teilnahme an der Klimakonferenz wird der Präsident nicht nach Ghana zurückkehren. Er reist weiter nach New York, denn Ghana ist aktuell leitendes Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Akufo-Addo möchte den Sitzungen offenbar persönlich vorsitzen - und vielleicht auch ein bisschen abwarten, ob sich die Gemüter in Ghana ein bisschen beruhigt haben, wenn er wieder in Accra landet.